Kalahavivāda Sutta – Ursprung von Kampf und Streit

2.4.2024

Die Kalahavivāda Sutta (Snp 4.11) ist eine kurze Sutta mit stark verdichteten Versen. Ich werde jeden Vers übersetzen, um die Bedeutung zu vermitteln. Es sind sieben Fragen mit den entsprechenden Antworten.

Erste Frage

1. „Kutopahūtā kalahā vivādā, Paridevasokā sahamaccharā ca; Mānātimānā sahapesuṇā ca, Kutopahūtā te tadiṅgha brūhi“ bzw. „Warum gibt es Kämpfe und Streit? Sie sind begleitet von Klage, Kummer, Geiz (macchariya), Egoismus (māna), Arroganz/Selbstherrlichkeit (atimāna) und Verleumdung (pesuṇā vāca). Wie entstehen sie?“

  • Piyappahūtā kalahā vivādā, Paridevasokā sahamaccharā ca; Mānātimānā sahapesuṇā ca, Maccherayuttā kalahā vivādā;Vivādajātesu ca pesuṇāni“ bzw. „Kämpfe und Streit basieren auf dem, was gemocht (piya) und nicht gemocht (appiya) wird. Wenn Menschen bestimmte Dinge als piya und bestimmte andere Dinge als appiya wahrnehmen, kämpfen sie darum, mehr piya zu haben und appiya loszuwerden. Das führt zu Wehklagen (parideva), Kummer (soka), Geiz (macchariya), Egoismus (māna), Arroganz/Selbstherrlichkeit (atimāna) und Verleumdung (pesuṇā vāca), was schließlich zu Kämpfen und sogar Kriegen führt.“
  • Anmerkung: Das ist verwandt mit „appiyehi sampayogo dukkho, piyehi vippayogo dukkho“ in der Dhammacakkappavattana Sutta (SN 56.11).
  • Anmerkung: Kāmarāga und Kāma Guṇa entstehen im Geist aufgrund von piyaDingen. Außerdem entsteht Paṭigha (Ärger/Abneigung) aufgrund von Gegensätzen zu Kāma Guṇa. Ich hatte das bis jetzt nicht speziell diskutiert, aber diese Sutta zeigt es. Was der eine mag/liebt, kann der andere hassen. Liebe oder Hass liegen nicht im äußeren Objekt, sondern im eigenen Geist. 
Zweite Frage

2. „Piyā su lokasmiṁ kutonidānā, Ye cāpi lobhā vicaranti loke; Āsā ca niṭṭhā ca kutonidānā, Ye samparāyāya narassa honti“ bzw. „Wo also entstehen die gemochten (piya) und nicht gemochten (appiya) Dinge? Was ist die Ursache von Gier (lobha), Begierde (ā) und der Wahrnehmung der nicca-Natur (niṭṭhā)? Wie kann jemand (narassa) frei davon sein (samparāyāya)?“

  • Chandānidānāni piyāni loke, Ye cāpi lobhā vicaranti loke; Āsā ca niṭṭhā ca itonidānā, Ye samparāyāya narassa honti“ bzw. „Die Dinge, die gemocht (piya) und nicht gemocht (appiya) werden, entstehen (im Geist), haben ihren Ursprung (nidāna) im Begehren (chanda). Dasselbe ist Ursache für Gier, Begierde (ā) und die Wahrnehmung der nicca-Natur (niṭṭhā). Wenn das Verlangen (chanda) entfernt wird, ist man frei.“
  • Anmerkung: Chanda bezieht sich hier speziell auf Kāmaccandha.
Dritte Frage

3. „Chando nu lokasmiṁ kutonidāno, Vinicchayā cāpi kutopahūtā; Kodho mosavajjañca kathaṅkathā ca, Ye vāpi dhammā samaṇena vuttā“ bzw. „Was ist die Ursache des Verlangens (chanda)? Wie kommen die Menschen zu solchen Schlussfolgerungen (vinicchaya) über piya und appiya Dinge? Warum erzeugen sie extremen Ärger (kodha) und greifen zu Lügen und Geschwätzigkeit (mosavajjañca kathaṅkathā)? Bitte erkläre die Ursachen.“

  • Sātaṁ asātanti yamāhu loke, Tamūpanissāya pahoti chando; Rūpesu disvā vibhavaṁ bhavañca, Vinicchayaṁ kubbati jantu loke“ bzw. „Was sie in der Welt als angenehm (sāta) und unangenehm (asāta) bezeichnen, entsteht nur im Geist auf der Grundlage von Verlangen (chanda). Mit ‚vom Geist gemachten Rupa‘ (mit piya und appiya vom Geist zugewiesen), kommen sie zu falschen Schlussfolgerungen über die Dinge dieser Welt.“
  • Kodho mosavajjañca kathaṅkathā ca, Etepi dhammā dvayameva sante Kathaṅkathī ñāṇapathāya sikkhe, Ñatvā pavuttā samaṇena dhammā“ bzw. „Wegen des im Geist erzeugtem Angenehmen (sāta) und Unangenehmen (asāta) für piya und appiya Rupa (etepi dhammā dvayameva sante), entstehen extremer Ärger (kodho), Lüge (mosa) und Geschwätz (kathaṅkathī). Der Buddha lehrt diese Ursprünge auf der Grundlage seines vollständigen Verstehens von Ursachen und Wirkungen (Ñatvā pavuttā samaṇena dhammā).
  • Anmerkung: Hier kam die Antwort in zwei Versen.
Vierte Frage

4. „Sātaṁ asātañca kutonidānā, Kismiṁ asante na bhavanti hete; Vibhavaṁ bhavañcāpi yametamatthaṁ, Etaṁ me pabrūhi yatonidānaṁ“ bzw.  „Wie entsteht Angenehmes (sāta) und Unangenehmes (asāta) im Geist (sātaṁ asātañca kutonidānā)? Wie kann das gestoppt werden (kismiṁ asante na bhavanti hete)? Warum haben die Menschen unterschiedliche Vorstellungen (yametamatthaṁ) von Existenz (bhava) und Nicht-Existenz (vibhava)? Bitte nenne mir die Ursachen (nidāna) dafür?“

  • Phassanidānaṁ sātaṁ asātaṁ, Phasse asante na bhavanti hete; Vibhavaṁ bhavañcāpi yametamatthaṁ, Etaṁ te pabrūmi itonidānaṁ“ bzw. „Angenehmes (sāta) und Unerwünschtes (asāta) entsteht im Geist basierend auf samphassa (phassanidānaṁ sātaṁ asātaṁ). Sāta und asāta entsteht nicht im Geist ohne samphassa. Ohne samphassa gibt es auch keine Zweifel darüber, ob etwas existiert oder nicht (d.h. Dinge existieren nur, wenn entsprechende Ursachen und Wirkungen existieren, d.h. man kann nicht mit Nachdruck sagen: ‚Dies existiert [immer und absolut]‘ oder ‚Dies existiert nicht‘.) Deshalb ist samphassa (sa + phassa oder ‚Kontakt mit unreinem Geist‘) die Grundursache (nidāna) für die Existenz von Dingen.“
  • In den meisten Fällen muss phassa als „samphassa“ interpretiert werden.
Fünfte Frage

5. „Phasso nu lokasmi kutonidāno, Pariggahā cāpi kutopahūtā; Kismiṁ asante na mamattamatthi, Kismiṁ vibhūte na phusanti phassā“ bzw. „Was lässt samphassa im Geist entstehen (phasso nu lokasmi kutonidāno)? Was wird ergriffen (phasso nu lokasmi kutonidāno), und die Anwesenheit von was (kutopahūtā) lässt samphassa im Geist entstehen? Wie verschwindet die Vorstellung eines ‚Ich‘ (mamattamatthi), was sich nach Angenehmem (sāta) sehnt und Ärger über Unerwünschtes (asāta) erzeugt? Wie wird phassa zu samphassa und wie kann das stoppen (kismiṁ vibhūte)?“

  • Nāmañca rūpañca paṭicchā phasso, Icchānidānāni pariggahāni; Icchāyasantyā na mamattamatthi, Rūpe vibhūte na phusanti phassā“ bzw. „Samphassa entsteht, wenn der Geist nāma und rupa mit icchā/taṇhā verbindet (bzw. nāmarupa mit Verlangen erzeugt). Icchā ist die Grundursache (icchānidānāni), die das Ergreifen (pariggahāni) bewirkt; wenn icchā/taṇhā nicht im Geist vorhanden ist, hat dieser Geist die falsche Vorstellung eines ‚Ich‘ verloren. Wenn keine ‚vom Geist gemachten Rupa‘ erzeugt werden, ist samphassa nicht vorhanden (rūpe vibhūte na phusanti phassā).“
Sechste Frage

6. „Kathaṁ sametassa vibhoti rūpaṁ, Sukhaṁ dukhañcāpi kathaṁ vibhoti; Etaṁ me pabrūhi yathā vibhoti, Taṁ jāniyāmāti me mano ahu“ bzw. „Wie kann ein Geist keine ‚Geist gemachten Rupa‘ erzeugen (kathaṁ sametassa vibhoti rūpaṁ)? Da sukha und dukkha zu samphassa und zu ‚vom Geist gemachten Rupa‘ führen, wie kann sukha/dukkha (inkl. samphassa-jā-vedanā) nicht im Geist entstehen (sukhaṁ dukhañcāpi kathaṁ vibhoti)? Sag mir, wie das geschehen kann; ich denke, das ist der entscheidende Punkt zu wissen (jāniyāmāti ist verwandt mit jānato).“

  • Na saññasaññī na visaññasaññī, Nopi asaññī na vibhūtasaññī; Evaṁ sametassa vibhoti rūpaṁ, Saññānidānā hi papañcasaṅkhā„. — Dies ist der Vers, der im Text Saññā Nidānā hi Papañca Saṅkhā – Unmoralische Gedanken basierend auf „verzerrter Saññā“ besprochen wird. Lesen Sie dort die Erklärung, warum „verzerrte Saññā“ eine Grundursache von Kāmarāga ist.
  • Anmerkung: Genauso wie „verzerrte Saññā“ eine Grundursache (nidāna) für Kāmarāga ist, ist sie auch eine Grundursache für Paṭigha (Abneigung/Ärger), und damit für alle Kämpfe, Kriege und Streitigkeiten.
Siebte Frage

7. „Yaṁ taṁ apucchimha akittayī no, Aññaṁ taṁ pucchāma tadiṅgha brūhi; Ettāvataggaṁ nu vadanti heke, Yakkhassa suddhiṁ idha paṇḍitāse; Udāhu aññampi vadanti etto“ bzw. „Du hast alle meine Fragen beantwortet. Ich habe noch eine Frage. Die Weisen (paṇḍitā) sagen, dass diese Lehre zur höchsten Reinheit führt. Gibt es noch etwas, das ich wissen muss?“

  • Ettāvataggampi vadanti heke, Yakkhassa suddhiṁ idha paṇḍitāse; Tesaṁ paneke samayaṁ vadanti, Anupādisese kusalā vadānā. „bzw. „Dies ist in der Tat die höchste Reinheit, die zu erlangen ist, d.h. zu verstehen, wie ‚verzerrte Saññā‘ entsteht. Aber es gibt noch etwas hinzuzufügen über diese ‚höchste Reinheit, die in diesem Leben selbst zu erlangen ist‘. Das ist Anupādisesa Nibbāna (Anupādisese kusalā vadānā).
  • Ete ca ñatvā upanissitāti, Ñatvā munī nissaye so vimaṁsī; Ñatvā vimutto na vivādameti, Bhavābhavāya na sameti dhīro „ti.“ bzw. „Da sind die, die Anupādisesa Nibbāna erlangen. Sie können volles Nibbāna schon vor dem Tod des physischen Körpers erfahren. Sie haben verstanden, sind befreit und lassen sich nicht auf Streitereien ein. Sie haben keine Zweifel über Existenz und Nichtexistenz, d.h. sie haben erkannt, dass die Existenz real ist (aber einhergehend mit viel Leid im Wiedergeburtsprozess) und dass sie nicht mehr entstehen kann.“
Zusätzliche Kommentare

1). Der Buddha beschrieb zwei Arten von Arahantschaft: Paññāvimutti und Ubhatovimutti.

  • Die Paññāvimutti-Arahanthschaft kann erlangt werden, ohne durch ein einziges Jhāna zu gehen oder mit irgendeinem anariya/Ariya Jhāna zu beginnen (wie z.B. im Fall des ehrenwerten Bahiya, des Ministers Santati, des Königs Suddhodana).
  • Auf der anderen Seite sind Ubhatovimutti-Arahants „in beide Richtungen befreit“, d.h. sie sind Paññāvimutti und auch Cetovimutti, d.h. sie sind durch alle Ariya Jhānā und Samāpatti gegangen . So können Ubhatovimutti Arahants in nirodha Samāpatti eintreten, wo „volles Nibbāna“ sogar während des Lebens erfahren werden kann. Das ist bis zu sieben Tage am Stück möglich.
  • Einzelheiten zu Ubhatovimutti Arahants in Tapussa Sutta (AN 9.41)- Akuppā Cētōvimutti.

2). Der konventionelle Glaube ist, dass Anupādisesa Nibbāna nur mit dem Tod des physischen Körpers eines Arahants möglich ist. Die obigen Verse zeigen jedoch, dass ein Ubhatovimutti-Arahant vollständiges Nibbāna (Anupādisesa Nibbāna) sogar während des Lebens erfahren kann.

  • Das wird auch in der Nibbānadhātu Sutta (Iti 44) bestätigt, die einen Paññāvimutti Arahant beschreibt, Markierung 3.1 („Katamā ca, bhikkhave, saupādisesā nibbānadhātu?“) und Ubhatovimutti Arahant bei Marker 4.1 („Katamā ca, bhikkhave, anupādisesā nibbānadhātu?“)
  • Während also viele Religionen „ewiges Glück“ nach dem Tod versprechen, kann die vom Buddha versprochene „ultimative Abkühlung“ für einen Ubhatovimutti Arahant bereits in diesem Leben erfahren werden. Sowohl Paññāvimutti als auch Ubhatovimutti Arahants erfahren für den Rest ihres Lebens die vollständige Befreiung von domanassa Vedanā ; sie erfahren nur sāririka Vedanā aufgrund von Beschwerden, die mit dem physischen Körper verbunden sind. Sogar der Buddha litt darunter; siehe Sakalika Sutta (SN 1.38).

3). Zusammenfassung der Sutta: Wie die Mūlapariyāya Sutta, weist die Kalahavivāda Sutta darauf hin, dass es wesentlich ist, das Konzept der „verzerrten Saññā“ zu verstehen . Die Kalahavivāda Sutta konzentriert sich auf Paṭigha. 

  • Das Verstehen von „verzerrter Saññā“ ist notwendig, um über die Sotapanna-Stufe hinauszugehen. Darüber hinaus erleichtert es auch das Erreichen von Sotapatti (Stromeintritt), d.h. sakkāya diṭṭhi loszuwerden, weil es leichter ist, die „Fata Morgana“ in den eigenen Wahrnehmungen zu durchdringen.
  • Biologische Körper im Menschen- und Tierreich entstehen auf der Grundlage von Paṭicca Samuppāda: paṭi+ichcha“ führt zu „sama+uppāda, d.h. „willentliches Anhaften mit den Grundursachen“ führt zu „entsprechenden Geburten“. Man möchte nicht als Tier geboren werden. Wenn man sich jedoch wie ein Tier verhält, ist eine Tiergeburt unvermeidlich! Wenn man unwürdig handelt, kann man als Schwein wiedergeboren werden. Der physische Körper dieses Schweins entsteht laut Paṭicca Samuppāda, um die „verzerrte Saññā“ von „Geruch und Geschmack nach verrottendem Fleisch oder Fäkalien“ zu bieten. Aber auch in anderen Reichen, in denen es keine dichten biologischen Körper gibt, sind die subtilen Körper der Devā und Brahmā dazu bestimmt, die entsprechende „verzerrte Saññā“ zu liefern.

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