Udayavaya Nana – Einführung

Udayavaya Nana wird manchmal als Udayabbaya Nana bezeichnet.

Aussprache:

1. Dinge in dieser Welt entstehen nicht ohne Ursachen. Alles, was entsteht, wird früher oder später zerstört und ändert sich in der Zwischenzeit auf unerwartete Weise (viparinama). So kann man auch das Anicca-Konzept betrachten. Das Leiden entsteht, weil wir versuchen, Dinge/Angelegenheiten so zu erhalten oder einzurichten, damit sie uns dauerhaft gefallen. Das ist eine unmögliche Aufgabe.

  • Das Leiden entsteht nicht nur, weil die Dinge nicht permanent sind. Der Grund liegt tiefer. Dinge ändern sich auch in unerwarteter Weise. Darüber hinaus gilt diese Viparinama-Natur überall in den 31 Reichen. Es gibt nirgends Zuflucht.
  • Dies ist die eigentliche Grundlage von Buddha Dhamma. Das Leiden entsteht aufgrund von Ursachen. Die Ursachen Lobha, Dosa, Moha  führen zu den schlimmsten Arten von Leiden. Die anderen drei Ursachen von Alobha, Adosa, Amoha  führen zu vorübergehender Linderung (in Deva und Brahma Lokas, auch im Menschen-Reich). Aber das währt nicht lange auf der sansarischen  Zeitskala.

2. Udayavaya beschreibt, wie alles in dieser wahrnehmbaren Welt (Pancakkhanadha) aufgrund von Ursachen entsteht. Was auch immer entsteht (udaya), reift mit der Zeit, ändert sich in unerwarteter Weise und wird unweigerlich zerstört (vaya). Das Leiden ist mit allem verbunden, das die Anicca-Natur hat. Alles in dieser Welt mit 31 Reichen hat die Anicca-Natur.

  • Das Sehen von Anicca über das Verständnis von Udayavaya des Pancakkhandha wird uppada vayattena anicca genannt, d.h. alles in dieser Welt ist anicca, weil alles unerwarteter Veränderung unterliegt und schließlich zerstört wird .
  • Wenn man wirklich uppada vayattena anicca begreift, hat man das Anuloma Nana, was eine Voraussetzung für die Sotapanna-Stufe ist.

3. Wir schätzen unseren Körper (vor allem in der Jugend). Aber wir wissen nicht, wieviel Mühe es kostet, den Körper in annehmbarer Form zu erhalten (Viparinama Dukkha). Wenn wir unsere Zähne nicht putzen, nicht duschen, nicht die Haare kämmen, nicht unsere Kleidung waschen, usw., werden wir die wahre Natur unseres Körpers schnell sehen.

  • Wenn wir nicht gesund essen oder uns regelmäßig bewegen, wird der Körper schnell seine Form ändern und auch erkranken. Das Leben ist Ergebnis vergangener Ursachen und gefüllt mit Viparinama Dukkha. Wir müssen einfach damit klarkommen und den Körper im guten Zustand halten. Andernfalls können die Dinge schlimm ausgehen.
  • Auch wenn wir es nicht wissen (denn das ist unsere Gewohnheit), alles im Status quo zu erhalten, erfordert viel Mühe. Dieses Viparinama Dukha liegt normalerweise versteckt, weil wir vom erhofften zukünftigen Vergnügen geblendet sind. Genau wie ein Ochse den Wagen mit schwerer Last zieht, wenn etwas Stroh vor ihm baumelt, stapfen wir durch die tägliche Arbeit mit Visionen der Freude, die uns blenden.
  • Selbst wenn wir all dies hinkriegen, passieren manchmal „schlechte Dinge aus heiterem Himmel“: Man hat einen Unfall, leidet unter Krebs oder einer anderen tödlichen Krankheit oder hört von einer unerwarteten Katastrophe für einen geliebten Menschen.
  • Wenn wir alt werden, können wir den Körper nicht vor dem Verfall retten und sterben letztlich. Man denke nur an die Eltern und Großeltern: sie waren einst so jung und lebendig.
  • All das haben wir in der Vergangenheit in unvorstellbarer Zahl von Geburten durchlebt: immer nur kämpfen, um die Dinge am Laufen zu halten. Aber es kommt noch viel schlimmer, wenn man einmal in den vier elenden Reichen geboren wird (Apayas).

4. Man sollte nicht bedrückt sein, wenn man all das realisiert. Einige Leute glauben, die Betrachtung über solche Dinge und Kultivierung einer depressiven Geisteshaltung sei Patikula Manasikara Bhavana. Es wird häufig falsch übersetzt als „Betrachtung der Fäulnis des Körpers“. Aber es ist zwingend notwendig, nicht beunruhigt über diese Dinge zu werden. Man muss die Anicca-Natur aller Körperteile erfassen.

  • Wenn man diese wahre Natur erkennt und den Ausweg sieht, führt das zu einem höheren Niveau von Niramisa Sukha. Dann sieht man Nibbana und erreicht die Sotapanna-Stufe.
  • Wenn man das Udayavaya Nana erlangt, kann man die Ursachen sehen, die zu beseitigen sind.

5. Der Begriff vaya hat zwei Bedeutungen:

  • Was auch immer aufgrund vergangener Ursachen entsteht, wird sich unerwartet verändern und schließlich zerstört. Das Verständnis darüber, wie alles Entstehende Netto-Leiden bewirkt (obwohl es auch Vergnügen gibt, die aber geringfügig im Vergleich zum Leiden sind), ist ein Teil des Udayavaya Nana.
  • Man kann das Leiden dauerhaft beenden, wenn man das Entstehen dieser Dinge verhindert. Das Verständnis von Udayavaya führt zu Wissen über Dukkha Nirodha Sacca, d.h. durch Entfernen der Ursachen, kann das Entstehen des zukünftigen Leidens verhindert werden. Dies ist die zweite und wichtigere Bedeutung von vaya in Udayavaya.

6. Der udaya-Teil im Udayavaya Nana beschreibt fünf Faktoren, die in dieser Welt zum Entstehen von allem führen. Alles in dieser Welt gehört zu einem der fünf Aggregate (pancakkhanadha): Rupa Khandha, Vedana Khandha, Sanna Khandha, Sankhara Khandha, Vinnana Khandha.

  • Unsere Welt beinhaltet nicht nur den Rupa Khandha. In der Tat denken die meisten Menschen an materielle Dinge als die Welt. Aber Buddha Dhamma offenbart eine „persönliche Welt“, die auch beinhaltet, wie man sich fühlt bzgl. der Dinge in der Welt (vedana), wie man Dinge wahrnimmt (sanna), und wie man nachdenkt und plant (sankhara). Das Endergebnis dieser drei Khandha (vedana, sanna, sankhara) ist Vinnana, was aufgrund des Gati entsteht. 
  • Pancakkhandha ist noch komplexer, denn es enthält 11 Kategorien (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, grob, fein, nah, fern…) für jedes Aggregat; siehe Die fünf Aggregate (Pancakkhandha).

7. Es gibt vier Faktoren, die unweigerlich zum Entstehen der fünf Aggregate beitragen: Wir können leicht Avijja und Tanha ausmachen. Wegen Avijja (Unwissenheit über die wahre Natur der Welt) neigen Wesen zur Anhaftung (tanha) über Gier oder Hass. Diese beiden sind immer vorn dabei. Mit Avijja und Tanha initiieren Wesen Taten (kamma) über Körper, Sprache und Geist.

  • Avijja, Tanha und Kamma arbeiten bei der Entstehung aller fünf Aggregate.
  • Wenn irgend ein Aggregat entsteht, kommt ein weiterer Faktor ins Spiel.

8. Rupa (Materie, lebendig oder nicht) braucht Nahrung (ahara). Ein Mensch oder ein Tier muss essen (dies ist kabalinka ahara) und ein Baum braucht Nährstoffe aus dem Boden. Selbst ein Ding wie ein Felsen braucht zur Formung Ahara (nicht im allgemeinen Sinne von Lebensmitteln). Das ist ein sehr tiefes Thema, was wir viel später betrachten.

  • Rupa Khandha beinhaltet auch „zukünftige Rupa“ und man kann sich fragen, wie Ahara damit verbunden sein kann. In diesem Fall ist Ahara ein geistiges Ahara. Wir werden vier Arten von Nahrung besprechen.

9. Auf der anderen Seite entstehen drei Aggregate (vedana, sanna, sankhara) durch Phassa (Kontakt) als eine Form von geistigem Ahara.

  • Für alle Rupa im Rupakkhanda muss es Kontakt mit der Außenwelt geben (also phassa über Auge, Ohr, Nase, Zunge, Körper, Geist).
  • Vinnana ist das Endergebnis eines Citta, was Vedana, Sanna, Sankhara und Rupa enthält. Für Vinnana ist der entsprechende Faktor Nāmarupa. Auch wenn in Paticca Samuppada der Schritt „vinnana paccaya namarupa“ heißt, geht es umgekehrt auch: namarupa paccaya vinnana. Dies wird Annamanna Paccaya genannt und gilt für viele Schritte in Paticca Samuppada.

10. Schließlich ist der letzte Faktor allen fünf Aggregaten gemein. Im tiefsten Sinne ist jedes Aggregat ein Sankata und hat daher drei Merkmale: uppada (frühes Stadium des Entstehens), thithi (Veränderung während des Wachstums), bhanga (Zerstörung). Der fünfte Faktor ist daher Uppada Lakkhana bzw. Nibbathi Lakkhana.

  • Einige Sankata haben lange Lebenszyklen: ein Mensch lebt etwa 100 Jahre, die Erde besteht für Milliarden Jahre. Aber die geistigen Komponenten haben relativ kurze Lebenszyklen, insbesondere Vedana, Sanna, Sankhara. Einige Vinnana dauern nur kurz an, andere bestehen für lange Zeit.

11. Betrachten wir ein Beispiel für Rupakkhandha: ein Mensch (X) und ein Tier (Y). Zunächst sind da Ursachen für die Entstehung von X und Y. Diese beiden Wesen haben in der Vergangenheit mit Tanha viele Kamma getan, verursacht durch Avijja.

  • Eine moralische Tat von X und eine unmoralische Tat von Y führten zu entsprechendem Bhava, was eine passende Geburt mit zugehörigem Gati bewirkte.
  • Das führte zur Bildung eines Menschen-Babys (X) und eines Tier-Babys (Y) in einer geeigneten Gebärmutter. Beide wuchsen durch Nahrungsaufnahme (ahara) zunächst in der Gebärmutter und dann außerhalb der Gebärmutter nach der Geburt.
  • Ahara kann auch eine Ursache sein. Das wird in einem zukünftigen Beitrag besprochen.

12. Baby X und Y wachsen nach Bauplan des Manomaya Kaya, der sich in eine Eizelle der Mutter bei der Empfängnis einnistete. Manomaya Kaya enthält den grundlegenden Bauplan des Wesens.

  • Das Wachstum und Reifen von X und Y vollzieht sich nun mit dem Uppada (oder  Nibbatti) Lakkhana, was dem jeweiligen Manomaya Kaya zugeordnet wurde. Siehe Nibbatti Lakkhana im Udayavaya Nana.

13. Dieselbe Reihenfolge kann auf die anderen vier Khandha angewendet werden: Vedana, Sanna, Sankhara, Vinnana entstehen in erster Linie durch Avijja, Tanha, Kamma und Ahara.

  • Ahara als geistige Nahrung wird später betrachtet. Eigentlich ist diese geistige Nahrung wichtiger als Nahrung für den physischen Körper und andere Rupa.

14. Zusammenfassend entstehen alle fünf Aggregate mit Hilfe von fünf Faktoren:

  • Rupa: Avijja, Tanha, Kamma, Ahara , Nibbatti Lakkhana.
  • Vedana: Avijja, Tanha, Kamma, Phassa , Nibbatti Lakkhana.
  • Sanna: Avijja, Tanha, Kamma, Phassa , Nibbatti Lakkhana.
  • Sankhara: Avijja, Tanha, Kamma, Phassa , Nibbatti Lakkhana.
  • Vinnana: Avijja, Tanha, Kamma, Namarupa , Nibbatti Lakkhana.

15. Das macht dann 25 Faktoren, die beschreiben, wie alles in dieser Welt entsteht. Udayavaya Nana umfasst das Verständnis dieser 25 Faktoren.

  • Es gibt weitere 25 Faktoren, die entweder zur Zerstörung oder zur Verhinderung des Entstehens führen. Wir werden sie in einem zukünftigen Beitrag betrachten.
  • Udayavaya Nana umfasst also insgesamt 50 Faktoren, die alles Wissen über das Entstehen und Vergehen von allem in dieser Welt enthalten. Dazu  gehört auch das Wissen, wie man das Entstehen verhindert (nirodha).
  • Mit dem Udayavaya Nana  begreift man, wie das Leiden entsteht und wie man zukünftiges Leiden verhindert. Ein wichtiger Punkt hierbei ist, dass alles Entstehende (uppada) nicht nur garantiert zerstört wird (bhanga), sondern dass es sich auch während der Existenz unerwartet verändert (viparinama). Das ist die Anicca-Natur.

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