1. Das Erfassen des Grundkonzepts hier kann viele akusala Kamma verhindern und auch die Kraft von punna Kamma steigern. Darüberhinaus zeigt es die Konsistenz und universelle Anwendbarkeit von Buddha Dhamma.
2. Die Wirksamkeit eines Kamma (gut oder schlecht) hängt von zwei Schlüsselfaktoren ab.
- Jede körperliche Tat und auch Sprache beginnt als „Gedanke“. Ein Citta dauert nur einen Sekundenbruchteil. Einzelne schnelle Citta nehmen wir nicht bewusst wahr. Von Zeit zu Zeit bleibt aber ein Citta-Ausbruch auf einem bestimmten Objekt lange genug bestehen, um sich als „Gedanke“ zu zeigen. Dann denken wir bewusst darüber nach und treffen ggf. Entscheidungen.
- Geht man zum Beispiel in die Küche, um sich einen Tee zu machen, taucht die Wahrnehmung von „Tee trinken“ auf. In Wirklichkeit ist dieser Gedanke auf Milliarden Citta zurückzuführen. Die anfängliche vage Idee „Tee trinken“, wird von sehr schnellen und zahlreichen Cittas aufgebaut, bis man aufsteht und geradezu zwanghaft zur Küche geht.
3. Die meisten „anfänglichen Gedanken“ bauen sich nicht zu starken Gedanken auf, sodass wir uns nicht physisch bewegen oder sprechen. Ist der „Impuls des Gedanken“ (Javana) nicht stark genug, ignoriert man ihn.
- Wenn man darüber nachdenkt, stellt man fest, dass uns Millionen von Gedanken jeden Tag durch den Kopf gehen. Wenn wir mit dem Bus fahren und aus dem Fenster sehen, ziehen Millionen Dinge vorüber und jedes Gesehene ist ein Gedanke. Das Meiste vergessen wir sofort wieder.
- Auf der anderen Seite veranlassen uns bestimmte Sinneseindrücke zum augenblicklichen Handeln oder Sprechen. Manchmal bleiben wir einfach in diesem Gedankenstrom hängen: Manche Leute lachen laut, wenn sie nur an ein glückliches Ereignis denken. Wenn ein Gedanke über eine verhasste Person in den Sinn kommt, wird das Gesicht dunkel und die Muskeln sind angespannt.
- Eine Mutter, die ihr Kind schreien hört, wird buchstäblich sofort aus der Sitzposition gehoben: sie hört das Schreien in einer Reihe von Citta Vithi, die durch die Ohrtür initiiert werden (sotadvara). Anschließend laufen innerhalb von Sekundenbruchteilen Millionen von „Geisttür“-Citta Vithi um zu erkennen, dass es sich um Weinen (als Geräusch) handelt und dass es vom eigenen Kind stammt. Es folgen Millionen weiterer Citta Vithi zur Analyse, was das Problem sein könnte, und dann kommen weitere Citta Vithi, um aufzustehen und hinzugehen. All dies geschieht automatisch in Sekundenbruchteilen.
4. Nicht alle Gedanken zu einem Gedankenobjekt haben die gleiche kammische Kraft.
- Wenn einige Insekten getötet werden, während man auf dem Boden läuft oder das Haus putzt, hat dies keine kammischen Folgen, weil die Handlungen nicht mit der Absicht getan werden, Lebewesen zu töten.
- Wie wir weiter unten sehen, tragen verschiedene Dinge zur kammischen Kraft bei: die Absicht, welches Wissen sich hinter der Absicht verbirgt und ob man enthusiastisch handelt oder nicht.
5. Betrachten wir ein Beispiel. Angenommen, eine Person weiß nicht, dass Diebstahl eine schlechte Sache ist und schlechte Folgen hat. Sie stiehlt etwas in einem Geschäft. Da die Person das mit falscher Sichtweise tut (Micchā Ditthi), fühlt sie keine Reue für die Tat. Somit ist die Kamma-Wirkung recht hoch.
- Geschieht der Diebstahl auf Drängen einer anderen Person, hat es weniger starke kammische Folgen. Da die Person es nicht aus Eigeninteresse tut, ist Javana bzw. die Impulskraft der Citta weniger stark.
- Nur wenn die Person aus eigener Gier und bewusst handelt, um das Diebesgut selbst zu genießen, ist die Kamma-Wirkung am stärksten.
6. Ein Diebstahl kann also verschiedene kammische Wirkungen haben:
- Wenn mit falscher Sichtweise, mit Vergnügen und ohne Aufforderung getan, wird die höchste Stärke erreicht. Das ist das stärkste akusala Kamma.
- Wenn mit falscher Sichtweise, mit Vergnügen und mit Aufforderung getan, wird die zweithöchste Stärke erreicht.
- Wenn mit falscher Sichtweise, mit neutralem Gefühl und ohne Aufforderung getan, wird die dritthöchste Stärke erreicht.
- Wenn mit falscher Sichtweise, mit neutralem Gefühl und mit Aufforderung getan, wird die vierthöchste Stärke erreicht.
In den nächsten vier Fällen wird der Diebstahl von einer Person begangen, die um die schlechten Folgen dieser Tat weiß. Sie wird die Tat mit weniger Enthusiasmus ausführen und die Javana-Kraft wird daher geringer sein:
- Wenn OHNE falsche Sichtweise, mit Vergnügen und ohne Aufforderung getan, wird die fünfthöchste Stärke erreicht.
- Wenn OHNE falsche Sichtweise, mit Vergnügen und mit Aufforderung getan, wird die sechsthöchste Stärke erreicht.
- Wenn OHNE falsche Sichtweise, mit neutralem Gefühl und ohne Aufforderung getan, wird die siebthöchste Stärke erreicht.
- Wenn OHNE falsche Sichtweise, mit neutralem Gefühl und mit Aufforderung getan, wird die achthöchste Stärke erreicht. Dies ist also das schwächste akusala Kamma.
7. Somit wird klar, dass schon einfaches Verständnis des Dhamma (dass es unfruchtbar ist, irgendetwas auf Kosten anderer Wesen zu erlangen) die kammische Wirkung automatisch reduziert. Aber dieses „Wissen“ ist nicht Buchwissen. Der Geist muss es wirklich begreifen.
8. Die gleiche Argumentation gilt für verdienstvolle Taten (punna Kamma). Es gibt acht Stufen, je nachdem, ob man verdienstvoll mit / ohne Wissen, mit Freude / mit neutralem Gefühl und ohne / mit Aufforderung handelt. Nehmen wir als Beispiel eine Spende für den Bau eines Obdachlosenheims.
- Wird dieses punna Kamma (verdienstvolle Tat) mit korrekter Sichtweise, mit Vergnügen und ohne Aufforderung getan, bringt es höchste Verdienste.
- Tut man das gleiche punna Kamma mit falscher Sichtweise, mit neutralem Gefühl und mit Aufforderung, wird der Verdienst am geringsten sein.
- Die Zwischenstufen sind analog zu den akusala Kamma oben.
9. Betrachten wir, wie sich diese Kategorien in der realen Welt auswirken, wenn ein Obdachlosenheim gebaut werden soll:
- Wenn jemand den Wert des Gebens versteht, es aus Freundlichkeit für die Obdachlosen tut, ohne etwas dafür im Gegenzug zu wollen, wird es mit Wissen getan. Dann wird auch keine Aufforderung nötig sein. Das Herz ist erfreut, denn man bewirkt etwas für das Leben vieler Menschen. Dies ist höchster Verdienst.
- Wenn eine andere Person die gleiche Tat vollbringt, aber anfangs von anderen aufgefordert werden muss bzw. sich selbst erst einen Ruck geben muss, wird die Tat nicht spontan getan und hat weniger Javana im Denkprozess.
- Diese beiden Szenarien ohne Freude getan, hätten noch weniger Javana. Zum Beispiel stellt jemand nur einen Scheck aus oder überweist Geld und denkt dann nicht weiter darüber nach. In den beiden ersteren Fällen bleibt die Person möglicherweise mit dem Bau des Obdachlosenheims beschäftigt und freut sich immer wieder über den Fortschritt.
- Nun kann man diese vier Fälle oben für eine Person durchdenken, welche die wahren Auswirkungen dieser Handlung nicht versteht. Die Kamma-Wirkung ist entsprechend reduziert. So kann eine Person ohne Verständnis für kammische Folgen einfach einen Scheck aus der Not heraus ausstellen, vielleicht sogar mit der Absicht, ein paar Wählerstimmen zu bekommen (für die eigene politische Karriere). Das hat natürlich den geringsten Verdienst.
- Das Verstehen des Dhamma (die wahre Natur dieser Welt) führt zu spontanen verdienstvollen Taten mit freudigem Herz. Dies stärkt Saddha (wahrer Glaube), Citta Pasāda (Freude/Ruhe) und Adhimokkha (Entschlossenheit), was wiederum Javana maximiert. Adhimokkha ist ein Schlüsselfaktor im Kusala-Mula Paticca Samuppada. Siehe auch Javana eines Citta – Wurzel der geistigen Kraft für eine tiefere Analyse.