1. Gedanken (citta) entstehen nicht als einzelnes Citta. Siehe Zeitliche Entwicklung eines Gedankens (Citta).
Sie entstehen im Geist ausgelöst durch Sinnesreize der fünf physischen Sinne (cakku, sōta, ghāna, jivhā, kāya indriya) und durch Mana Indriya (im Gehirn). Siehe Gehirn – Schnittstelle zwischen Geist und Körper.
- Jeder Sinneseindruck wird vom Geist mit einer Reihe Citta Vithi mit 17 Cittā empfangen und analysiert (Citta-Verarbeitung). Diese werden Pancadvāra Citta Vithi genannt. Pancadvara bedeutet fünf (physische) Türen (panca + dvāra, mit panca = „fünf“ und dvāra = „Tür“).
- Vithi ist eigentlich „Veethi“ (in Pali und Sinhala) und bedeutet „Straße“. Aber Vithi ist der etablierte Begriff, ähnlich wie piti anstatt preethi.
- Wenn wir über Sinneseindrücke nachdenken, geschieht dies über Manōdvāra Citta Vithi, wobei nur Gehirn und Geist beteiligt sind. Solche Citta Vithi enthalten normalerweise 10 bis 12 Cittā.
2. Entsprechend Citta Niyama (Cittā-Gesetz) gibt es einen Standard-Pancadvāra Citta Vithi für Objekte mit großer Intensität (atimahantārammana citta vithi). Das Objekt ist dabei von großem Interesse und die Bedingungen für das Erfassen sind optimal. Wenn es sich beispielsweise um ein visuelles Objekt handelt, ist das Objekt von großem Interesse und auch die Lichtbedingungen für das Sehen sind gut.
Die Reihenfolge der Cittā in einem Pancadvāra Citta Vithi ist wie folgt:
Pancadvara Citta Vithi
3. Wenn der Geist nicht mit einem Pancadvāra Citta Vithi oder einem Manōdvāra Citta Vithi beschäftigt ist, befindet er sich im „Ruhezustand“, der Bhavanga genannt wird. Bhavanga repräsentiert somit das besondere Bhava des Lebewesens, in diesem Fall ein Menschen-Bhava (bhava + anga, mit anga = „ein Teil“). Der konventionelle Begriff ist „Lebenskontinuum“, aber wir bleiben beim Begriff Bhavanga.
- Bhavanga wird im Text Geisteszustand in Abwesenheit von Citta Vithi – Bhavanga erklärt.
- Der Bhavanga-Zustand wird herkömmlicherweise als eine Reihe Bhavanga-Citta dargestellt:
..B B B B B B B ………….
- Wenn der Geist im Bhavanga ist, „fühlen“ wir nichts. So wie ein Auge sich selbst nicht sehen kann, kann der Geist seinen eigenen Zustand nicht „sehen“. Das ist der „Ruhezustand“ zwischen zwei Citta Vithi (Citta-Verarbeitungsprozess). Wenn man tief schläft oder bewusstlos ist, ist man vollständig im Bhavanga.
- Herkömmlicherweise wird gesagt, dass Bhavanga Citta ununterbrochen fließen, bis der Geist von einem interessanten Objekt abgelenkt wird, sei es durch einen der fünf physischen Sinne (Cakku, Sōta, Ghāna, Jivhā oder Kāya Indriya) oder durch einen „aktiven Gedanken“ via Mana Indriya im Gehirn.
- Der Geist befindet sich meist im Bhavanga (B), auch wenn er scheinbar sehr aktiv ist. Sogar während wir einen Film sehen, ist der Geist meist im Bhavanga (zwischen verschiedenen Arten von Manōdvāra und Pancadvāra Citta Vithi), obwohl wir das Gefühl haben, dass wir mit der Verarbeitung all der Bilder und Geräusche des Films gut ausgelastet sind.
4. Wir können den Pancadvāra Citta Vithi in der obigen Tabelle wie folgt darstellen:
B B B B B AB BC BU PD CV Sam San V J J J J J J J T T BT BT BT BT…..
Dies ist der stärkste Citta Vithi. Es gibt viele Variationen innerhalb dieses Citta Vithi, von denen manche keine T- oder J-Citta haben. Verschiedene Arten von Pancadvāra Citta Vithi werden in diesem Buch ausführlich beschrieben: A Comprehensive Manual of Abhidhamma von Bhikkhu Bodhi (2000).
- Im obigen Fall wird der Bhavanga-Zustand aufgrund starker Sinneseindrücke vorübergehend in BT geändert. Siehe dazu Geisteszustand in Abwesenheit von Citta Vithi – Bhavanga.
- Im obigen Beispiel ist ein Cakku Viññāna gezeigt, d.h. was passiert, wenn dem Geist ein Bild via Augen-Indriya präsentiert wird und der Geist dieses Bild untersucht.
- Zuerst muss der Geist sich vom Bhavanga losreißen, was 3 Gedankenmomente dauert: AB (atita bhavanga), BC (bhavanga calana), BU (bhavanga upacceda). Hier bedeutet atita = „nach“, calana = „bewegen/vibrieren“ und upacceda = „gestoppt“.
- Dann schaut der Geist auf die fünf Sinnestüren bzw. Pancadvāra (PD) und bestimmt, durch welche Tür das Signal kommt. Dann wählt er die relevante Tür aus. Im obigen Fall wird ein Cakku Viññāna (CV) gebildet („Augen-Bewusstsein“).
- Dann folgt das Sampaticcana Citta (Sam), was dieses „Bild“ untersucht. Dann kommt das Santirana Citta (San), was den „Bild-Typ“ bestimmt (mögen, ablehnen, neutral …). Dann entscheidet das Vottapana Citta (V), was zu tun ist.
- Die wichtigen 7 Javana Citta ergeben sich aus der Entscheidung des Vottapana Citta. Hier wird starkes Kamma erzeugt.
- Das Vottapana Citta ist dasselbe wie das Manōdvāra Citta (MD), wo die Entscheidung getroffen wird (siehe unten Manōdvāra Citta Vithi).
5. Mit den letzten beiden Tadārammana Cittā (T) nimmt der Geist den „Geschmack“ bzw. die Essenz des Sinnesobjekts auf und fällt nach Beendigung des Pancadvāra Citta Vithi zum Bhavanga zurück. Nur sehr starke (mahantārammana) Citta Vithi haben Tadārammana Cittā. Solche starken Eindrücke bleiben für eine Weile in Erinnerung, d.h. man vergisst sie nicht allzu schnell.
- Diese „temporäre Erinnerung“ wird das temporäre Bhavanga. Hört man bspw. vom Tod eines Freundes, wird man traurig und dieser Zustand bleibt ggf. für Tage. Siehe Geisteszustand in Abwesenheit von Citta Vithi – Bhavanga.
- Grundsätzlich wird alles, was der Geist wahrnimmt, als Namagotta aufgezeichnet. Dazu zählen auch unwichtige/uninteressante Ereignisse. Je nach Fähigkeit können Menschen solche Erinnerungen in größerer Tiefe abrufen. Das kann sehr weit gehen, wenn Menschen punna Iddhi haben (übernatürliche Fähigkeiten aus gutem Kamma).
Das Gleichnis mit der Mango
1. Ein Pancadvāra Citta Vithi ist der Vorgang, bei dem der Geist ein äußeres Objekt erlebt (Sichtbares, Geräusch, Geschmack usw.). In den Kommentaren zum Tipitaka gibt es dazu ein Gleichnis. Ein Mann schläft unter einem Mangobaum. Durch das Herabfallen einer Mango wird er geweckt, er untersucht die Mango und beschließt, den Geschmack der Mango zu genießen.
2. Angenommen, ein müder Reisender schläft am Fuße eines Mangobaums. Dieser Zustand des Schlafens ist analog zum Bhavanga. Jetzt fällt eine reife Mango in der Nähe des Reisenden zu Boden. Dieses Ereignis ähnelt dem Auftreffen eines sichtbaren Objekts von sehr großer Intensität an der „Augentür“.
3. Das Fallen der Mango weckt den Reisenden und lässt ihn den Kopf heben. Dieses Ereignis ähnelt dem Erscheinen des sichtbaren Objekts an der Augentür, wodurch der Bhavanga zweimal vibriert und stoppt. Jetzt schläft der Reisende nicht mehr.
- Der Reisende öffent die Augen und sieht sich um, was die Störung war. Das ist analog dem Pancadvāravajjana Citta (PD), wo der Geist zur Sinnestür schaut.
4. Der Reisende sieht die gefallene Mango. Dies ist analog zum Augenbewusstsein, was das Objekt sieht (CV). Jetzt nimmt der Mann die Mango in die Hand, was dem Sampaticchana Citta (SAM) ähnelt. Sampaticcana stammt übrigens von san + paticca.
- Dann inspiziert der Mann die Mango, um festzustellen, ob sie zum Essen geeignet ist. Dies ähnelt dem Santirana Citta, was das Sinnesobjekt untersucht (san + tirana, tirana = „Entscheide, ob das Sinnesobjekt gut oder schlecht ist“).
- Dann entscheidet der Mann, dass die Mango gut und essbar ist. Dies ähnelt dem Vottapana (votta + pana bedeutet „Entscheide, was zu tun ist“ oder auf Singhalesisch: pana denava bzw. „energetisieren“). Wenn es eine faule Mango wäre, würde er sie wegwerfen.
- Die meisten Pali-Begriffe können gut verstanden werden, wenn man Singhalesisch versteht. Die singhalesische Sprache steht dem Pali nahe, nicht aber Sanskrit.
5. Der Mann beißt sieben Mal in die Mango und genießt den Geschmack. Dies ähnelt den sieben Javana Cittā (J), die den Geschmack des Sinnesobjekts genießen. Dies sind wirklich die „Handlungen, die der Entscheidung, mit dem Vottapana Citta getroffen, entsprechen“. Wenn die Mango schlecht wäre, erzeugt der Geist passende Javana Citta, um die Mango wegzuwerfen.
- Dann sammelt der Mann die Reste der Frucht und den Saft im Mund zusammen und schluckt zweimal. Dies ähnelt den beiden Tadārammana Cittā (T).
- Die Aufgabe ist erledigt, der Mann schläft wieder ein. Dies ähnelt der Fortsetzung des Bhavanga.
6. Laut Tipitaka folgen jedoch jedem Pancadvāra Citta Vithi unmittelbar drei Manōdvāra Citta Vithi. Die Javana Cittā in diesen drei Citta Vithi werden immer stärker. Erst die Javana Cittā des letzten Manōdvāra Citta Vithi weisen das Gehirn an, den Körper zu bewegen (und Sprache zu initiieren).
- Es braucht also drei Manōdvāra Citta Vithi, um einen Pancadvāra Citta Vithi vollständig zu verarbeiten. Wenn man „vertieft“ zum Beispiel ein attraktives Bild betrachtet, können Millionen solcher 1-plus-3-Prozesse ablaufen, wobei der Geist immer wieder zum Bhavanga zurückfällt.
Manodvara Citta Vithi
1. Wir können den Manōdvāra Citta Vithi in der obigen Tabelle wie folgt darstellen:
B B B B B BC BU MD J J J J J J J T T B B B B B…..
- Hier sind nur zwei Gedankenmomente erforderlich, um vom Bhavanga wegzubrechen: BC (Bhavanga Calana), BU (Bhavanga Upacceda).
- Der Geist kennt bereits das Arammana (Gedankenobjekt).
- Das Manōdvāra Citta (MD) ist dasselbe wie das Vottapana Citta, wo die Entscheidung getroffen wird.
- Die 7 Javana Citta entstehen. Dann endet der Citta Vithi mit den beiden Tadārammana Cittā (T).
- Wie oben beim Pancadvāra Citta Vithi wird auch hier ein Objekt hoher Intensität als Beispiel betrachtet.
2. Nun können wir die vollständige Citta-Sequenz für ein Sinnesereignis aufschreiben, was mit einem Pancadvāra Citta Vithi gestartet wurde:
B B B B B AB BC BU PD CV Sam San V J J J J J J J T T MD J J J J J J J T T MD J J J J J J J T T MD J J J J J J J T T B B B B B…..
- Auf den anfänglichen Pancadvāra Citta Vithi folgen drei Manōdvāra Citta Vithi.
3. Andererseits können Manōdvāra Citta Vithi auch allein entstehen.
- Die Länge eines Manōdvāra Citta Vithi ist normalerweise 10-12 Cittā für normale Menschen. In einem Jhana kann jedoch ein einzelner Manōdvāra Citta Vithi viele Javana Cittā enthalten. Ein Pancadvāra Citta Vithi kann solche Javana Citta unterbrechen, wenn man im Jhāna z.B. externe Geräusche wahrnimmt.
4. Aber im Jhāna Samāpatti läuft ein Manōdvāra Citta Vithi für lange Zeit ununterbrochen weiter:
B B B B B BC BU MD J J J J J J J J J J J ………..
- Auf diese Weise gibt es keine Möglichkeit, zum Bhavanga zurückzufallen oder einen Pancadvāra Citta Vithi oder einen anderen Manōdvāra Citta Vithi zu starten. Man ist also von der Außenwelt abgeschnitten. Bevor man in Samāpatti geht, muss man sich überlegen, wie lange man dort bleiben will.
- Im Jhāna Samāpatti zeigt sich die wahre Kraft der Javana Citta. Eine Analogie: Mit einem Laserstrahl kann man Löcher in eine Metallplatte bohren. Wenn der Laserstrahl jedoch nicht ruhig gehalten wird, erwärmt sich der gewünschte Brennpunkt auf dem Metall nicht und es verdampft kein Atom. Ein Jhāna Samāpatti gleicht einem Laserstrahl, der für lange Zeit ruhig auf eine Stelle gerichtet wird.
Ein Citta Vithi startet immer mit einem externen Sinneseindruck aufgrund von Kamma Vipaka. Siehe Avyākata Paticca Samuppāda für Vipāka Viññāna.
Citta Vithi für das Erreichen von Magga Phala
B B B BC BU MD P U A G Pa Fr Fr B B B
B B B BC BU MD U A G Pa Fr Fr Fr B B B
Das erste ist der Magga Phala Citta Vithi für eine normale Person. Die zweite Zeile ist für jemanden mit „höherer Weisheit“.
- B, BC, BU, MD sind wie oben gesagt.
- Dann geht es weiter zu Parikamma (P), Upacara (U), Anuloma (A), Gotrabu (G), Pfad (Pa = magga) und Frucht (Fr = phala).
- Wie zu sehen, besteht keine Verbindung zu Jhāna. Insbesondere tritt im Magga Phala Citta Vithi kein Jhana Citta auf. Auch das Gotrabu Citta (Wechsel der Abstammung) für Magga Phala ist sehr UNTERSCHIEDLICH zum Jhāna Citta Vithi. Der „Wechsel der Abstammung“ bedeutet hier, ein Ariya zu werden.
Citta Vithi für das Erreichen von Jhāna
B B B BC BU MD P U A G Jh B B B
B B B BC BU MD U A G Jh B B B
Das Erste ist der Jhāna Citta Vithi für einen normalen Menschen. Die zweite Zeile ist für jemanden mit „höherer Weisheit“.
- B, BC, BU, MD, P, U, A, G sind wie oben gesagt.
- Dann folgt ein Jhāna Citta (Jh).
Parikamma, Upacāra, Anuloma, Gotrabu
Das Erreichen von Magga Phala oder Jhāna geschieht nicht in einem einzigen Schritt. Man gelangt zunächst zur Parikamma-Stufe und kann dort für einige Zeit verweilen. Das Gleiche gilt für andere Stufen, bis man zu Gotrabu kommt. Dort wird der Wechsel dauerhaft („Wechsel der Abstammung“).
Die Zwischenstufen parikamma, upacāra, anuloma können als „Vorbereitung“, „Annäherung/Zugang“ und „Annäherung an den Wechsel der Abstammung“ bezeichnet werden.