Mahā Cattārisaka Sutta (Diskurs über die Großen Vierzig) – MN 117

Die Maha Cattarisaka Sutta (MN 117) nennt zwei achtfache Pfade: einen weltlichen Pfad, der zu Wiedergeburt in „guten Reichen“ führt (im Menschen-Reich oder höher), und einen edlen achtfachen Pfad, der zu Nibbāna führt.

1. Alle Sutta beschreiben auf die eine oder andere Weise den Weg zu Nibbāna. Es gibt einfach viele Möglichkeiten, den Pfad zu analysieren.

  • In dieser Sutta liegt der Schwerpunkt auf den 20 „guten Faktoren“, von denen 10 zu „guten Wiedergeburten“ und 10 zu Nibbāna führen. Die entgegengesetzten 20 Faktoren lenken einen von Nibbāna weg (wobei man in den vier unteren Reichen bzw. Apāya gefangen ist). Das macht zusammen 40 Faktoren oder die Großen Vierzig.

2. Der Pfad zu Nibbāna wird in Sīla (Tugend), Samādhi (moralische Achtsamkeit) und Paññā (Weisheit) gegliedert.

  • Ohne ein gewisses Maß an Weisheit wird man nicht einmal anfangen, über den Pfad nachzudenken. Es gibt Menschen, die keinen Nutzen in Buddha Dhamma sehen, egal wieviel sie darüber hören oder lesen. Solche Menschen haben keine sansārische Gewohnheit aus früheren Leben mitgebracht, die Gutes in Buddhas Lehre erkennen kann. Ihr Geist ist völlig bedeckt mit der starken Form von Avijjā, die man Mōha nennt (moralisch blind).
  • Daher braucht man ein gewisses Maß an Weisheit (oder Paññā, nicht „Buchwissen“), um „den Pfad zu sehen“. Das „Sehen des Pfades“ meint nicht die Augen. Man sieht den Pfad mit Weisheit.
  • Auf dem weltlichen achtfachen Pfad lautet die richtige Reihenfolge also Sīla, Samādhi, Paññā. Ist das etabliert, beginnt man mit höherem Paññā (mit Verständnis der Tilakkhana) erneut, aber auf dem edlen bzw. lokottara Achtfachen Pfad, d.h. in der Reihenfolge Paññā, Sīla, Samādhi, was letztlich zu Sammā Ñāna und Sammā Vimutti führt (Arahantschaft). Dies sind die 10 Faktoren für Nibbana (die acht Faktoren vom achtfachen Pfad + Samma Nana + Samma Vimutti).
  • Dies wird im Text Von Sīla, Samādhi, Pannā zu Pannā, Sīla, Samādhi besprochen.
  • Es ist ein zyklischer Prozess: Wenn man die erste Runde beendet, beginnt man die nächste Runde mit verbessertem Paññā und kann so „mehr sehen“. Das „Sehen“ endet erst als Arahant. Dann hat man die wahre Natur dieser Welt vollkommen realisiert. Siehe auch Tiparivattaya und 12 Arten von Wissen.

3. Es gibt vier Arten des „Sehens“, was in folgender Reihenfolge verbessert wird: starke Miccā Ditthi und Pāpa Kamma (z.B. Mörder, sehr gierige Menschen, hasserfüllte Menschen), moralische Menschen mit einigen Varianten von Miccā Ditthi (die meisten Menschen gehören zu dieser Kategorie), nach Entfernen von Miccā Ditthi und transzendentes Sammā Ditthi (Verstehen von anicca, dukkha, anatta oder die korrekte Sichtweise für das Erreichen von Nibbāna).

Wenn der Geist völlig verunreinigt ist (Mōha), hat man wahrscheinlich alle oder zumindest einige der 10 Miccā Ditthi:

  • Geben/Großzügigkeit (Dana) bringt keine Verdienste.
  • Rückzahlen von Schulden macht keinen Sinn (für das, was andere für einen getan haben).
  • Respekt gegenüber Edlen (Ariya) und Yogis mit Abhinna-Kräften bringt nichts ein.
  • Kamma Vipaka existiert nicht bzw. die Dinge „geschehen einfach so“.
  • Diese Welt existiert nicht.
  • Paralowa bzw. die Welt der Gandhabba existiert nicht.
  • Mutter ist keine besondere Person.
  • Vater ist keine besondere Person.
  • Es gibt keine Opapatika-Geburten in anderen Reichen (sofortige Geburt mit vollständigem Körper).
  • Es gibt keine Edlen und keine Yogis, die vergangene Leben und Paralowa sehen können.

4. Die 10 falschen Handlungen (Dasa Akusala), die zum Untergang eines Menschen beitragen (akusala Kamma), sind das Ergebnis der obigen 10 falschen Sichtweisen.

  • Man sieht nicht die Konsequenzen von unmoralischen Gedanken und Absichten (Miccā Sankappa) in drei Kategorien: sinnliche Lust (Kāmaccanda), Bosheit (Vyāpāda), Gewalt (Himsā).
  • Daher wird man 4 Arten von Micca Vaca bzw. falscher Rede äußern: lügen (musāvāda), verleumden (pisunāvācā), harte Sprache (parusāvācā) und leere Rede (sampappalāpa).
  • Und man wird drei Arten unmoralischer körperlicher Taten tun (Micca Kammanta): töten von Lebewesen (Pānātipātā), nehmen was nicht gegeben wurde (Adinnādānā), sexuelles Fehlverhalten und andere extreme sinnliche Aktivitäten (Kāmēsu Miccācārā).

5. Je mehr man diese 10 verunreinigten Handlungen durch Geist, Sprache und Körper ausführt, desto stärker ist man von den 10 Miccā Ditthi überzeugt. So gelangt man auf den Abwärtspfad mit den 10 schlechten Pfadfaktoren.

  • Man führt ein unmoralisches Leben (Micca Ajiva), strengt sich dabei auch noch an (Micca Vayama), baut eine passende falsche Denkweise auf (Micca Sati) und verfestigt diese Geisteshaltung (Micca Samādhi).
  • Dies wiederum stärkt Miccā Ditthi, Miccā Sankappa, Miccā Vācā, Miccā Kammanta.
  • Und so geht es weiter und weiter und erzeugt eine Abwärtsspirale.

6. Daher bringen einen diese beiden Mengen von je 10 Faktoren (Micca Ditthi + schlechte Pfadfaktoren) in die falsche Richtung und zu unvorstellbarem Leiden in zukünftigen Leben. Es wird auch sehr schwierig sein, sich davon zu lösen.

  • Gelegentliche freundliche oder wohltätige Handlungen können aber den Geist für die Wahrheit öffnen. Dies ist sicherlich der Grund für die Reihenfolge Sīla, Samādhi, Paññā.

7. Wenn man Miccā Ditthi immer mehr entfernt, gelangt man zu Sammā Ditthi, was einfach bedeutet, dass man diese 10 Miccā Ditthi nicht mehr hat.

  • Sobald man die 10 Miccā Ditthi los ist, kann man beginnen, Anicca, Dukkha, Anatta zu verstehen. Natürlich braucht man die korrekte Bedeutung dieser Begriffe.

8. Das Sutta erklärt, dass es zwei Arten von Sammā Ditthi gibt: weltlich (lōkiya) und transzendent (lōkōttara). Zunächst sieht man die Gefahren der Miccā Ditthi (und den damit verbundenen unmoralischen Taten) und beginnt, sich dem weltlichen Sammā Ditthi zuzuwenden: Man sieht, dass die Dinge aus bestimmten Gründen geschehen, dass man durch unmoralische Taten in schlechte Situationen und zu schlechten Geburten kommt. Man ist motiviert, moralisch zu handeln und gute Wiedergeburten anzustreben. Jetzt hat man nicht mehr Mōha, sondern nur Avijjā.

  • So fängt man an, moralisch zu denken (Sammā Sankappa), moralisch zu sprechen (Sammā Vācā) und sich unmoralischer Taten zu enthalten (Sammā Kammanta).
  • So setzt man sein Leben auf eine moralische Grundlage (Sammā Ajiva), bemüht sich bei solchen Aktivitäten (Sammā Vāyāma), achtet auf moralische Denkweise (Sammā Sati) und verfestigt diese Geisteshaltung (Sammā Samādhi).
  • Diese acht Faktoren bilden den weltlichen Achtfachen Pfad. Man macht damit Fortschritte hin zu „guten Wiedergeburten“.

9. Der Teil der Dasa Akusala, die man mit dem Körper (töten, stehlen, extreme Sinnesvergnügen) und der Sprache (lügen, verleumden, harte Sprache, leere Rede) ausführt, werden auf dem weltlichen Achtfachen Pfad angegangen.

10. Dann werden Einige auf dem weltlichen Achtfachen Pfad die einzigartige Botschaft des Buddha erkennen, die besagt, dass man NIEMALS dauerhaftes Glück in dieser Welt (lōkiya) finden kann.

  • Dies liegt daran, dass man trotz moralischen Handelns in diesem Leben in zukünftigen Leben nicht frei von den Apāyas ist. Wir haben keine Ahnung, unter welchen Umständen wir im nächsten Leben geboren werden, auch wenn es ein Menschenleben ist.

11. Solange man nicht Sōtapanna ist, ist es auch unvermeidlich, dass man in der Zukunft in den Apāyas geboren wird. Man mag aufgrund der eigenen moralischen Taten in diesem Leben für eine lange Zeit im Menschen- oder Deva-Reich verbringen, aber wenn diese „gute Energie“ einmal verbraucht ist, werden schlechte Kamma-Samen unvermeidlich zum Zug kommen.

  • Solange wir also irgendwo in diesen 31 Reichen geboren werden, ist Dukkha letztendlich unvermeidlich.
  • Daher ist es unfruchtbar, nach weltlichem Glück im Menschen-, Dēva- oder Brahma-Reich zu streben. Auf lange Sicht wird keine dieser Geburten dauerhaftes Glück einbringen. Wir können auf Dauer nirgendwo irgendetwas zu unserer Zufriedenheit aufrechterhalten. Das bedeutet anicca und sofort auch anatta. Denn es gibt keinen Platz in der ganzen Welt mit 31 Reichen, wo man Zuflucht finden könnte und damit ist man hilflos.

12. Die Verwirklichung dieser drei Eigenschaften (Anicca, Dukkha, Anatta) dieser Welt ist der Punkt, an dem man lōkōttara Sammā Ditthi erfasst.

  • Dann beginnt man darüber nachzudenken (Sammā Sankappa), wie das Leiden FÜR IMMER beseitigt werden kann. Jetzt ist man nicht nur daran interessiert, „gute Wiedergeburten“ zu suchen, denn man weiß um die Sinnlosigkeit solcher Bemühungen. Das ist lōkōttara Sammā Sankappa.
  • Man hört auf, unmoralisch zu sprechen (Sammā Vācā) und verzichtet auf unmoralische Taten (Sammā Kammanta), weil man weiß, dass es sinnlos ist, diese Dinge zu tun. Also wird es zu lōkōttara Sammā Vācā und lōkōttara Sammā Kammanta.
  • Diese wiederum erzeugt lōkōttara Sammā Ājiva, Sammā Vāyāma, Sammā Sati, Sammā Samādhi.
  • Diese acht Faktoren bilden den Edlen Achtfachen Pfad, der schrittweise zu Nibbāna führt.
  • Avijjā wird ab der Sōtapanna-Stufe geschwächt und auf der Arahant-Stufe vollständig entfernt. Gleichzeitig wächst Weisheit (Paññā) bis zur Arahant-Stufe.

13. Die Einzigartigkeit von Buddha Dhamma liegt im Edlen Achtfachen Pfad (lōkōttara). Andere Religionen konzentrieren sich auf das „moralische Leben“ (für „ewige Glückseligkeit im Himmel“). Dies und mehr ist schon im weltlichen Achtfachen Pfad enthalten.

  • Buddha Dhamma aber sagt, dass ein moralisches Leben nicht ausreicht, um dauerhaftes Glück zu erlangen (denn auch der „Himmel“ ist nach Buddha Dhamma nicht dauerhaft). Letztendlich müssen alle Wünsche nach weltlichen Dingen aufgegeben werden.
  • Aber die Geisteshaltung Nibbāna zu suchen, indem man „alle Wünsche nach weltlichen Dingen aufgibt“, ist erst möglich, wenn man auf dem weltlichen Pfad Fortschritte macht. Der Geist muss zu einem gewissen Grad gereinigt werden, um die Sinnlosigkeit der Existenz irgendwo in den 31 Reichen zu erkennen.
  • Während des größten Teils der jüngsten Vergangenheit war der echte Lōkōttara-Pfad zusammen mit der wahren Natur der Welt verborgen. Die wahre Bedeutung von Anicca, Dukkha, Anatta war verschüttet. So haben die meisten Menschen den weltlichen Pfad praktiziert. Mit dem weltlichen Pfad kann man sich auch besser identifizieren, denn die Konzepte sind uns bereits bekannt.
  • Aber wie der Buddha sagte, war sein Dhamma „der Welt zuvor nicht bekannt…“, wie in der Dhamma Cakka Pavattana Sutta betont: „pubbe ananussutesu dhammesu…“.

14. Zusammenfassend sind die vierzig Faktoren vorhanden, da es vier Pfade mit jeweils 10 Faktoren gibt. Da sind zwei falsche Pfade: einer mit den 10 Micca Ditthi und einer mit unmoralischem Verhalten bzw. den 10 schlechten Pfadfaktoren. Auf der heilsamen Seite gibt es zwei „gute Pfade“: einer ohne die 10 Miccā Ditthi und einer mit Verstehen der Tilakkhana, was die 10 guten Pfadfaktoren bedeutet.

  • Die 10 Pfadfaktoren auf dem Edlen Pfad sind: Sammā Ditthi, Sammā Sankappa, Sammā Vācā, Sammā Kammanta, Sammā Ājiva, Sammā Vāyāma, Sammā Sati, Sammā Samādhi, Sammā Ñāna, Sammā Vimutti (und damit Arahantschaft).
  • Gegen Ende der Sutta sagt der Buddha: Iti kho, bhikkhave, aṭṭhaṅ­ga­saman­nā­gato sekkho, dasaṅ­ga­saman­nā­gato arahā hoti.. Übersetzt: Bhikkhus, der Pfad des Schülers in der höheren Ausbildung (Sōtapanna, Sakadāgāmi, Anāgāmi) umfasst acht Faktoren, der Arahant aber besitzt zehn Faktoren“.
  • Die anderen drei Pfade haben entsprechende 10 Faktoren, die zu guten oder schlechten Ergebnissen führen, aber keine dauerhafte Lösung bieten. Natürlich bedeuten die schlechten Faktoren unvorstellbares Leid.

15. Die Pali-Version der Sutta – sowie Übersetzungen in mehrere Sprachen – finden sich unter Mahā Cattārīsaka Sutta.

  • Diese Übersetzungen sind jedoch nicht vollständig. Insbesondere wird die Unterscheidung zwischen den beiden Arten von Sam Ditthi und zwei Arten von Achtfachen Pfaden nicht erörtert, da die meisten Menschen heutzutage die Wichtigkeit oder die korrekte Interpretation der Tilakkhana nicht verstehen.

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