Geisteszustand in Abwesenheit von Citta Vithi – Bhavanga

Der Begriff Bhavanga kommt von bhava + anga, mit anga = „ein Teil“. Somit bedeutet Bhavanga: “ein Teil des Bhava“.

1. In den folgenden beiden Fällen haben wir das, was man als „aktiven Geist“ bezeichnen könnte:

  • Wenn wir Sinneseindrücke erleben (sehen, hören, riechen, schmecken, berühren), insbesondere wenn diese hinreichend interessant sind. In diesen Fällen ergeben sich Pancadvāra Citta Vithi mit jeweils 17 Citta. Siehe auch Zeitliche Entwicklung eines Gedankens (Citta).
  • Wir erzeugen auch „aktive Gedanken“, wenn wir ein vergangenes Ereignis abrufen, über ein Dhamma-Konzept nachdenken oder Mathematik lernen. Hier haben wir Manōdvāra Citta Vithi, die normalerweise 10-12 Citta enthalten. In einigen besonderen Fällen kann eine große Anzahl von Manōdvāra Citta kontinuierlich laufen.

Bhavanga – ein Geisteszustand

2. Andererseits gibt es oft Fälle, in denen wir nur eine Art „Geisteshaltung“ haben (fröhlich, traurig, wütend, teilnahmslos usw.), ohne überhaupt Gedanken zu erzeugen (Citta).

  • Zum Beispiel gerät man in einen „Zustand der Trauer“, nachdem man vom plötzlichen Tod eines Elternteils, Ehepartners usw. hört. Selbst wenn man nicht bewusst an diese verstorbende Person denkt, sitzt man möglicherweise irgendwo mit deutlichen Merkmalen von Traurigkeit im Gesichtsausdruck.
  • Manchmal haben Menschen große Angst und das zeigt sich in ihren Gesichtern, aber sie können nicht mal denken dabei. Sie haben zu viel Angst, um zu denken oder zu sprechen: „eingefroren in Angst“.
  • Dasselbe passiert, wenn man sehr wütend wird: Man sagt vielleicht nichts, aber der Ärger zeigt sich im Gesicht oder in der Körperhaltung. Man selbst weiß möglicherweise nicht, was man tun soll.

3. Diesen bestimmten Geisteszustand nennt man „vorübergehende Existenz (Bhava)“: Die obigen drei Beispiele entsprechen „traurigem Bhava“, „ängstlichem Bhava“ und „wütendem Bhava”.

  • Solch ein „vorübergehendes Bhava“ oder „vorübergehender Geisteszustand“ kann viele Minuten oder sogar Tage andauern. Das kann man mit BT abkürzen. Den natürlichen Bhavanga-Zustand bezeichnen wir als B. Nach einiger Zeit verschwindet der BTZustand langsam und der Geist fällt zurück in den natürlichen B-Zustand.
  • Solche BT können durch aktive Citta Vithi unterbrochen werden, jedoch fällt man danach zurück zum BT (und schließlich B).
  • Dieser natürliche Bhavanga-Zustand (B) ist die Denkweise, die im CutiPatisandhi-Moment beim Wechsel des Bhava erfasst wurde.

Verbindung von Bhava mit Gati

4. Wir können leicht erkennen, dass „wütende Bhava“ leicht zu denen kommen, die sich schnell ärgern. Solche Menschen werden leicht getriggert, wenn nur ein falsches Wort gesagt wird.

  • Gleiches gilt für andere Arten von „temporärem Bhava“. Manche Menschen erschrecken sich oft. Andere erliegen mit Leichtigkeit den Sinnesfreuden.
  • Die Tendenz, leicht in ein „temporäres Bhava“ zu geraten, wird reduziert, wenn man auf dem Pfad Fortschritte macht.
  • Wenn man schließlich zum Arahant wird, gerät man in kein „temporäres Bhava“. Man hat alle Gati dazu verloren. Im Tipitaka wird das „unerschütterlicher ruhiger Geisteszustand“ genannt. Somit bleibt für einen Arahant nur der natürliche Bhavanga-Zustand (B) bis zum Tod.

5. Das Bhavanga für das aktuelle Menschen-Bhava wurde im Cuti-Patisandhi-Moment des letzten Bhava erfasst: als die kammische Energie für das letzte Bhava aufgebraucht war und wir dieses Menschen-Bhava ergriffen.

  • Da ein Menschen-Bhava von einem „guten Nimitta“ erfasst wird, das mit einem „guten Gati“ in Verbindung steht, spiegelt unser gegenwärtiges Bhavanga dieses Gati wider.
  • Dieses „natürliche Bhavanga“ ist jedoch schwer erkennbar im Vergleich zum temporären Bhavanga.

6. Aber die Tatsache, dass es für einige Menschen leichter ist, Konzepte zu verstehen, als für andere, hängt damit zusammen, dass das Bhavanga „besser“ ist als das des anderen. Mit anderen Worten, jemand mit Tihetuka-Geburt (drei gute Wurzeln) hat ein besseres natürliches Bhavanga (B) als jemand mit Dvihetuka-Geburt (nur zwei gute Wurzeln).

  • Der Punkt ist, dass man als Mensch besser dran ist als unzählige Wesen in den unteren Reichen, selbst wenn man ein „nicht so gutes Bhavanga hat (was ohnehin nicht zu überprüfen ist). Wir müssen einfach dieses seltene Menschen-Bhava nutzen.

Wechsel von Bhavanga zum aktiven Geist

7. Jetzt sehen wir, wie der Geist zwischen Bhavanga-Zuständen (B oder BT) und aktiven Zuständen (mit Citta Vithi) hin- und herwechselt.

  • NIEMAND kann tatsächlich „sehen“ oder „für sich selbst erkennen“, wie dieser Wechsel erfolgt. Solche schnellen Prozesse kann nur der Geist eines Buddha erkennen.
  • Wir können jedoch evaluieren, ob diese detaillierte Beschreibung tatsächlich mit unserer Erfahrung übereinstimmt. Das stärkt das Vertrauen in Buddha Dhamma.

8. Citta entstehen an der Basis des Geistes (hadaya vatthu), die sich im Geistkörper  (gandhabba) befindet.

  • Die Gandhabba ist von außen durch den dichten physischen Körper vollständig abgeschirmt. Alle Sinneseindrücke kommen durch die sechs „Türen“ im Körper (Augen, Ohren, Nase, Zunge, Körper und Mana Indriya im Gehirn).

9. Die folgende nette Analogie habe ich irgendwo gelesen, wo weiß ich nicht mehr. In dieser Analogie sitzt ein Mann in der Mitte einer völlig geschlossenen kleinen Hütte mit sechs Fenstern. Er sitzt in der Mitte der Hütte an einem Schreibtisch, kann aber leicht jedes der sechs Fenster wahrnehmen.

  • Der Geistkörper (Gandhabba), der im physischen Menschen-Körper gefangen ist, ist wie der Mann, der am Tisch in der Hütte sitzt.
  • Wenn der Geist ganz auf den Bhavanga-Zustand fokussiert ist, ist das vergleichbar mit dem Mann, der ein Buch liest, das auf seinem Tisch liegt. Er ist sich der Welt außerhalb der Hütte nicht bewusst.
  • Ebenso hat die Gandhabba im Bhavanga-Zustand kein Bewusstsein darüber, was außerhalb des physischen Körpers passiert. Der Fokus liegt auf Bhavanga.

10. Der Mann in der Hütte kann vom Lesen abgelenkt werden, wenn eine Störung an einem der Fenster auftritt. Zum Beispiel kann jemand an ein Fenster klopfen. Dann schaut der Mann von seinem Buch auf und sieht nach der Störung.

  • Das ist wie ein Signal von der Außenwelt über eine der fünf physischen Wahrnehmungstüren, was zu einem der fünf Pasāda Rupa geleitet wird. Die Hadaya Vatthu – umgeben von den fünf Pasāda Rupa – ist wie der Mann, der in der Hütte mit sechs Fenstern sitzt.
  • Der einzige Unterschied ist, dass Signale von der Mana Indriya direkt zur Hadaya Vatthu kommen, anstatt via Pasāda Rupa.

Bestandteile eines Citta Vithi

11. Wenn ein Signal zu einem der fünf Pasāda Rupa gelangt, wird die Aufmerksamkeit der Hadaya Vatthu im Bhavanga-Zustand gestört. Dann entstehen drei Citta, um sich vom Bhavanga zu lösen.

  • Diese drei Citta heißen atita bhavanga (AB, atita bedeutet „alt“ oder „Vergangenheit“ in Pali oder Singhalesisch), bhavanga calana (BC, calana bedeutet „bewegen“/“vibrieren“) und bhavanga ucceda (BU, ucceda bedeutet „abschneiden“).
  • Der Mann in der Hütte würde auch einen Moment brauchen, um sich der Störung am Fenster bewusst zu werden und aufzuschauen. Ebenso müssen diese drei Citta vergehen, bevor die Hadaya-Vatthu den Bhavanga-Zustand „verlässt“. Dann wird untersucht, was die Störung am Fenster ist.

12. Nun untersucht die Hadaya Vatthu mit einem weiteren Citta, welches der fünf Pasada Rupa ein Signal hat. Dieses Citta heißt Pancadvāravajjana Citta (PD), wobei Panca Dvara „fünf Türen“ bedeutet und sich auf die fünf physischen Sinne bezieht.

  • Wenn sich herausstellt, dass das Signal vom Ghāna Pasāda Rupa kommt (d.h. ein Duft), wird sich der Geist dieser Tür zuwenden. Dann entsteht ein Ghānadvara Citta (CV), das fünfte Citta im Citta Vithi.
  • Jetzt wird der Geist dieses Signal „akzeptieren“, was Sampaticcana Citta (SAM) heißt.
  • Dann wird mit einem weiteren Citta vollständig erkannt, was dieses Signal ist: Santirana Citta (SAN).
  • Bis zu diesem Zeitpunkt gab es drei Bhavanga Citta, ein Pancadvāravajjana Citta, ein Ghānadvara Citta (oder ein anders der fünf Pancadvāra Citta), ein Sampaticcana Citta und ein Santirana Citta, zusammen 7 Citta. All das sind Vipāka Citta.

13. Das achte Citta im Citta Vithi wird Vottapana Citta (V) genannt. Es ist ein sehr wichtiges Citta, bei dem der Geist beschließt, auf der Grundlage der empfangenen Sinneseindrücke Maßnahmen zu ergreifen.

  • Wie auf einen bestimmten Sinneseindruck reagiert werden soll, entscheidet der Geist automatisch basierend auf dem aktuellen Gati.
  • Der Sinneseindruck kann ignoriert werden oder bei Interesse können Maßnahmen ergriffen werden.
  • Mögliche Handlungen umfassen eine oder mehrere der folgenden: Darüber nachdenken, darüber sprechen (vaci sankhāra) und körperliche Handlungen ausführen (kāya sankhāra).

14. Dann werden solche Handlungen mit 7 Javana Citta (J) ausgeführt.

  • Alle Kamma werden in diesen 7 Javana Citta erzeugt. Hier werden Vaci Sankhāra und Kāya Sankhāra erzeugt. Diese werden bei Bedarf vom Gehirn umgesetzt.
  • Nach diesen 7 Javana Citta endet der Citta Vithi mit zwei Tadārammana (T) oder Bhavanga (B) Citta.

15. Ein Pancadvāra Citta Vithi sieht demnach so aus:

AB BC BU PD CV Sam San V J J J J J J J T T

Zwei Tadārammana oder Bhavanga Citta?

16. Wenn der Sinneseindruck besonders stark war (wie der Tod eines Familiemitglieds), ist dies ein Sonderfall. Dann sind die letzten beiden Cittā Tadārammana (T). Der Sinneseindruck wird vorübergehend im Geist registriert und „dieser Geisteszustand“ kann einige Zeit andauern. Diese Zeitdauer kann von einigen Minuten bis zu mehreren Tagen reichen.

  • Solch ein sehr starker Citta Vithi wird atimahantārammana (sehr stark) Citta Vithi genannt. Das Sinnesereignis „versinkt im Geist“ und der Geist bleibt eine Weile in diesem Zustand, bevor er wieder zum natürlichen Bhavanga zurückkehrt.
  • Wenn man zum Beispiel Angst vor einem Hund hat, der hinter einem her ist, kann dieser aufgeregte und verängstigte Zustand viele Minuten anhalten. Wenn ein Elternteil oder ein Kind stirbt, kann die daraus resultierende Traurigkeit mehrere Tage anhalten.

17. Wenn jedoch die Auswirkung vom Sinneseindruck nicht so stark ist, sondern ausreicht, um darüber nachzudenken, etwas zu sagen oder etwas zu unternehmen, dann fließen auch die 7-Javana Citta. Es wird sich jedoch nicht als Tadārammana registrieren.

  • In diesem Fall fallen die letzten beiden Citta zum natürlichen Bhavanga (B) zurück. Der Citta Vithi hat dann die Reihenfolge: AB BC BU PD CV Sam San V J J J J J J J B B.
  • Ein solcher Citta Vithi wird mahantārammana (stark) Citta Vithi genannt.

18. Ist der Sinneseindruck nicht stark genug, um Interesse zu erzeugen, wird kein Javana Citta erzeugt.

  • Solche Citta Vithi heißen parittārammana (schwach) oder atiparittārammna (sehr schwach) Citta Vithi genannt. Parittārammana Citta Vithi laufen beim Träumen ab. Atiparittārammna Citta Vithi sind beim Atmen beteiligt. Offensichtlich bemerken wir nicht einmal Citta Vithi des letzten und schwächsten Typs.

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