20.5.2023
Wir diskutieren die Natur der Niraya (Hölle) gemäß den Suttas und indirekten Hinweisen.
Einleitung
1. Der Buddha beschrieb eine „größere“ Welt mit 31 Reichen, verglichen mit den zwei uns bekannten Reichen (Mensch und Tier).
- Die buddhistische Weltsicht ist keine Theorie oder Spekulation. Der Buddha konnte jedes der 31 Reiche dieser Welt „sehen“. Er sah, wie ein Lebensstrom von einem Reich zum anderen wechselt, basierend auf Kammavipāka und den vorliegenden Bedingungen, d.h. Paṭicca Samuppāda.
- Viele Suttā beschreiben die Besuche des Buddha und seiner Schüler in den Brahma– und Deva-Reichen. Andere beschreiben Besuche von Brahmā und Devā in der Menschen-Welt (hauptsächlich um den Reden des Buddha zuzuhören oder Fragen an ihn zu richten). Dazu gibt es 81 Suttā im Devatā Saṃyutta und 111 Suttā im Devaputta Saṃyutta im Saṃyutta Nikāya.
2. Auch wenn Devā und Brahmā nicht viel Leid erfahren, so haben sie doch endliche Lebenszeiten. Wenn sie sterben, werden sie hauptsächlich in den unteren Reichen geboren (Brahmā jedoch zunächst im Menschen-Reich).
- Man sollte sich dieser Reiche bewusst sein, da die Lebewesen die meiste Zeit im Wiedergeburtsprozesses in diesen Apāyā verbringen.
- Mehrere Suttā erörtern das unerträgliche Leiden in der Hölle und anderen elenden Reichen.
- Das folgende Buch liefert anschauliche Details über das Leben in der Hölle, die mit der Beschreibung in den Suttā übereinstimmen: „A Guided Tour of Hell – A Graphic Memoir“ von Samuel Bercholz (2016). Er beschreibt zunächst eine „außerkörperliche Erfahrung“, die vielen anderen ähnlich ist (er sieht seinen Körper von oben), aber die zweite Erfahrung ist eine „Reise in die Hölle.“
3. Hier werden wir indirekte Hinweise zur Existenz der Hölle betrachten.
- Die Wesen in den meisten Reichen haben nicht die Fähigkeit, ihr Schicksal zu ändern. Sie zahlen ihr Kamma ab, sei es gutes Kamma in den Deva– oder Brahma-Loka oder schlechtes Kamma in den unteren Reichen (apāyā).
- Es sind vor allem die Menschen, die ihre Zukunft gestalten können. Sie können Citta mit hoher Javana-Kraft kultivieren und damit (Abhi)Saṅkhāra tun, die sowohl zu guten als auch zu schlechten Wiedergeburten führen. Das haben wir alle seit anfangloser Zeit getan.
Die Niraya (Hölle) existiert
4. Hier ist ein youtube-Video, was eine ziemlich gute Beschreibung liefert.
5. Es folgt ein Diskurs von Waharaka Thero zum Thema „Beweise für die Existenz der Niraya?“(“අපට නොපෙනෙන නිරයක් පොලව යට තිබේද?”):
- In den ersten 29 Minuten erklärt der Thero, dass es viele Dinge in dieser Welt gibt, die der Durchschnittsmensch nicht wahrnehmen kann. Unsichtbare Wesen leben unter uns (Gandhabbas und einige Petas). Menschen mit Iddhi-Kräften können sie sehen.
- Danach spricht der Thero über die Geräusche in der Hölle. Er sagt, er habe Höllen-Klänge ein paar Mal gehört, als er in Samadhi war und das absichtlich versuchte. Aber er wolle das nicht wiederholen.
Brauchen wir Erfahrungen aus erster Hand zur Existenz der Hölle?
6. Manche Menschen haben die Hölle während einer außerkörperlichen Erfahrung erlebt.
- Es gibt ein Buch mit dem Titel „23 Minutes In Hell: One Man’s Story About What He Saw, Heard, and Felt in that Place of Torment“ von Bill Wiese.
7. Wir sollten uns die folgende Frage stellen: Ist es notwendig, etwas direkt mit den fünf physischen Sinnen zu beobachten, um an seine Existenz zu glauben?
- Wenn Menschen von den Apāyā – mit Ausnahme des Tierreichs – hören, weigern sie sich oft, deren Existenz in Betracht zu ziehen. Das liegt daran, dass sie „diese Reiche nicht sehen können“.
- Aber die Wissenschaft widerlegt diese Herangehensweise. Die Wissenschaft wusste bis zum 20. Jahrhundert nichts von Milliarden von Galaxien und einer unüberschaubaren Anzahl von Planetensystemen wie unserem Sonnensystem. Dann wurden bessere Instrumente verfügbar.
- Der Buddha konnte diese Realitäten jedoch vor 2500 Jahren sehen, indem er seinen Geist reinigte. Auch wir können die Existenz einiger dieser Reiche „sehen“, wenn wir abhiññā-Kräfte kultivieren.
- Sich zu weigern, irgendetwas in Betracht zu ziehen, das nicht durch eigene direkte Erfahrungen bestätigt werden kann, ist keine gute Idee. Man muss sinnvoll abwägen und für die Möglichkeit offen sein.
Beschreibung des Lebens in der Hölle laut Suttā
8. Hier eine Zusammenfassung aus dem, was wir aus den Suttā (Plural von Sutta ist Suttā) über die vier Apāyā entnehmen können. Der allgemeine Aufbau der 31 Reiche wird im Text „Die große vereinheitlichte Theorie“ zusammengefasst.
- Die Niraya befindet sich im tiefen Inneren der Erde. Die Höllenwesen (nerayika) haben feste Körper, die verschiedenen Formen von Folter standhalten können. Ein Höllenwesen wird durch ōpapatika-Geburt geboren (mit vollen physischen Körper).
- Höllenwächter (nirayapālā), die den Höllenwesen (nerayika) Leiden zukommen lassen, sind ebenfalls Lebewesen. Sie werden aufgrund ihrer Gati in der Niraya geboren. Ihre Körper sind widerstandsfähig gegenüber den rauen Bedingungen dort. Sie leiden also nicht wie Höllenwesen.
- Devadūta Sutta (MN 130) beschreibt „Höllen“ bzw. Niraya. Eine Übersetzung unter: Devaduta Sutta: Die Deva-Boten. Eine ähnliche Sutta über einige Reiche in Erdnähe ist die Āṭānāṭiya Sutta (DN 23).
9. Die Devadūta Sutta (MN 130) erklärt anschaulich, wie die Höllenwächter ein Höllenwesen quälen. In jeder Niraya (es gibt mehrere) gibt es einen König Yama (bzw. wahrscheinlich mehrere Könige). Er verhört einige Neuankömmlinge, die „an der Grenze“ waren und es gerade so in die Hölle geschafft haben. Er erinnert sie an die Gelegenheiten, die sie (während ihres Lebens) hatten, um die schlimmen Folgen ihres Handelns zu verstehen.
- Wichtig ist, dass König Yama nur Neuankömmlinge aus dem Menschenreich befragt. Eine unzählige Anzahl von Wesen wird in der Niraya aus anderen Apāyā geboren. Sie wandern von einem Apāya zum anderen, bis sich eine seltene Gelegenheit ergibt, aus den unteren Reichen rauszukommen.
- Ein Yama-König wird dort auch entsprechend seinem Gati geboren, was er in früheren Leben kultiviert hatte. Wie alle anderen Lebewesen haben auch Höllenwächter und König Yama endliche Lebenszeiten.
- Viele Suttas beschreiben die Tendenz eines Lebewesens, in den Apāyā geboren zu werden. Es gibt dazu eine Reihe von 30 Suttas, beginnend mit der Manussacutiniraya Sutta (SN 56.102). Demnach werden die meisten Wesen am Ende ihres Menschen-Daseins oder ihres Deva-Bhava in einem Apāya wiedergeboren.
Basierend auf Erfahrung – nicht auf Spekulation
10. Am Ende der Sutta sagt der Buddha: „Ich sage euch dies, Mönche, nicht, weil ich es von einem anderen Kontemplativen oder Brahmanen gehört habe. Im Gegenteil, ich sage es euch so, wie ich es selbst erfahren, selbst gesehen und selbst verstanden habe.“
- Natürlich müssen wir Vertrauen in den Buddha haben, um zu glauben. Aber wir können sehen, dass alles, was er gelehrt hat, in sich stimmig ist. Es gibt keine Widersprüche.
11. In der Welt, die wir erleben, gibt es passende Vergleiche. Ein gutes Beispiel ist der Vergleich von Polizisten mit Höllenwächtern. Beide wollen die bestrafen, die unmoralische Taten tun. Der Beruf des Polizisten ist nicht einfach; er steht unter Stress, und es ist nicht einfach, mit grobschlächtigen Verbrechern umzugehen. Nicht jeder hat die Persönlichkeit für diesen Beruf.
- Sie haben Gati oder Gewohnheiten kultiviert, die „schlechtes Verhalten“ nicht dulden. Sie suchen immer wieder Wege, Straftäter zu finden und vor Gericht zu stellen.
- König Yama ist wie ein Richter; auch er hat ähnliches Gati vergleichbar mit den Höllenwächtern, aber er bestraft die Übeltäter nicht persönlich.
Körpertypen in verschiedenen Welten
12. Eine Betrachtung über die Körpertypen zeigt, dass Kammavipāka den physischen Körper für das entsprechende Reich vorbereitet. Jeder Körpertyp erfährt Vipāka entsprechend dem Gati des jeweiligen Wesens.
- Höllenwesen werden in einer Niraya geboren, um das Kammavipāka zu erfahren, was dem Kamma entspricht, das mit Hass getan wurde, wie das Töten oder Quälen anderer. Aber dieses Kamma wurde getan, nachdem das Wesen längere Zeit Hass-Saṅkhāra kultiviert hat, also eine Gewohnheit aufgebaut hat.
- Der Körper von Petas ist so gebaut, dass sie Hunger erleben. Viele haben riesige Körper mit einem winzigen Mund, so dass sie nie satt werden. Die Ursache sind Peta-Saṅkhāra. Sie suchen ständig Sinnesfreuden und sehnen sich nach mehr. Das gilt nicht nur für arme Menschen. Man kann wohlhabend und trotzdem nicht zufrieden sein mit dem, was man hat. Andererseits gibt es natürlich auch armen Menschen, die zufrieden sind und sich durch Bescheidenheit auszeichnen.
- Asura-Saṅkhāra bedeutet, gern auf Kosten anderer zu leben und eine gewisse Faulheit zu entwickeln. Sie sind gern von anderen abhängig und zu faul, um zu arbeiten und ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Auch Stehlen oder Veruntreuen bringt solche Gati hervor.
- Tier–Sankhara (tirisan) bedeutet eine Mischung aus den drei San (lobha, dosa, moha).
- Man kultiviert Gati durch wiederholte passende Saṅkhāra. Deshalb folgt das passende Jāti (Geburt).
Vergleich mit der modernen Wissenschaft
13. Im Text „Die große vereinheitlichte Theorie“ wurden die 31 Reiche durch kugelförmige Schalen mit einer Kugel in der Mitte dargestellt. Jedes „bewohnte“ Planetensystem hat alle 31 Reiche. Aber die meisten Planetensysteme sind nicht „bewohnt“.
- Das unserem Sonnensystem am nächsten gelegene System ist Alpha Centauri, was 4,37 Lichtjahre entfernt ist. Ein Lichtjahr ist die Entfernung, die das Licht in einem Jahr mit einer Geschwindigkeit von 299 792 458 m/s zurücklegt.
- Das ist eine riesige Entfernung, die weder mit der heutigen noch mit einer in absehbarer Zukunft verfügbaren Technologie zurückgelegt werden kann. Eine Reise zu diesem Sternensystem würde 100 Jahre dauern; siehe Project Longshot.
- Es gibt jedoch andere Lebewesen im Sonnensystem, die die Wissenschaft noch nicht gefunden hat. Das deckt sich mit dem Eingeständnis der Wissenschaftler, dass nur 4 % der Masse des Universums wissenschaftlich erklärbar sind.
14. Die Niraya befindet sich tief im Inneren der Erde und diese Wesen dort haben sehr dichte Körper.
- Die anderen drei Apāyā befinden sich an und nahe der Erdoberfläche. Natürlich leben Tiere und Menschen auf der selben Ebene. Von den Asuras sagt man, dass sie hauptsächlich in den Ozeanen leben. Die Petas leben ebenfalls auf der Erdoberfläche, genau wie wir, aber wir können sie normalerweise nicht sehen. Alle außer die Petas haben eine dem Menschen vergleichbare Körperdichte. Einige Petas haben „feine Körper“ und leiden nicht körperlich, sondern geistig: sie können sich an vergangene Leben und schlechte Taten erinnern, die zum Peta Bhava führten.
- Es gibt wenige Deva-Reiche in Erdnähe, die wir nicht sehen können. Die meisten Deva-Reiche liegen weit über der Erdoberfläche. Die Brahma-Reiche sind noch weiter entfernt. Natürlich haben die Devas weit weniger dichte Körper als Menschen. Die Körper der Brahmā sind in den höheren Reichen noch feiner. Im höchsten Brahma-Reich hat ein arupa Brahma nur ein Suddhashtaka, d.h. Hadaya Vatthu. Siehe Körperformen in 31 Reichen.
Geburten passen zum Gati
15. Grob kann man sagen, dass Wesen mit mehr unmoralischem Gati mit dichteren Körpern innerhalb oder auf der Erdoberfläche geboren werden. Ihre massiveren Körper dienen der Vermittlung von Kammavipāka entweder durch Folter oder durch körperliche Gebrechen und Krankheiten.
- Wesen in Deva– und Brahma-Loka leiden nicht an körperlichen Gebrechen. Am Ende der kammischen Energie verschwinden sie und werden im nächsten Reich geboren, was dem stärksten Kamma-Samen entspricht, den sie haben.
- So befinden sich Wesen mit immer besserem Gati immer weiter von der Erdoberfläche entfernt. Höllenwesen mit dem schlechtesten Gati leben deshalb unter der Erdoberfläche.
Eigene Erfahrungen
16. Wir alle haben schon einmal erlebt, dass Kinder, die ihren Willen nicht bekommen, wütend werden, sich auf den Boden fallen lassen und schreien. Es ist, als ob sie in Richtung Niraya wollen (manchmal schlagen sie sogar mit dem Kopf auf den Boden). Das ist ein Spiegelbild ihres „Gatis“ in diesem Moment.
- In gleicher Weise springen sie vor Freude in die Luft, wenn sie glücklich sind. Es ist, als ob sie „nach oben“ wollen. Auch dies spiegelt ihr „freudiges Gati“ in dem Moment.
- Wir alle haben schon Bilder von Kriminellen gesehen, wenn sie vor Gericht erscheinen: ihre Köpfe sind gesenkt. Sie fühlen die schwere Last.
- Wenn wir dagegen etwas Vorbildliches getan haben, fühlen wir uns gut und halten unseren Kopf hoch. Auch der Körper fühlt sich leichter an.
- Menschen „streben nach Höherem“. Keiner will nach unten. Und doch handeln sie oft auf unheilsame Weise und bereiten so ihren Untergang vor.
- Dies sind vielleicht keine weltbewegenden Beobachtungen, aber sie stimmen mit der Weltsicht des Buddha überein.
17. Wir können je nachdem, was uns begegnet, Apāya-Gati oder Deva-Gati zeigen.
- Jeder kann sich an solche Momente erinnern. Wenn man wütend wird, brennt man innerlich, der Körper kocht und das Gesicht errötet, Schweiß tritt hervor. Einen wütenden Menschen zu sehen, ist kein schöner Anblick.
- Wenn wir dagegen ruhig und entspannt sind, besonders nach einer verdienstvollen Tat, fühlen wir uns gut. Die Körpersprache spiegelt das wider. Wir sind zuversichtlich, fühlen uns leicht und innerlich „abgekühlt“. Es ist immer eine Freude, buddhistische Mönche anzuschauen.
18. Auch wenn wir die Wesen in den anderen Welten nicht sehen können, stimmen viele Anzeichen mit dem „größeren Weltbild“ des Buddha überein. Wir haben aufgrund unserer Erfahrungen Gründe, an die Existenz solcher Reiche zu glauben. Das mag nur ein kleiner Teil der Geschichte sein, aber solche Hinweise stehen immer im Einklang mit dem Dhamma des Buddha. Man kann darüber kontemplieren und für sich selbst verifizieren.