Was ist das einzige Akusala, was ein Sotapanna entfernt hat?

Von den Dasa Akusala wird nur Micca Ditthi vollständig auf der Sotapanna-Stufe beseitigt. Aber Ditthis sind für mehr als 99% aller Akusala (Verunreinigungen) verantwortlich. Auch wird die apayagami-Stärke der anderen neun akusala Kamma ebenfalls entfernt.

  • Dies verdeutlicht die Bedeutung der Beseitigung von Micca Ditthi.
  • Einige Leute denken, ein Sotapanna sei unfähig, die fünf Gebote zu brechen. Das basiert auf der falschen Übersetzung der Gihisutta (AN 5,179). Der entsprechende Vers lautet: „..ariyasāvako pāṇātipātā paṭiviratō hoti, adinnādānā paṭiviratō hoti, kāmesu­micchā­cārā paṭiviratō hoti, musāvādā paṭiviratō hoti, surā­meraya­majja­pa­mā­daṭṭhānā paṭiviratō hōti„.
  • Doch paṭiviratō hoti bedeutet nicht „enthält sich“, wie oft übersetzt. Es bedeutet, „tut es nicht mit Vorliebe“. Ein Sotapanna wird unter bestimmten Bedingungen die fünf Gebote brechen. Nur ein Arahant hält sie absolut ein bzw. handelt nicht mit einem der Dasa Akusala.

1. Die Nakhasikhāsutta SN13.1 beschreibt die unvorstellbar große Menge an Verunreinigungen (und damit zukünftiges Leid und Stress), die ein Sotapanna im Vergleich zu einem normalen Menschen entfernt hat.

  • Einmal nahm der Buddha ein wenig Erde mit der Spitze seines Fingernagels auf und fragte die Bhikkhus: „Was denkt ihr, Bhikkhus? Was ist größer: die Erde auf meiner Fingerspitze oder der Boden der gesamten Welt?“.
  • Natürlich antworteten die Bhikkhus, dass der Boden der gesamten Welt weit mehr ist als das bisschen Erde auf dem Fingernagel.
  • Dann sagte der Buddha, dass die Menge an Verunreinigungen, die ein Sotapanna entfernt hat, der Erdmasse der ganzen Welt entspricht, während die Menge, die noch übrig ist, dem bisschen Erde auf dem Fingernagel vergleichbar ist.
  • Entsprechend ist das mögliche Leiden für einen Sotapanna in den kommenden Wiedergeburten (innerhalb von maximal sieben Bhava) vernachlässigbar klein.

2. Ein weiterer Vergleich wird in der Sineru Sutta des Samyutta Nikāya gegeben. Es wird gesagt, dass „die Menge des Leidens für einen Sotapanna sieben Sandkörnern auf dem Gipfel des Berges Sineru entspricht, wenn die Menge des Leidens für einen Weltling dem gesamten Sand im Berg entspricht“.

  • Dies ist logisch, denn das Leiden in einer Niraya ist endlos und eine Geburt bringt ein hohes Niveau an Leid im Vergleich zu Tausenden oder Millionen Geburten im Menschen-Reich oder höher.
  • Ein Sotapanna wird nicht mehr in den vier untersten Reichen wiedergeboren und nur noch maximal sieben Bhava in Sansara verbleiben, und das im Menschen-Reich oder höher.

3. Manche neigen dazu zu glauben, die Sotapanna-Stufe erfordert das Erreichen von Jhanas, irgendwelche Abhinna-Kräfte, das Loswerden der „Ich“-Wahrnehmung, usw. Nichts davon ist erforderlich für die Sotapanna-Stufe.

  • Aber zumindest muss man doch die Hälfte der Dasa Akusala loswerden? Nein. Nur eines der Dasa Akusala wird von einem Sotapanna entfernt: niyata micca ditthi. Allerdings wird dabei die apayagami-Stärke der anderen Dasa Akusala entfernt. Insbesondere werden Abhijja (lobha) zu Raga reduziert und Vyapada (dosa) wird zu Patigha. Siehe  Lobha, Dosa, Moha und Raga, Patigha, Avijja.
  • Ein Sotapanna erreicht dassanēna pahātabba bzw. „Beseitigung von Verunreinigungen durch korrekte Sichtweise“. Er/sie hat mit dem Entfernen von Micca Ditthi eine unvorstellbar große Menge von Verunreinigungen entfernt (keles oder kilesa oder klesha). Gleichzeitig hat er/sie die erste Stufe von Samma Ditthi erreicht, d.h. Wissen über die wahre Natur dieser Welt mit 31 Reichen. Siehe auch Apayagami Citta vermeiden.

4. Dies ist ein kritischer Punkt: eine unvorstellbar große Menge an Verunreinigungen wird zusammen mit Micca Ditthi entfernt. Viele kümmern sich zu sehr um Verunreinigungen, die mit dem Körper oder der Sprache getan werden. Sie haben Angst davor, ein Insekt aus Versehen zu töten oder eine „Notlüge“ auszusprechen. Natürlich sollte man auch das vermeiden, denn moralisches Verhalten (Rede und Taten) sind Voraussetzung für die Reinigung des Geistes.

5. Wir sind damit beim Kern der Sache angekommen: Wie entfernt man niyata  Micca Ditthi (etablierte falsche Sichtweisen)?

  • Eine vollständige Beseitigung von niyata Micca Ditthi  erfordert das Verständnis der Tilakkhana (anicca, dukkha, anatta) zu einem gewissen Grad.
  • Man kann nicht einfach behaupten, dass man es so oder so sieht, indem man sich sagt, „Ich glaube an Wiedergeburt und das es die 31 Reiche gibt“. Das wird nicht funktionieren.
  • Das ist nicht wie ein Gerichtsprozess, wo man einen Richter von seiner Unschuld überzeugen kann. Der eigene Geist muss die Realitäten dieser Welt anerkennen.
  • Und das geschieht nur durch Lernen von Buddha Dhamma, um die korrekte Sichtweise herzustellen, die vom Buddha entdeckt und über Generationen von Ariyas weitergegeben wurde. Siehe  Vier Bedingungen für Sotapanna Magga Phala. Relevant ist hier der begriff Sanna, der allgemein als „Wahrnehmung“ übersetzt wird.

6. Sanna ist eines von 52 Cetasika und eine Komponente des Pancakkhandha. Es ist sogar eins der sieben universellen Cetasika, die mit jedem Citta entstehen.

  • Sanna arbeitet eng mit Manasikara zusammen, einem weiteren universellen Cetasika. Manasikara bringt Erinnerungen und Hoffnungen für die Zukunft in ein Citta. Wenn Cetana das Citta zusammensetzt, ist Sanna dabei und erzeugt damit automatisch Vedanā  (Gefühl) über das Sinnesobjekt. Diese vier Cetasika spielen eine wichtige Rolle beim Denken.
  • Aber Sanna ist nicht auf „Erkennen von Objekten“ beschränkt. Sanna ist eine Art „inneres Verstehen“ eines Konzepts. Wenn man das Wort „Feuer“ hört, erkennt man sofort die Bedeutung und das Bild eines Feuers taucht unmittelbar im Geist auf. Ein kleines Baby hat noch keine Sanna für das Wort „Feuer“. Aber es kann die Bedeutung erlernen.
  • Während wir aufwachsen, erwerben wir unzählige Sanna. Wir erkennen zuerst „Mama“ und „Papa“ oder verschiedene Farben und Formen usw.

7. Sanna kann auch aus früheren Leben stammen und viele Formen annehmen.

  • Man kann z.B. einen Ort besuchen, wo man nie zuvor in diesem Leben war, und doch „weiß“ man Details und fühlt sich zu Hause. Kinder, die sich an frühere Leben erinnern, führen die Ermittler zu ihrem Fall zu weit entfernten Städten, wo sie in einem früheren Leben wohnten.
  • Es gibt auch die „Fähigkeit“ Klavier zu spielen, Suttas zu rezitieren oder komplexe Mathematik als Kind zu begreifen, usw. Siehe Hinweise auf Wiedergeburt.

8. Wir „erwerben“ Sanna zuerst durch unsere Familie, dann durch Freunde, Schule, Kollegen, usw.

  • Unserer „Weltbilder“ oder Ditthi werden also oft über die Familie erworben. Unsere ersten Eindrücke über moralische Fragen, Politik und Religionen kommen von der Familie.
  • Diese Sanna sind schwer zu ändern, je nachdem, wie stark und häufig sie genutzt wurden.
  • Allerdings ist der menschliche Geist einzigartig. Wenn genügend handfeste Beweise vorliegen, kann sich Sanna über ein Konzept dauerhaft ändern. Zum Beispiel verliert man nicht die Fähgikeit zu Rechnen (Addition, Subtraktion, etc.). Selbst wenn eine Autoritätsperson (Lehrer) darauf besteht, dass 1+2=4 ist, wird ein Kind das nicht akzeptieren. Es kann mit den Fingern zählen und dem Lehrer zeigen, dass die richtige Antwort 3 ist.

9. Wenn wir heranwachsen, erwerben wir Sanna für speziellere Aufgaben. Man „lernt“  z.B. Erzieher, Tischler, Zahnarzt, Ingenieur, usw.

  • Dieses „Lernen“ ist eigentlich der Erwerb von Sanna für eine bestimmte Aufgabe. Es ist nicht nur auswendig lernen. Wenn ein Arzt Sanna für seinen Beruf erworben hat, kann er die „Problembehandlung“ bei Patienten ausführen.
  • Sobald man eine „Fähigkeit“ erlernt hat, geht sie nicht verloren, zumindest ist es einfach, darauf zurückzugreifen. Hat man als Kind Schwimmen gelernt, geht das nicht verloren. Auch wenn man lange nicht schwimmen geht, wird man trotzdem auch nach vielen Jahren nicht einfach untergehen. Man muss sich höchsten neu eingewöhnen.

10. Ein Sotapanna erwirbt ein Mindestmaß an Verständnis über „diese Welt“ und dieses „Wissen“ oder „Verstehen“ geht nicht verloren, auch in zukünftigen Leben. Somit wird das eine starke „Erinnerung aus früheren Leben“.

  • Sobald jemand einen „Blick“ auf die Kernbotschaft des Buddha geworfen hat und versteht, dass es kein dauerhaftes Glück in dieser Welt gibt, hat man die Sanna dafür erworben. Diese Art von „Wechsel der Sichtweise“ geschieht nicht schnell, es sei denn, man hat Sanna darüber aus früheren Leben. Deshalb mag es für Einige schneller geschehen. Man nennt diese Wahrnehmung auch Anicca Sanna. Das Gegenteil ist Nicca Sanna.

11. Der einzige Weg, die Anicca Sanna aufzubauen, ist das Erlernen der Botschaft des Buddha. Die Menschen haben in der Regel die falsche Wahrnehmung oder Vipareetha  Sanna: dass es dauerhaftes Glück in diesem Leben gibt (z.B. durch harte Arbeit). Die Meisten denken nicht einmal über dieses Leben hinaus, selbst wenn sie an Wiedergeburt glauben.

  • Die Hauptlehre des Buddha dreht sich um die Anicca Sanna, d.h. es ist nicht möglich, die Dinge in dieser Welt langfristig zur eigenen Zufriedenheit aufrecht zu erhalten.  Die Sotapanna-Stufe wird erreicht, wenn Anicca Sanna im nennenswerten Umfang aufgebaut wurde.
  • Mit Anicca Sanna blockiert der Geist automatisch apayagami Citta. Citta entstehen und vergehen extrem schnell. Wir haben keine Kontrolle über diese anfänglichen Citta. Solange schlechte Citta nicht am Entstehen gehindert werden, sind wir in extremen Fällen wie plötzliche Wutanfälle oder extreme Gier hilflos. Das Entstehen verhindern wir durch das Auslöschen der Asava bzw. Gathi, als erstes mit dem Loswerden von Micca Ditthi.
  • Anicca Sanna wächst mit höheren Stufen von Nibbana (Sakadagami und Anagami) und gipfelt auf der Arahant-Stufe. Als Arahant realisiert man die Anicca Natur aller Sankhara, nicht nur Abhisankhara. Das sagt der Vers „sabbe sankhara anicca“. In der Girimananda Sutta sagt der Buddha zu Ananada „Ayaṃ vuccati Ananda, sabba sankhārēsu anicca saññā“.

12. Mit der Anicca Sanna verschwindet langsam die Tendenz, unmoralisch zu handeln, auch bei extremen Druck.

  • Nach einigen Monaten des Lernens von Dhamma spürt man die „Abkühlung“(reduziertes Stresslevel), wenn man zurückdenkt, wie man früher war und dachte. Allmählich zeigt sich Niramisa Sukha und man wird zum Dhamma hingezogen. Man wird automatisch mehr Zeit mit dem Lernen des Dhamma verbringen und kontemplieren.
  • Es braucht nur den anfängliche Entschluss, die Wahrheit über Buddha Dhamma zu prüfen. Damit entwickelt man Dhamma Vicaya Sabbojjanga. Buddha Dhamma dreht sich nur um das Lernen über die wahre Natur dieser Welt. Das reinigt automatisch den Geist. Siehe Die Bedeutung der Reinigung des Geistes.
  • Mit mehr und mehr Reinigung erfasst man leichter die wichtigen Dhamma Konzepte und kultiviert Anicca Sanna. Die Lernenkurve steigt exponentiell, wenn man den Anfang findet.

13. Fragen Sie jeden, der „Atem-Meditation“ selbst für 20…30 Jahre ausübt (und anicca als „unbeständig“ übersetzt), ob man damit erheblichen Fortschritt in Richtung Nibbana macht. Ich spreche nicht über „Ruhe im Geist“ oder weltliche Jhana. Man weiß, wenn man Lobha, Dosa, Moha soweit reduziert hat, dass man nicht mehr in den Apaya geboren wird.

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