überarbeitet 22.12.2020
Reinkarnation ist ein Hindu-Konzept, bei dem athma bzw. die Seele gleich bleibt, aber eine andere Form annimmt. Im Rigveda wird es mit einer Person verglichen, die einen alten Anzug ablegt und einen neuen anlegt.
- Im Buddha Dhamma heißt es Wiedergeburt, denn es gibt keine Seele, die wiedergeboren werden kann. Auf der langen Reise durch Sansara haben wir viele Kamma-Samen (kamma beeja) angesammelt, die verschiedene „Gewohnheiten“ und „Charakter“ (gati) enthalten. Siehe Sankhara, Kamma, Kamma Beeja, Kamma Vipaka.
- Beim Tod ist die kammische Energie des Kamma-Samens für das gegenwärtige Leben erschöpft und ein neues Leben beginnt mit einem potenten Kamma-Samen (die Selektion eines neuen Samens selbst ist ein komplizierter Prozess und hängt von der Potenz der verfügbaren Kamma-Samen ab, es geschieht innerhalb eines Gedankenmomentes).
1. Die Pancakkhandha (siehe Die fünf Aggregate (Pancakkhandha)) bzw. die fünf Haufen (khanda), die ein Wesen und seine Welt ausmachen, können als zwei Einheiten betrachtet werden: eine ist rupa, die andere ist citta.
- Citta kann grob als Gedanke übersetzt werden. Aber Gedanken bestehen aus Milliarden von Citta. Siehe Was ist ein Gedanke?.
- Rupa kann in zwei Hauptkategorien unterteilt werden: intern und extern. Die externen Rupa bilden die äußere Welt. Die internen Rupa sind fundamental gesehen nur die Pasada Rupa (cakkhu, sota, ghana, jivha, kaya), welche tatsächlich die „Wahrnehmung“ der 5 Sinne übernehmen und zum Geistkörper gehören (gandhabba). Das physische Auge, Ohr, Zunge usw. sind wie physikalische Instrumente, die Daten von außerhalb sammeln. Siehe Abschnitt Gandhabba (Manomaya Kaya). Jivitindriya (Lebensfakultät) hält den physischen Körper am Leben. Mit dem Tod verlässt die Gandhabba den Körper, der dann zerfällt.
2. Die Kombination der beiden Ströme Citta und interne Rupa kann als „Lebensstrom“ bezeichnet werden. Ein Lebensstrom wird von Moment zu Moment ständig neu generiert: Die Citta regenerieren sich sehr schnell (Milliarden in einer Sekunde), und jedes Citta enthält auch die anderen vier Haufen (vedana, sanna, sankhara, vinnana), die damit verbunden sind. So repräsentieren rupa und citta im Grunde pancakkhanda (rupa, vedana, sanna, sankhara, vinnana). Ich vereinfache dies ein wenig, um es nicht zu kompliziert zu machen.
- Einfacher ausgedrückt: Sowohl interne Rupa als auch Citta werden milliardenfach in der Sekunde neu erzeugt, aber natürlich geschehen visuell spürbare „Veränderungen“ über Monate oder sogar Jahre.
- Alle externen Rupa sind „die ganze Welt“ für jedes Lebewesen. Sie entstehen und zerfallen entsprechend ihrer Natur. Siehe Existiert ein Objekt (Rupa) nur für 17 Gedankenmomente?.
- Ein Citta entsteht und vergeht in weniger als einer Milliardstel Sekunde; aber es gibt einen mentalen Faktor in jedem Citta namens manasikara, das „sich an den Inhalt in früheren Citta erinnert“. Die zwei mentalen Faktoren manasikara und cetana sind dafür verantwortlich, einer „Person“ das Gefühl des Erinnerns und damit Kontinuität zu vermitteln.
- Erinnerungen wurden seit anfangloser Zeit intakt gehalten. Es gibt offensichtlich Menschen, die sich an erstaunliche Details ihres Lebens aus weit zurückliegenden Jahren erinnern. Siehe Jüngste Beweise für ununterbrochene Erinnerungen (HSAM).
3. Citta fließen wie ein Fluss (viele Milliarden pro Sekunde) in diskreten Paketen (wie Quanten in der Quantentheorie, in der Tat sind Citta die kleinsten Quanten überhaupt). Interne Rupa ändern sich auch schnell. Deshalb wird gesagt, dass wir uns von Moment zu Moment verändern.
- Aber die äußeren Rupa ändern sich mit unterschiedlichen Raten, manche bestehen sehr lange (z.B. ein Goldbarren), während einige sich sehr schnell verändern (z.B. ein Grashalm).
- Aber NICHTS in der Welt bleibt über lange Zeit gleich. Das Universum entstand vor grob 14 Milliarden Jahren und wird irgendwann in der Zukunft verschwinden. Unser Sonnensystem hat ein Lebensalter von weniger als fünf Milliarden Jahren.
4. Wie in #1 erwähnt, laufen interne Pasada Rupa und Citta für das gegenwärtige Leben ohne Unterbrechung bis zum Tod. Im letzten Gedankenmoment am Bhava-Ende kommt ein neuer Kamma-Samen ins Spiel. Siehe Sankhara, Kamma, Kamma Beeja, Kamma Vipaka. Jetzt enthalten Rupa und Citta des neuen Lebens brandneue rupa, vedana, sanna, sankhara, vinnana (pancakkhandha). Es ist ein „Wesen“, das anders aussehen mag, mit seiner eigenen „Welt“. Zum Beispiel unterscheidet sich eine „Deva-Welt“ sehr von dem, was wir erleben.
- Die einzigen Dinge, die auf das neue Leben übertragen werden, sind die Kamma-Samen, die den „Charakter“ bzw. gati dieses Lebensstroms enthalten und selbst diese sind in ständiger Erneuerung. Sie können sich jederzeit ändern, wenn sich die Rahmenbedingungen ändern.
5. So macht der Pancakkhandha am Bhava-Ende einen Quantensprung (d.h. eine unmittelbare große Veränderung).
- Nehmen wir ein Beispiel: Ein Mensch hat einen physischen Körper, der Teil seines rupakkandha ist; die anderen vier khandha bestimmen seinen geistigen Zustand (vedana, sanna, sankhara, vinnana), wobei vinnana das unreine Bewusstsein ist. Angenommen, der Mensch stirbt und wird als Elefant wiedergeboren. Jetzt erhält der Lebensstrom ein neues Basis-Vinnana: Der „neue“ physische Körper ist anders (externe Rupa sind auch in dem Sinne verschieden), und sein „neues“ Bewusstseinsniveau ist viel niedriger als das zuvor, nämlich auf der Basis eines Elefanten.
- Aber die Kamma-Samen wurden auf diese neue Existenz übertragen (bhava). Sind viele „gute Kamma-Samen“ vorhanden, kann es später wieder eine Existenz im Menschen-Reich oder höher geben.
6. Manchmal ändert ein Lebensstrom seinen rupakkandha schon während eines Lebens drastisch. Ein Schmetterlings-Ei wird von einem weiblichen Schmetterling gelegt, woraus eine Raupe geboren wird. Sie frisst Blätter und wechselt ihre Gestalt zu einer Puppe, die wie ein kleiner Sack hängt. Die letzte Stufe ist ein Schmetterling, der dem Sack entschlüpft.
- Jetzt ist dieser Schmetterling definitiv nicht die Puppe oder die Raupe oder das Ei; aber es unterscheidet sich auch nicht von den oben genannten. Es ist der gleiche Lebensstrom. Deshalb sind sowohl „Seele“ als auch „keine Seele“ (oder „Selbst“ und „Nicht-Selbst“) falsche Sichtweisen. Viele übersetzen fälschlich anatta als „Nicht-Selbst“ mit der Bedeutung von „keine-Seele“. Siehe anatta und dukkha – wahre Bedeutung.
7. Schauen wir uns die Raupe und den Schmetterling an. Rupakkandha der beiden sind offensichtlich verschieden. Ihre Citta sind auch anders. Der eine denkt daran Blätter zu fressen, und der andere denkt daran Nektar zu trinken. Die Gemeinsamkeit liegt in den Kamma-Samen (die sich auch innerhalb eines Lebens weiterentwickeln) und der Speicherung all der Entwicklungsschritte im gleichen rupakkhandha.
- Der Lebensstrom kann Kamma-Samen für einen Menschen, Deva oder Brahma enthalten. Aber keiner davon wurde „ausgewählt“, wahrscheinlich weil sie weniger stark waren. So wird ein Schmetterling wahrscheinlich sehr lange in den unteren Reichen geboren, bevor in einem statistisch seltenen Ereignis ein wenig wahrscheinlicher „Menschen-Samen“ für eine neue Existenz ausgewählt wird.
8. Wenn es etwas gibt, was von Leben zu Leben getragen wird, dann sind das die Gewohnheiten (gathi), die den Charakter formen und die mentalen Unreinheiten (kilesa bzw. asava). Natürlich ändern sich diese auch während eines Lebens ständig. Es ist eine „dynamische Persönlichkeit“ in dem Sinne, dass der Lebensstrom im ständigen Wandel bleibt. Dies ist ein weiterer Grund, warum der Buddha die Konzepte „kein-Selbst“ sowie „Selbst“/“Seele“ ablehnte.
- Es gibt nichts, was gleich bleibt (d.h. kein „Selbst“), aber wir können auch nicht „kein Selbst“ sagen, weil es eine Art „Identität“ in Form von gati (und asava/kilesa) gibt, die ins nächste Leben übertragen wird.
9. Die Kamma-Samen (und zugehöriges gati) eines Lebensstroms können während eines menschlichen Lebens signifikant verändert werden. Ein Mensch kann seine Gewohnheiten ändern, ein Tier kann es nicht (oder kaum).
- In den meisten anderen Reichen (besonders unterhalb dem Menschen-Reich, siehe Die große vereinheitlichte Theorie) hat der Geist viel weniger Fähigkeiten, wenn überhaupt, und es ist daher sehr schwierig schlechte Kamma-Samen loszuwerden und gute zu kultivieren. Daher sollte man sich bemühen, die schlechten Samen loszuwerden und gute Samen während dieser kurzen Lebensspanne von vielleicht 100 Jahren zu kultivieren.
- Der physische Tod bedeutet nicht notwendigerweise das Ende der Wiedergeburten als Mensch. Wenn der Kamma-Samen, der zu einem Menschen-Leben führte, mehr kammisches Potential hinterlassen hat, kann ein Wesen immer wieder als Mensch wiedergeboren werden, bis das kammische Potential erschöpft ist; siehe Bhava und Jathi – Existenz und Geburt.
- Es ist ein seltenes Ereignis eine menschliche Existenz (bhava) zu bekommen; siehe Wie der Buddha die Chance der Wiedergeburt im Menschen-Reich beschrieb. Aber während eines menschlichen Bhava kann es viele Wiedergeburten geben. Deshalb können sich Einige an vergangene Leben erinnern: Hinweise auf Wiedergeburt.
10. Der Wiedergeburtsprozess ist vor allem deshalb mit Leiden erfüllt, weil ein Lebewesen hauptsächlich in den unteren vier Reichen (apaya) geboren wird. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit aus dem Wiedergeburtsprozess herauszukommen, indem man Nibbana erreicht.
- Nibbana wird NICHT realisiert, indem man alle Kamma-Samen loswird. Das ist auch nicht notwendig. Nibbana wird erreicht, indem man die Tendenz entfernt, Dinge in dieser Welt zu ergreifen (upadana).
- So wird ein Arahant viele gute und wenige potente schlechte Kamma-Samen übrig haben, aber sein/ihr Geist wird keinen davon im Todesmoment ergreifen (dies geschieht, wenn man die Sinnlosigkeit des Bleibens oder des Verlangens nach irgendetwas in dieser Welt versteht, siehe Anicca – wahre Bedeutung). So wird er/sie nirgendwo „in dieser Welt“ wiedergeboren.
11. Man sollte immer so viele „schlechte Samen“ wie möglich entfernen und so viele „gute Samen“ wie möglich kultivieren, da dies wahrscheinlicher macht, dass wir KEINE schlechte Geburt bekommen, wenn wir sterben. Es wird auch einfacher werden, Nibbana in einem zukünftigen Leben zu erreichen, ohne in einem schlechten Reich geboren zu werden (falls wir es nicht in diesem Leben schaffen).
12. Ein Lebensstrom hat keinen „erkennbaren Anfang“. Jeder von uns durchläuft also diesen Prozess seit „anfangloser Zeit“.
- Universen kommen und gehen, aber das Leben wird immer ein geeignetes Universum finden. Siehe Dhamma und Wissenschaft – Einführung. Unser Leben hat nicht auf dieser Erde oder in diesem Universum begonnen. Es gab unzählige Universen, und es wird nach der Inflationstheorie noch unzählige Universen geben.
13. Im Buddha-Dhamma (wie auch in der Wissenschaft) geschieht nichts ohne Ursachen: Ursache-Wirkung ist ein Grundprinzip der Natur. Man kann das durch eigene Analyse selbst erkennen. Wenn es einen Anfang gäbe, wer oder was hätte diesen Anfang verursacht? Deshalb gibt es keinen erkennbaren Anfang.