Gefühle: Sukha, Dukha, Somanassa, Domanassa

In diesem Text betrachten wir eine wichtige Klassifizierung von Vedanā, je nachdem, ob sie aufgrund von Kamma Vipāka oder aufgrund von verunreinigten Gedanken (Sankhara) entstehen.

1. Dies ist eine Fortsetzung zum Text Vedanā (Gefühle).

  • Wir können bestimmte Kamma Vipāka vermeiden, indem wir geeignete Bedingungen dafür unterbinden. Aber einige starke Vipaka sind kaum zu vermeiden. Siehe Was ist Kamma? – Wird alles durch Kamma bestimmt?. Allerdings sind Gefühle (gute und schlechte), die aufgrund von Sankhara entstehen, völlig vermeidbar. Arahants sind vollkommen frei davon.

2. Betrachten wir zunächst die Gefühle, welche durch den physischen Körper wahrnehmbar sind.

  • Sukha Vedanā entstehen im Körper beim Komfort in einem luxuriösen Bett, bei einer Massage, bei Streicheleinheiten … letztlich alles Angenehme über den Körper (Kaya) wahrgenommen.
  • Dann gibt es noch Dukha Vedanā: durch Verletzungen am Körper, durch Kopfschmerzen, durch Hören ohrenbetäubender Töne (die starken Druck in der Ohrmuschel ausüben) etc.
  • Diese beiden Arten von Vedanā entstehen aufgrund von Kamma Vipāka. Arahants fühlen das auch. Sukha Vedanā entstehen durch kusala Kamma Vipāka (gute Taten in der Vergangenheit) und Dukha Vedanā entstehen durch akusala Kamma Vipāka (schlechte Taten in der Vergangenheit).
  • Diese Sukha und Dukha Vedanā gibt es vor allem in Kama Loka, wo die dichten Körper der Wesen genug Möglichkeiten für Vipaka bieten. Insbesondere existiert Dukha Vedanā vor allem in den unteren fünf Reichen (einschließlich Menschen-Reich) als Kamma Vipāka. Allerdings entstehen die schlimmsten Arten von Dukha Vedanā in den untersten vier Reichen (Apāyā). Daher sagt man, dass ein Sotapanna das schlimmste Leiden überwunden hat.
  • In Deva Loka gibt es überwiegend Sukha Vedanā aufgrund guter Kamma Vipāka. Ein Sakadagami wird nicht mehr im Menschen-Reich oder darunter geboren und ist deshalb „für immer gesund“.
  • Im Rupa Loka und Arupa Loka erleben die Wesen hauptsächlich jhānische Vergnügen. So ist ein Anagami, der nie wieder in Kama Loka geboren wird, „für immer friedlich“.

3. Einige vom Körper wahrgenommene Vipāka Vedanā sind neutral. Darüber hinaus sind alle Vipāka Vedanā durch die anderen vier physischen Sinne kommend immer neutral: adhukkhama asukha Vedanā (ohne schmerzhaft oder erfreulich zu sein, nur neutral), allgemein Upekkha Vedanā genannt.

  • Diese adhukkhama asukha oder Upekkha Vedanā  sind die wahre Realität der Erfahrung. Vedanā kommt von + dana, was bedeutet „veema  danaveema“ (වීම දැනවීම) in Singhalesisch. Wenn wir etwas über die sechs Sinne wahrnehmen, werden wir uns dessen bewusst, d.h. ein Bild sehen, einen Ton hören, etc. Das ist Vedanā.
  • So führt beispielsweise das Sehen einer Person X zunächst nur zu Upekkha Vedanā für JEDERMANN.

4. Jedoch könnte der Sinneseindruck innerhalb eines Sekundenbruchteils nach dem Sehen zu angenehmen (somanassa) oder unangenehmen (domanassa) Gefühlen führen. Abhängig davon, was man sieht, erzeugt man dann dem Gathi entsprechende Gefühle. Sieht man sein Kind, erzeugt man Somanassa Vedana. Sieht man hingegen einen Feind, erzeugt man Domanassa Vedanā.

  • Auf der anderen Seite würde man ohne passendes Gathi für den Sinneseindruck keine vom Geist gemachten Somanassa oder Domanassa Vedanā erleben. Das wäre dann die Wirklichkeit wie oben in # 3 erwähnt.
  • Somanassa und Domanassa Vedanā sind also vom Geist gemacht und entstehen als Mano Sankhara. Diese Sankhara basieren auf Gathi und Asava.
  • Ein Arahant hat keine Anhaftung an Rupa (positiv oder negativ) und erzeugt somit nicht diese Geist gemachten Gefühle. Das ist ein wichtiger Punkt für die Vipassana-Meditation.

5. Sukha und Dukha Vedanā können zu Somanassa und Domanassa Vedanā führen. Wenn man z.B. Kopfschmerzen hat (Kamma Vipāka), kann man sein Leiden noch verstärken, indem man darüber lamentiert, wie lange das wohl wieder dauert und dass man nicht zur Party am Abend gehen kann. Das sind Domanassa Vedanā aufgrund von anfänglichen Dukha Vedanā (Kopfschmerzen).

  • Wenn man ein leckeres Stück Kuchen isst (gutes Vipāka Vedanā), könnte man darüber nachdenken, später selbst solchen Kuchen zu kaufen und ihn seinen Gästen anzubieten. Das verursacht Somanassa Vedanā.

6. Basierend auf den drei Arten von Vipaka Vedanā (sukha, dukha, upekkha) kann man ZUSÄTZLICH zwei Arten von Vedanā (somanassa, domanassa) kreieren, je nach Asava und Gathi der Person.

  • Meistens fühlen wir diese mit Sankhara gemachten zwei Arten von Gefühl: Somanassa Vedanā und Domanassa Vedanā. Diese Sankhara erschaffen auch Bhava (durch Denken, Sprechen, Handeln), was wiederum zu Kamma Vipāka im aktuellen oder in zukünftigen Leben führt.
  • Wiedergeburt erzeugt man mit Abhisankhara und so wird der Kreislauf der Wiedergeburten aufrechterhalten. Deshalb heißt es Sansara (san + sara, mit sara = ‚gut‘), d.h. man nimmt Sankhara als „gut“ wahr.

7. Dukkha Sacca (die Erste Edle Wahrheit) bedeutet also nicht, dass wir Dukha Vedanā  eliminieren können, die im physischen Körper entstehen. Das sind Kamma Vipāka, die immer wieder zur Wirkung kommen, bis man den physischen Körper loswird.

  • Durch schrittweise Reduzierung der Sankhara (mit einem besseren Verständnis von Buddha Dhamma), können wir neue Sankhara frühzeitig stoppen bzw. das Entstehen komplett unterbinden und damit zukünftiges Leiden beseitigen. Das ist der Schlüssel zu Dukkha Sacca. Diese Sankhara nennt man auch Assāda.

8. Wir können schlechtes Vipaka aus der Vergangenheit reduzieren, indem wir „Strategien“ anwenden (Upakrama).

  • Man muss achtsam handeln und Bedingungen für schlechtes Kamma Vipāka unterbinden. Siehe Was ist Kamma? – Wird alles durch Kamma bestimmt? und Annantara Samanantara Paccaya.
  • Wenn Kamma Vipāka bereits begonnen hat, seine Wirkung zu zeigen (z.B. wenn man herausfindet, dass man Krebs hat), dann kann man daran arbeiten, die Bedingungen dafür abzuschwächen, indem man eine gegenläufige „Strategie“ anwendet: seine Ernährungsgewohnheiten ändern oder seinen Lebensstil anpassen, sodass der Krebs sich nicht weiter ausbreiten kann. Man schafft damit Bedingungen für entgegengesetztes gutes Kamma Vipāka. Wenn man sich nicht anstrengt und aufgibt, nimmt das schlechte Kamma Vipāka seinen Lauf und man stirbt nach kurzer Zeit.

9. Jeder physische Körper ist so konzipiert, dass passendes gutes und/oder schlechtes Kamma Vipāka vermittelt werden kann, was wiederum zum Kamma-Samen passt, der zur Geburt führte.

  • Zum Beispiel kann ein Tier kaum „Strategien“ (Upakrama) umsetzen, um Kamma Vipāka zu vermeiden. Das Tier kann kaum etwas gegen Verletzungen tun (außer lecken).
  • Einige Tiere haben eingebaute Vorkehrungen zum Überleben, aber sie können diese nicht verbessern. Vögel wissen instinktiv ein Nest zu bauen, aber das „Nest Design“ ändert sich für Millionen Jahre nicht. Baby-Schildkröten finden den Weg zum Meer und starten nur Minuten nach dem Schlüpfen in die richtige Richtung.
  • Tiere sind auch nicht in der Lage starkes gutes oder schlechtes Kamma zu tun. Auch wenn viele Raubtiere andere Tiere töten, wird das nicht mit Gier oder Hass getan, sondern nur zum Überleben. In der Abhidhamma-Sprache erzeugen sie meist Upekkha Sahagata Citta und diese enthalten wenig Javana (Energie/Kraft).
  • Damit können Tiere nicht viel gutes oder schlechtes Kamma akkumulieren. Auch können sie sich nicht dem Bhava entziehen, da ihr Geist nicht dazu in der Lage ist und sie ggf. andere Tiere zum eigenen Überleben töten müssen. Wenn sie hingegen ein „gutes Leben“ (z.B. als Mensch) bekommen, was sehr selten ist, dann basiert das auf gutem Kamma in einem früheren „guten Leben“.
  • Aber nicht alle Tiere sind gleich. Diese „höheren“ Tiere wie Affen können ein gewisses Kamma ansammeln, die „niederen“ Tiere wie Würmer dagegen kaum. Katzen und Hunde liegen irgendwo dazwischen.

10. Die Wirksamkeit menschlicher Sankhara kommt von der Fähigkeit des Menschen, sowohl Somanassa Sahagata Citta (Gedanken mit Freude) für kusala als auch für akusala Kamma zu generieren. Die Javana dieser Citta ist sehr hoch.

  • Tut man also eine gute Tat mit Freude, bringt das viel mehr Vorteile. Handelt man nur mit neutralen Gefühlen, ist die Wirkung schwächer, d.h. man handelt mit  Upekkha Sahagata Citta.
  • Noch stärkere Javana Citta entstehen, wenn man gute Taten mit Wissen tut, d.h. mit Wissen, dass es zu guten Ergebnissen führt und warum. Man kann also richtig von falsch unterscheiden.
  • Aber die stärksten Javana Citta entstehen mit dem Verständnis der Anicca-Natur, d.h. mit Somanassa Sahagata Nana Sampayutta Citta. Panna (oder Nana) kommt aus einem Verständnis, das tiefer geht als nur die Unterscheidung von richtig oder falsch.
  • Es funktioniert auch anders herum für schlechte Taten: die stärkste Javana (mit hoher kammischer Kraft, die zu Wiedergeburt in den Apāyā führt) erzeugt man mit Somanassa Sahagata Ditthi Sampayutta Citta, d.h. Gedanken mit Freude und falscher Sichtweise. Jemand, der mordet und das genießt, tut das mit Ditthi. Die schlimmen Folgen der Tat werden nicht gesehen.
  • Wenn jemand aber aus Wut mordet, tut die Person das mit Abneigung und Unlust, d.h. mit Domanassa Sahagata Patigha Sampyutta Citta.

11. Betrachten wir nun die Konsequenzen von Sankhara in diesem Leben. Angenommen ein Teenager steht in Verbindung mit schlechten Freunden und beginnt Alkohol zu trinken. Anfangs mag er nicht den Geschmack von Bier, d.h. er fühlt Domanassa Vedanā beim Trinken. Aber mit dem Beharren der Freunde trinkt er trotzdem.

  • Dann macht der Teenager eine Gewohnheit daraus (Gathi) und beginnt den Geschmack als Somanassa Vedanā wahrzunehmen. Er startet auch mit Sankhara über das Trinken. Auch während er bei den Hausaufgaben sitzt, denkt er plötzlich an die nächste Party, wo er trinken kann, welche Art von Getränk es sein wird, usw.
  • Natürlich generiert er Somanassa Vedanā beim Gedanken an Bier (Mano Sankhara). Jetzt führt der PS-Schritt Sankhara paccayā Viññāna zu einem neuen Viññāna über „Trinken“. Je mehr er über das Thema und alles damit in Verbindung stehende nachdenkt, desto mehr Somanassa Vedanā entstehen und Viññāna bzw. Nāmarupa wachsen. Die Gewohnheit wird gestärkt.

12. Geistige Phänomene sind komplex. Aber mit dem angesammelten Hintergrundwissen können wir einige der Ursachen und mögliche Auswirkungen herausfiltern. Es gibt keine Notwendigkeit, all diese Begriffe auswendig zu lernen. Sie prägen sich ein, wenn man kontempliert und die eigene Erfahrung sortiert.

Fassen wir zusammen: Sukha und Dukha Vedanā entstehen durch Kamma Vipāka. Somanassa und Domanassa Vedanā entstehen aufgrund von Sankhara, die wiederum durch unsere Gathi und Asava entstehen. Je mehr Sankhara wir tun, desto stärker wird das Gathi (Gewohnheit), was wiederum als Asava (Verlangen) den Treibstoff für die sansārische Reise liefert (Wiedergeburtsprozess). Dieser Teufelskreis kann nur durch das Verständnis der Anicca-Natur dieser Welt durchbrochen werden.

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