Nibbāna ist definiert als „rāgakkhayo dosakkhayo mohakkhayo – idaṃ vuccati nibbānan’ti“ bzw. „Nibbāna ist das Ende von rāga, dosa und moha„.
Was ist Nibbāna?
1. Der obige Vers erscheint in vielen Lehrreden. Siehe z.B. Nibbānapañhā Sutta (SN 38.1).
- Eine stärkere Version von rāga ist lobha (extreme Gier). Jemand mit lobha-Denkweise kann die vier edlen Wahrheiten NICHT verstehen.
- Alle zukünftigen Leiden entstehen durch lobha, dosa, moha. Aber solange lobha nicht zu rāga reduziert ist, kann man die edlen Wahrheiten nicht verstehen. Siehe Lōbha, Dōsa, Mōha und Rāga, Patigha, Avijjā.
- Jemand mit „moralischer Denkweise“, der die zehn falschen Sichtweisen entfernt (micca ditthi), hat reduzierte Versionen von rāga, patigha, avijjā. Die Denkweise kann jedoch unter bestimmten Bedingungen auch zu stärkerem lobha, dosa, moha anwachsen, wenn die Versuchung nur groß genug ist.
- Sind die zehn falschen Sichtweisen entfernt, kann man die vier edlen Wahrheiten verstehen und avijjā entfernen (Unwissenheit über die wahre Natur dieser Welt). Dies geschieht in vier Phasen, bis zur Arahantschaft.
Nibbāna ist die ultimative Version
2. Nibbāna ist die „ultimative Abkühlung“ durch „Beseitigung JEDES zukünftigen Leidens“. Die nibbanische Abkühlung erlebt man schon dann, wenn man lobha, dosa, moha schrittweise auf rāga, patigha, avijjā reduziert UND dort verbleibt.
- Ein einzelnes Pāli-Wort erfasst lobha, dosa, moha (und die reduzierten Versionen rāga, patigha, avijjā): san. Siehe Was ist „san“?
Sandiṭṭhikaṃ Nibbānan – Man muss „Verunreinigungen sehen“, um Nibbāna zu realisieren
3. Man muss zuerst „Verunreinigungen“ bzw. san sehen (san diṭṭhika), um den Weg hin zu Nibbāna zu erfassen.
- Deshalb ist Buddha Dhamma „sandiṭṭhika“. Es wird auch im Vers genannt, der die Qualitäten von Buddha Dhamma beschreibt: „..bhagavatā dhammo sandiṭṭhiko akāliko ehipassiko opaneyyiko paccattaṃ veditabbo viññūhīti“.
- Erste Abkühlung kann man erleben, indem man „die Gefahren von san“ sieht und sie allmählich reduziert/beseitigt. Diese Vorstufe von Nibbāna kann in diesem Leben erfahren werden!
4. Das erklärt der Buddha Jāṇussoṇi in der Nibbuta Sutta (AN 3.55).
- Jāṇussoṇi fragt den Buddha: „Meister Gotama, es heißt: ‚Direkt sichtbares Nibbāna, direkt sichtbares Nibbāna.‘ Inwiefern ist Nibbāna direkt sichtbar, unmittelbar und lädt ein, zu kommen und zu sehen, anwendbar, um von den Weisen persönlich erlebt zu werden?”
- Wie dort erklärt, erfährt ein Geist mit Gier, Hass und Unwissenheit (… über die wahre Natur dieser Welt) „geistiges Leiden und Niedergeschlagenheit“.
- Wenn man also die schlimmen Folgen von Gier, Hass und Unwissenheit (kurz: san) sieht, kann man diese reduzieren und einen „besseren Geisteszustand“ erreichen. Es ist ein „abgekühlter Geisteszustand“ mit weniger Unruhe und ohne Depression.
- Insbesondere ist es leicht zu erkennen, wenn Gier und Wut aufsteigen. Man sollte sich bemühen, das zu kontrollieren. Das ist Grundlage von Ānāpāna und Satipaṭṭhāna.
- Deshalb ist Nibbāna „direkt sichtbar“ UND kann in diesem Leben selbst erfahren werden!
Die Ādittapariyāya Sutta (Feuerpredigt) handelt vom „Feuer im Geist“
5. Eine deutsche Übersetzung findet sich unter 28. Brennen (SN 35.28). Wie fast immer handelt es sich um eine wortweise Übersetzung, ohne zu klären, was mit „Feuer“ und „brennen“ gemeint ist.
- Es heißt: „Das Auge brennt. Bilder brennen. Sehbewusstsein brennt. Berührung mit dem Auge brennt. Das angenehme, schmerzhafte oder neutrale Gefühl, was durch Berührung mit dem Auge bedingt entsteht, brennt ebenso.„ Das mag keinen Sinn ergeben, wenn man nicht sieht, dass es Anhaftungen an diese 5 Dinge ist, welche zu „Feuer im Geist“ führen. Diese fünf sind mit „Sehen“ verbunden.
- Sogar die direkte Übersetzung sagt: „Womit brennen sie? Sie brennen mit dem Feuer von Gier, Hass und Täuschung.„
- Die 5 Arten von „Feuerquellen“ entstehen auch mit den anderen Sinnen: Hören, Schmecken, Riechen, Körperberührungen, Geist.
- Diese 30 „Feuerquellen“ (=5 x 6) führen IMMER zu „Feuer im Geist“, denn alle 30 Feuerquellen werden im Geist registriert!
- Es ist der Geist, der je nach Handlungen, die man unternimmt (kamma via saṅkhāra), brennt, alles mit dem Wunsch verbunden, Vergnügen zu erleben.
- Ein Teil dieses „Brennens“ wird später in diesem Leben oder in zukünftigen Leben eintreten. Dieses „Potenzial, Leiden zu bringen“, wird als kammische Energie hinterlegt. Das entspricht Bhava (Potential für Existenz oder Ursache für zukünftiges Leiden)!
„Brennen“ (tāpa) hat Ursache in Rāga und Dosa
6. Wir hängen an Dingen, die wir mögen. Diese „Anhaftung“ wird vom Buddha auf verschiedene Weise beschrieben: icchā, taṇhā, nandi, piya, kāma usw. Wenn wir in dieser Welt solchen „sympathischen Dingen“ ausgesetzt sind, werden wir fröhlich und versuchen, mehr davon zu bekommen, selbst wenn wir dafür unmoralisch handeln müssen. Darin liegt das Problem.
- Dinge dieser Welt, die solche Anhaftung und freudige Gefühle hervorrufen, werden „Dinge mit kāmaguṇa“ bzw. „Dinge mit kāma-Qualitäten“ genannt.
- Auch wenn sie (vorübergehend) Freude bereiten, führen sie immer zu „Hitze/Brennen“ (tāpa).
- Das Wort „tappati“ im Dhammapada-Vers Nr. 10 bezieht sich auf einen Geist, der „erhitzt ist/brennt“.
Rāga und Dosa – Zwei Seiten einer Münze
7. Rāga und Dosa sind wie die beiden Seiten einer Münze, und die Münze selbst ist Moha (avijjā). Solange Avijjā vorhanden ist, können Rāga und Dosa bestehen.
- Dosa (Wut / Hass / Abneigung) ist das Gegenteil von Rāga (und Lobha). Es gibt Dinge in dieser Welt, die wir nicht mögen. Darüber hinaus verabscheuen/hassen wir auch Menschen, die unseren Bemühungen nach mehr Sinnesfreuden im Weg stehen.
- Wir neigen dazu, externe Objekte (Menschen oder Dinge) anhand ihrer Fähigkeit zu bewerten, uns Freude zu verschaffen, oder ob sie hässlich/unangenehm erscheinen und dazu neigen, uns in die Quere zu kommen. Daher tendieren wir gern dazu, alles in eine dieser beiden Kategorien einzuteilen: mögen/nicht mögen. Die Basis dazu ist Moha (bzw. Avijja). Die explizite „Messung/Bewertung“ ist Māna.
- Wir messen die Welt aus der Sicht von „ich“ und versuchen zu entscheiden, „was bringt mehr Vergnügen“ und „minimiert mein Missfallen“. Die Unwissenheit darüber, dass ein solches Verhalten zukünftiges Leiden bringt, verhindert eine bessere Verhaltensweise.
Moha ist Hauptursache für Rāga und Dosa
8. Manchmal wird der Geist unsicher (vicikicchā), was zu tun ist. Zu anderen Zeiten wird er aufgrund der Unsicherheit über irgendetwas verstört/aufgeregt (uddhacca). In solchen Fällen ist nur Moha bzw. Avijjā vorhanden.
- Moha ist Hauptursache für Rāga, Dosa und alle anderen asobhana Cetasika.
- Die tiefste Ebene von Moha liegt in māna, uddhacca, avijjā. Diese drei Fesseln (sanyoga/saṃyojana) werden erst auf der Arahant-Stufe entfernt.
- Avijja ist als Sanyoga die letzte Spur von Moha, deren Auslöschung ALLE Bindungen an Saṃsāra aufbricht.
Avijjā und Taṇhā gehören zusammen!
9. Aufgrund unserer unvermeidlichen Wahrnehmung eines „Ich“ neigen wir dazu, uns an Personen/Dinge/Ideen zu binden (rāga) und zu versuchen, uns von anderen Personen/Dingen/Ideen fernzuhalten (dosa). In beiden Fällen sind wir „geistig gebunden“. Somit ist taṇhā in beiden Fällen beteiligt. Siehe Tanha – Wie wir via Gier, Hass und Unwissenheit anhaften.
- Es ist unmöglich, taṇhā loszuwerden, solange wir die wahre Natur dieser Welt nicht verstehen und dadurch avijjā loswerden
Dasa Akusala und Dasa Kusala
10. Der Weg zu Nibbāna besteht darin, unmoralische Taten bzw. dasa akusala zu vermeiden und sich auf verdienstvolle Taten bzw. dasa kusala einzulassen.
- Die Nachteile von Dasa Akusala werden im folgenden Dhammapada-Vers Nr. 10 kurz dargelegt:
Idha tappati, pecca tappati, | Leiden jetzt, Leiden später, |
pāpakārī ubhayattha tappati. | Der falsch handelt leidet in beiden Welten. |
“Pāpaṃ me katan”ti tappati, | Leidend jetzt durch das Wissen, dass man falsch gehandelt hat |
bhiyyo tappati, duggatiṃ gato. | Mehr Leiden, wenn in einem elenden Zustand angelangt |
- In gleicher Weise werden die Vorteile von Dasa Kusala in diesem Leben und in zukünftigen Leben offensichtlich sein:
Idha nandati, pecca nandati, | Freude jetzt, Feude später |
katapuñño ubhayattha nandati. | Der Gutes tut, freut sich in beiden Welten |
“Puññaṃ me katan”ti nandati | Freude jetzt im Wissen um die gute Tat |
bhiyyo nandati, suggatiṃ gato. | Mehr Freude, wenn in einem glücklichen Zustand angelangt |