Die Abkühlung (Nibbàna) – Wie Hauptursachen entfernt werden

1. Die materielle Welt existiert wegen der sechs Hauptursachen: Lobha, Dosa, Moha, Alobha, Adosa, Amoha. Auch wenn wir Glückssträhnen haben, leiden wir weit mehr als vorstellbar im Wiedergeburtsprozess wegen dieser sechs Ursachen.

  • Wenn es sechs Hauptursachen sind, warum sagte der Buddha „rāgakkhayō Nibbānan, dōsakkhayō Nibbānan, mōhakkhayō Nibbānan“? Warum sind nur drei Ursachen zu entfernen um Nibbàna zu erreichen? (Übrigens ist lobha eine stärkere Form von rāga, somit bedeutet rāgakkhaya auch das Beseitigen von lobha).
  • Man muss Alobha, Adosa, Amoha kultivieren, um Lobha, Dosa, Moha zu entfernen.
  • Während Lobha, Dosa, Moha allmählich entfernt werden, wächst in diesem Prozess die Weisheit (pannā).

2. Mit Weisheit erkennen wir, dass es zwei Arten von alobha, adosa, amoha gibt. Zuerst folgt man dem „weltlichen Pfad“, dann muss man die Tilakkhana (anicca, dukkha, anatta) erfassen, um den edlen Pfad zu betreten.

  • Weltliches alobha, adosa, amoha bringt gute Wiedergeburt in guten Reichen. Aber es führt nicht zu Nibbana. Mit Nibbana stoppt jegliche Wiedergeburt, nicht nur die in „schlechten Reichen“.
  • Sobald man die Tilakkhana begreift, hat man eine tiefere Ebene von alobha, adosa, amoha. Ein Sotapanna beginnt so auf dem edlen Pfad. Weisheit (pannā) gipfelt auf der Arahant-Stufe. Zu dem Zeitpunkt wird man auch mit alobha, adosa, amoha keine Geburt in einem der 31 Reiche anstreben.
  • Hier eine weitere Sichtweise: Auch wenn man den weltlichen Pfad vollendet, ist amoha nicht vollständig. Man hat immer noch sakkāya diṭṭhi und asmi māna. Mit Sotapatti (Stromeintritt) verschwindet sakkāya diṭṭhi. Doch asmi māna bleibt bis zur Arahantschaft.

3. Lobha ist extreme Gier und der Hauptgrund, weshalb die materielle Welt erschaffen und mit Gier aufrechterhalten wird (lō + bha, mit lo = lōkaya bzw. „Welt“, bha steht für bihiveema bzw. „entstehen/erschaffen“).

  • Wegen Lobha entsteht Kāmaccanda (eines der fünf Hindernisse). Es wird gesagt, dass „man den Verstand verliert“ , wenn man mit Kāmaccanda  handelt (kāma chanda = kāma + icca + anda, mit ichcha = „wünschen/sehnen“ und anda = „blind“, somit bedeutet Kāmaccanda, „geblendet durch Anhaftung an Sinnesvergnügen“).
  • Wenn jemandem mit Kāmaccanda Hindernisse im Weg stehen, entwickelt man ggf. Dosa bzw. Dvesa (dvi + vesa oder die zweite Manifestation von Gier), d.h. Hass gegen alles, was im Weg steht.
  • Man handelt mit Lobha, weil man nicht die Wahrheit über diese Welt sehen kann, d.h. man handelt mit Moha. Moha kommt von muva + oder wörtlich „geschlossener Mund“. Wenn man ein Schiff hat und sein „Mund“ bzw. die Ladeklappen geschlossen sind, dann kann man nicht sehen, was drin ist. In gleicher Weise hat man Moha, wenn man unwissend über die wahre Natur dieser Welt ist. Man handelt dann blind und unklug, basierend auf Äußerlichkeiten.

4. Wenn man die Weltsicht des Buddha nicht kennt, handelt man wahrscheinlich mit Moha und damit wiederum mit Lobha und Dosa.

  • Doch viele Menschen haben keine starken Versionen von Lobha, Dosa, Moha, weil sie in den letzten früheren Leben von Buddha Dhamma gehört haben und damit Gewohnheiten (gati) mitgebracht haben, die kompatibel mit Alobha, Adosa, Amoha sind. In der Tat hat wahrscheinlich jeder irgendwann in der tiefen Vergangenheit von Buddha Dhamma oder den sich daraus ergebenden weltlichen Versionen gehört. Aber je mehr Zeit vergeht, umso mehr verliert man diese Qualitäten.
  • Auf jeden Fall ist klar, dass man mit Kāmaccanda vom Drang geblendet wird, in den Besitz eines bestimmten Sinnesobjektes zu kommen. Wir alle haben Fälle von Kāmaccanda erlebt, wo die Fähigkeit zum klaren Denken zumindest für kurze Zeit verloren ging. Es ist gut, solche Situationen zu betrachten und diese Tatsache für sich zu bestätigen.

5. Situationen mit Hass (dosa) im Geist entstehen auch durch Kāmaccanda und Moha. Man kann wieder in die Vergangenheit schauen und solche Situationen erinnern. Aus diesem Grund ist Dosa (oder dvesha) die zweite Manifestation der Gier. Im Extremfall erzeugt Dosa das zweite der fünf Hindernisse: Vyāpada. Dieses Wort kommt von vaya + pada, wobei vaya „Rückgang“ bedeutet und pada bedeutet „in eine Richtung gehen“; somit bedeutet vyāpada auf dem „Weg nach unten“.

  • Wenn man extrem wütend wird, verliert man die Kontrolle und das könnte noch schlimmer als Kāmaccanda sein. Menschen töten auch in einem Moment blinder Wut. Wenn man gewohnheitsmäßig wütend wird, kann man in einem Zustand von Vyāpada für längere Zeit sein. Das könnte der Normal-Zustand werden, wenn nicht bewusst gestoppt wird. Es wird dann zum Gathi. Wir kennen vielleicht Menschen, die während eines Gesprächs oder einer politischen Debatte in den „Vyāpada-Modus“ geraten und sich kaum beruhigen können.
  • Alle fünf Hindernisse entstehen, weil nicht die Sinnlosigkeit von Verlangen und Hass gesehen wird. Die „Bindung an diese Welt“ via Gier und Hass wird Tanha genannt. Siehe Tanha – Wie wir via Gier, Hass und Ignoranz anhaften.

6. Avijja (Unwissenheit/Ignoranz) und Tanha nähren sich gegenseitig, aber Avijja muss man zuerst angehen. Zuerst sollte man die verborgenen Gefahren von Tanha erkennen. Tanha reduziert sich dann automatisch.

  • Wenn man Buddha Dhamma lernt, versteht man die wahre Natur der größeren Welt mit 31 Reichen, wo Wesen von Geburt zu Geburt eilen, wie Wesen vor allem in den unteren vier Reichen leiden, dass alle Taten Folgen haben, und warum es auf lange Sicht nicht sinnvoll ist, unmoralisch zu handeln und in Sansara zu bleiben.
  • Wenn man wirklich anicca versteht, reduziert sich zuerst Avijja von der starken Moha-Stufe, die zu Vicikiccā beiträgt (Tendenz unklug zu handeln). Dies wiederum reduziert Gier und Hass.
  • Solange man eine falsche Weltanschauung hat und die Gefahr von Gedanken mit extremer Gier und Hass nicht sieht, ist es nicht möglich, mit Gewalt Gier und Hass loszuwerden. Siehe Unterschied zwischen Aufgeben von Wertvollem und Verlieren des Interesses an Wertlosem.
  • Aus diesem Grunde kommt Samma Ditthi bzw. das korrekte Weltbild zuerst auf dem edlen Pfad.
  • Mit Atem-Meditation unterdrückt man Kāmaccanda, Vyāpada und andere Hindernisse. Sie werden aber nicht entfernt.

7. Wenn man die Sotapanna-Stufe erreicht, wird Lobha dauerhaft zu Kāma Rāga reduziert und Dósa zu Patigha. Das fünfte Hindernis Vicikiccā wird entfernt, und die anderen beiden Hindernisse reduziert. Patigha ist eine reduzierte Form von Vyāpada: pati + gha bedeutet „Bindung über Reibung bzw. Abneigung“. Patigha ist in Tanha enthalten.

  • Man kann nun sehen, warum ein Sotapanna unfähig ist, äußerst unmoralische Taten zu begehen, die zur Geburt in den vier unteren Reichen führen (apāya). Vicikiccā ist dauerhaft entfernt und man handelt mit einem verbesserten Niveau von Achtsamkeit (sati). Samma Ditthi ist tief im Geist verwurzelt und ändert sich auch nicht in zukünftigen Geburten. Aber ein Sotapanna ist immer noch fähig, zu einem gewissen Grad mit Verlangen und Abneigung/Ärger zu handeln.

8. Wenn man die nächste Stufe von Nibbàna erreicht, die SakadāgamiStufe, reduziert man permanent Kāma Rāga und Patigha. Aufgrund dieser Weiterentwicklung wird man nie in einem Reich wiedergeboren, wo der physische Körper Leiden, Krankheit und Alter ausgesetzt ist, d.h. Geburten sind nur im Deva-Reich oder höher möglich.

9. Auf der AnagamiStufe werden Kāma Rāga und Patigha  dauerhaft entfernt. So hat man jede Form von Dósa entfernt, die zweite Hauptursache. Man wird unter keinen Umständen wütend und das Dosa Cetasika wird dauerhaft entfernt. Da Kāma Rāga jetzt auch entfernt ist, hat man nicht den Wunsch, in irgendeinem Reich in Kāma Loka geboren zu werden, einschließlich der Deva-Welten.

  • So hat ein Anagami nur Rupa Rāga und Arupa Rāga. Es ist vor allem der Wunsch eines Anagami Dhamma zu hören (zu lesen) und zu analysieren. Es gibt keinen Wunsch nach Sinnesfreuden. Somit ist das Lobha Cetasika sehr schwach.
  • Vom Moha Cetasika bleibt nur Avijja als schwächere Version der Unwissenheit.

10. Von den zehn Sanyōjana bzw. Sanyōga (san + yoga = „gebunden via San“) werden Sathkaya Ditthi, Vicikiccā, Silabbata Paramasa auf der Sotapanna-Stufe entfernt.

  • Dies ist ein wichtiger Punkt: Man braucht „nur“ die wahre Natur dieser Welt mit dem Verstehen von anicca, dukkha, anatta begreifen, um ein Sotapanna zu werden. Das ist aber nicht trivial.
  • Allein mit diesem Verständnis entfernt man Kāmaccanda, Vyāpada und Vicikiccā. Aus diesem Grunde ist ein Sotapanna „jemand mit der korrekten Sichtweise“ bzw. ein dassanēna sampannō.
  • Einmal nahm der Buddha ein wenig Erde auf den Fingernagel und sagte den Bhikkhu: „Wenn die gesamte Erdmasse den Verunreinigungen entspricht, die man loswerden muss, dann hat ein Sotapanna nur noch einen Betrag von Verunreinigungen wie ich hier Erde auf meinem Fingernagel“.
  • Dies klingt nach erstaunlich wenig. Aber es ist wichtig zu verstehen, dass man stark unmoralisch agiert, weil man kein Samma Ditthi  hat.
  • Von den verbleibenden 5 Sanyōjana (Sanyōga) werden Kāma Rāga und Patigha auf der Sakadagami-Stufe reduziert und auf der Anagami-Stufe vollständig entfernt. Der Rest der Sanyōga (rūpa rāga, arūpa rāga, mana, uddacca, avijjā) werden auf der Arahant-Stufe entfernt.

11. Hier in Kāma Loka erleben wir eine Form von olarika sukha (primitive Form von groben Empfindungen, „grobes Glück“), wo Sinnesfähigkeiten und entsprechende Sinnesobjekte dicht sind. Wenn die Anhaftung an Vergnügen aus „dichter Materie“ abnimmt, wird Wiedergeburt in den „dichteren Welten“ progressiv eliminiert (Eine Ausnahme ist das Peta-Reich, wo die Körper feinstofflich sind. Damit wird höheres psychischen Leiden vermittelt).

  • Auf der Sotapanna-Stufe wird man dauerhaft von den groben Formen des Leidens in den unteren vier Reichen befreit. Nach der Sakadagami-Stufe tritt keine Wiedergeburt im Menschen-Reich und darunter auf, wo die relativ dichten Körper noch körperlichen Schmerzen und Krankheiten ausgesetzt sind. Ein Anagami wird nur im Suddhāvasa Rūpa Loka geboren, wo es nur feine Körper mit Augen, Ohren und Geist gibt. Ein Arahant wird nirgends in den 31 Reichen wiedergeboren, die „eine Verbindung zu Materie (rupa)“ haben. Siehe  Was sind Rūpa? (Beziehung zu Nibbàna).
  • Beim Tod eines Arahant wird sein Geist von jeder Anhaftung an Materie befreit: keine körperlichen Schmerzen, kein psychischen Leiden, kein Tod. Man hat den Zustand amaraneeya erreicht („ohne Tod“, „totlos“).

12. Ein anderer Weg, um die Schritte zu Nibbàna zu analysieren, ist die Betrachtung der stufenweisen Reduktion der 12 akusala Citta . Siehe apāyagami citta vermeiden.

13. Die vier Stufen zu Nibbàna können auf verschiedene Arten charakterisiert werden: in Bezug auf die Hindernisse, in Bezug auf die Sanyōga (oder Samyojana),  in Bezug zur „Dichte der Materie“, in Bezug zur Reduktion von akusala Citta und andere Möglichkeiten. Sie sind alle miteinander konsistent.

 

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