Hintergrund der aktuellen Wiederbelebung von Buddha Dhamma

1. Ironischerweise basiert die gegenwärtige Wiederbelebung des Buddha Dhamma auf ähnlichen Ursachen, wie der Niedergang des Buddha Dhamma in den meisten buddhistischen Ländern in den letzten 500 Jahren (bei der Besiedlung Asiens durch Westmächte wie die Portugiesen oder Engländer).

  • Die Beamten der britischen East India Company stießen auf alte buddhistische Literatur in verschiedenen asiatischen Ländern. Einige erkannten die Bedeutung dieser Dokumente und begannen mit der Entzifferung (z.B. Thomas W. Rhys Davids, 1843-1922). Dafür lernten sie sogar Pali und Sanskrit.
  • Andere sandten Dokumente nach Europa, wo sich meist Philosophen (z.B. Eugene Burnoufs, 1801-1852) an die Übersetzung ins Französische oder Englische machten.
  • Eine gründliche Recherche der Bemühungen britischer Beamter in Indien, Sri Lanka und anderen asiatischen Ländern findet sich im ausgezeichenten Buch von Charles Allen, „The Search for the Buddha“ (2003).

2. Diese „Abendländer“ realisierten, dass es etwas Tiefgründiges in dieser alten Lehre gibt, welche nicht auf einem Schöpfer beruht.

  • Thomas Huxley erfasste brillant das Wesentliche dieser neuen Religion (Thomas H. Huxley, Evolution und Ethik und andere Essays, 1894, S. 68-69), [Übersetzung T.Große]: „Ein System, das keinen Gott im westlichen Sinne kennt; das eine Seele abstreitet; was den Glauben an Unsterblichkeit als Fehler sieht und die Hoffnung darauf als Sünde; das jegliche Wirksamkeit von Gebet und Opfer ablehnt; das den Menschen gebietet, auf nichts anderes als die eigenen Bemühungen zur Rettung zu schauen; das in seiner ursprünglichen Reinheit nichts von Gelübden und Gehorsam wusste, Intoleranz verabscheute und nie die Hilfe des Weltlichen suchte; sich jedoch über einen beträchtlichen Teil der alten Welt mit wunderbarer Schnelligkeit ausbreitete, und nach wie vor, mit welcher Beimischung von Aberglaube auch immer, das dominante Credo eines großen Teils der Menschheit ist“.
  • Es ist erstaunlich, dass selbst in diesem frühen Stadium, wo es mit Sicherheit einige Verwirrung über die mythischen Aspekte besonders der tibetischen und Zen-Praktiken gab, Huxley in der Lage war, das Wesen des Buddha Dhamma zu erkennen.

3. Basierend auf ihrem Interesse an buddhistischen und hinduistischen Dokumenten aus Asien gründeten Madame Helena Petrovna Blavatsky und Oberst Henry Steel Olcott die Theosophische Gesellschaft in New York City (1875). Sie reisten anschließend nach Indien und Sri Lanka und wurden Buddhisten.

  • Olcott veröffentlichte 1881 das Buch „Ein Buddhistischer Katechismus“. Zusammen mit dem Buch „Light of Asia“ von Edwin Arnold (1871) erregte es in Europa und Amerika viel Interesse für den Buddhismus. Oberst Olcott gründete mehrere buddhistisch orientierte Schulen in Sri Lanka, um die Religion wieder zu beleben. Ich hatte das Glück, eine dieser Schulen zu besuchen.
  • Diese Bemühungen wurden in der Folge durch eine Reihe von Intellektuellen in Sri Lanka erweitert (z.B. Anagarika Dharmapala, G.P. Malasekara, K.N. Jayatilleke, Narada Thera, Walpola Rahula Thera, David Kalupahana). Dazu kamen mehr Abendländer, die beindruckt von der buddhistischen Lehre nach Sri Lanka zogen und Mönche wurden. Sie schrieben viele hervorragende Abhandlungen über den Theravada Buddhismus. Dazu gehören Nyanatiloka Thera, Nyanyaponika Thera und Bhikkhu Bodhi.

4. Auch wenn die frühen Werke von Rhys Davids, Arnold und Olcott im späten 19. Jahrhundert in erster Linie zum Theravada-Buddhismus veröffentlicht wurden, begann im Westen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Faszination für Zen-Buddhismus, der auch heute noch bedeutende Präsenz im Westen hat.

  • Zen fand seinen Weg in das westliche Bewusstsein durch die Bemühungen einer elitären Gruppe japanischer Intellektueller – vor allem D.T. Suzuki. Suzuki, der 1897 nach Amerika kam, schrieb mehrere Bücher, darunter „Eine Einführung zum Zen-Buddhismus“. Dieses Buch betont die transzendente und mystische Natur des Zen.

5. Hier ist ein Auszug aus dem obigen Buch von Suzuki, die eindeutig den Glauben der Mahayana-Denker belegt, dass die ursprüngliche Lehre des Buddhas „primitiv“ sei und der Mahayana-Buddhismus die erforderlichen Verbesserungen einbringt (S. 1, Fußnote 1), [Übersetzung T.Große]:

  • „…genauer gesagt, die grundlegenden Ideen des Mahayana erläutert in der Prajnaparamita-Gruppe buddhistischer Literatur, die frühesten davon müssen spätestens innerhalb von 300 Jahren nach dem Tod des Buddha erschienen sein. Die Keime finden sich ohne Zweifel in den Schriften, die zum sogenannten primitiven Buddhismus gehören. Ihre Entwicklung, was ein bewusstes Verständnis als wesentlichstes Element in der Lehre des Gründers ist, konnte nicht ohne seine Anhänger erfolgen, die tatsächlich die Lehre für einige Zeit durch die verschiedenartigen wechselnden Bedingungen des Lebens führten. Mit Erfahrung angereichert und in Reflexion gereift, kamen die indischen Buddhisten zur Mahayana-Form des Buddhismus, die sich von der primitiven oder ursprünglicher Form unterschied. In Indien sind zwei Mahayana-Schulen bekannt: die Madhyamika von Nagarjuna und die Vijnaptimatra oder Yogacara von Asanga und Vasubandhu. In China entwickelten sich mehr Schulen: Tendai, Kegon, Jodo, Zen usw. In Japan haben wir neben diesen die Hokke, die Shingon, die Shin, die Ji, usw. All diese Schulen bzw. Sekten gehören zum Mahayana-Flügel des Buddhismus“. [Hervorhebungen von Lal].

6. Dies steht in scharfem Kontrast zur Grundbedingung des Buddha Dhamma, dass nur ein Buddha die Gesetze der Natur entdecken kann und diese Lehren nicht verbessert werden:

  • Es gibt nur eine Sammlung von Naturgesetzen und diese müssen von einem Buddha entdeckt werden. Wenn man diese Webseite aufmerksam liest, findet man diese Aussage hoffentlich gerechtfertigt. Siehe auch: Dhamma und Wissenschaft – Einführung.

7. Seit einiger Zeit ist der tibetische Buddhismus (Vajrayana) im Westen prominent. Dies gründet ohne Zweifel auf den Ergebnissen der chinesischen Invasion in Tibet im Jahre 1953 und der unglaublichen persönlichen Ausstrahlung des Dalai Lama.

  • Es ist bedauerlich, dass der Dalai Lama erklärte [Übersetzung T.Große]: „Mein Vertrauen in die Wissenschaft liegt in meiner Grundüberzeugung, dass in der Wissenschaft wie im Buddhismus das Verständnis der Wirklichkeit durch kritische Untersuchung erfolgt: wenn wissenschaftliche Analyse zum Schluss kommt, dass bestimmte Ansprüche im Buddhismus falsch sind, dann müssen wir die Erkenntnisse der Wissenschaft akzeptieren und diese Ansprüche aufgeben“. [Hervorhebung von Lal] – zitiert aus „The Universe in a Single Atom:  The Convergence of Science and Spirituality“, (2005).

8. Sowohl die Mahayana- und Vajrayana-Sekte erkennen jetzt an, dass sich einige Konzepte in diesen Formen von „Buddhismus“ mit den neuen Erkenntnissen der Wissenschaft ändern müssen. Die grundlegenden Lehren des Buddha (Ursprung des Theravada) bleiben jedoch unangefochten, weil keine „Verbesserungen“ aufgenommen wurden, um „mit der Zeit und Kultur Schritt zu halten“.

  • Der Pali-Tipitaka blieb gleich, seit er vor ca. 2000 Jahren niedergeschrieben wurde. Die Realität ist, dass die Wissenschaft jetzt viele Dinge bestätigt, die der Buddha vor 2500 Jahren erkannte.
  • Bedauerlicherweise haben die übersetzten und bearbeiteten Versionen des Tipitaka viele Fehlinterpretationen, wie im Folgenden kurz besprochen.

9. Beginnend am Ende des 20. Jahrhunderts gibt es erneutes Interesse am „Buddhismus“ im Westen.

  • Es scheint mit der Veröffentlichung des Physikers Fritjof Capra (1975) zu beginnen, „The Tao of Physics“. In dem Buch beschreibt er, wie er eines Tages ruhig am Ozean saß und erkannte, dass es eine Verbindung zwischen den Feinheiten der Quantenmechanik und der östlichen „Mystik“ geben könnte (wozu er „Hinduismus, Buddhismus, chinesisches Denken, Taoismus und Zen“ zählte). Es scheint, dass er eine Verbindung zwischen der materiellen Welt der Quantenmechanik und dem „Geist“ finden wollte, der in der östlichen Mystik dominiert. Selbst in der 5. Auflage (2010) hatte er nicht bemerkt, dass Zen ein Zweig des Buddhismus ist und war sich nicht der Theravada-Literatur bewusst. Jedoch hatte dies offensichtlich Auswirkungen auf das westliche Publikum und dieser Trend wird sich hoffentlich in der richtigen Richtung fortsetzen.
  • Andere Personen trugen ebenfalls zum Interesse am „Buddhismus“ im Westen bei: ,‚The Art of Happiness“ und andere Bücher vom Dalai Lama, „The Embodies Mind“ von Francisco Varela, “Confession of a Buddhist Atheist” und andere Bücher von Stephen Batchelor.
  • Allerdings enthalten die meisten Bücher falsche Interpretationen von Buddha Dhamma, weil sie stark vom Mahayana-Buddhismus beeinflusst sind, der völlig abwegig von den ursprünglichen Lehren des Buddha verlief.

10. Die Bücher von Ledi Sayadaw, Bhikkhu Bodhi, Walpola Rahula, u.a. (siehe Referenzen unten), stellen das dringend benötigte Material zum Theravada-Buddhismus für das westliche Publikum bereit, obwohl sie einige falsche Deutungen verwenden, die zwei Hauptkontaminationen entstammen.

  • Eine Verunreinigung geschah vor ca. 1500 Jahren, als Buddhaghosa Anapana Bhavana als „Atem-Mediation“ verfälschte und Hindu-Techniken wie Kasina-Meditation in Buddha Dhamma einführte (s. Visuddhimagga).
  • Das andere Problem der Fehlinterpretation von anicca und anatta als „Unbeständigkeit“ und „Nicht-Selbst“ entstand durch Übersetzungen durch frühe europäische Gelehrte, die den Tipitaka ins Englische übersetzten. Siehe Warum ist die korrekte Interpretation von Anicca, Dukkha, Anatta so wichtig?. Diese falschen Interpretationen wurden auf der ganzen Welt seit dem Ende des 19. Jahrhunderts  übernommen.
  • Deshalb enthält die buddhistische Literatur in allen Sprachen seit den späten 1800er Jahren beide Probleme. Dies ist ein kritischer Punkt. Siehe Fehlinterpretationen von Anicca und Anatta durch frühe europäische Gelehrte.
  • Wir müssen uns auf den Pali-Tipitaka konzentrieren, der noch immer die ursprünglichen Lehren des Buddha enthält.

Referenzen

1.  “Light of Asia” von Edwin Arnold (1871),

2. “A Buddhist Catechism”, on H. S. Olcott (1881).

3. “Evolution and Ethics and Other Essays”, von T. H. Huxley (1894).

4.  “An Introduction to Zen Buddhism” von D. T. Suzuki (1964).

5. “What the Buddha Taught” von Walpola Rahula (1974),

6. “The Tao of Physics” von Fritjof Capra (1975).

7. “A Short History of Buddhism” von Edward Conze (1980).

8.  “A History of Buddhist Philosophy” von David J. Kalupahana (1992).

9. “The Manuals of Dhamma”, von Ledi Sayadaw (1999).

10.  “The Search for the Buddha”, von C. Allen (2003).

11. “The Universe in a Single Atom: The Convergence of Science and Spirituality” vom Dalai Lama (2005).

12.  “In the Buddha’s Words” von Bhikkhu Bodhi (2005).

 

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