Bindungen (Sēvana) – Eine Ursache für falsche Sichtweisen

1. Unsere Weltanschauungen werden zuerst von der Familie geformt. Die meisten Menschen behalten diese Sichtweisen während ihres gesamten Lebens bei. Ein gutes Beispiel ist die Religionszugehörigkeit.

  • Mit dem Aufkommen des Internets ändert sich das. Jetzt sind die Menschen vielen Weltanschauungen ausgesetzt und entscheiden selbst, welche sinnvoll sind.
  • Dennoch kann die Grundeinstellung, die in jungen Jahren durch Eltern und Umfeld vermittelt wurde, eine dauerhafte Wirkung haben. Deshalb ist es wichtig, dass Kinder keinen „schlechten Einflüssen“ ausgesetzt sind, insbesondere schlechten Freunden.

2. In der Terminologie des Buddha Dhamma werden die Gati (Gewohnheit/Charakter) von den eigenen Weltanschauungen bestimmt und umgekehrt. Ob man zu einem bestimmten Zeitpunkt mit Avijjā handelt, hängt vom Gati ab. „Gute Gati“ werden mit Samma Ditthi (korrekte Sichtweise) und „schlechte Gati“ werden mit Micchā Ditthi (falsche Sichtweise) assoziiert.

  • Darum steht Samma Ditthi sowohl auf dem weltlichen als auch auf dem edlen Pfad an erster Stelle. Siehe Gathi, Anusaya und Āsava.

3. Gati werden von Leben zu Leben übertragen, jedoch hauptsächlich während eines Menschenlebens geformt und geändert.

  • Wenn ein Mensch Tier-Gati kultiviert, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Mensch im nächsten Leben (oder einem zukünftigen Leben) als Tier geboren wird. Dies wird in der Kukkuravatika Sutta (MN 57) deutlich. Dort erklärt der Buddha, dass Seniya mit der Kultivierung von Hunde-Gati zukünftig als Hund wiedergeboren wird.
  • Ebenso ist es wahrscheinlich, dass ein Mensch, der Deva-Gati durch gute und moralische Sankhāra kultiviert (punnabhisankhāra), als Deva wiedergeboren wird.
  • Ein Mensch wird mit Gati geboren, was in früheren Leben erworben wurde. Aber ein Mensch KANN diese Gati ändern, indem er bestimmte Arten von Sankhāra kultiviert. Insbesondere kann ein Mensch Ariya-Gati kultivieren, indem er/sie den edlen Pfad kultiviert.

4. Ein Kind hat ähnliches Gati wie seine Eltern. Das ist kein Zufall. Eine Gandhabba kann nur mit einem ähnlichen Gati wie die Eltern die Zygote im Mutterleib in Besitz nehmen, die nach Vereinigung von Mutter und Vater gebildet wurde.

  • Unterliegt das Kind jedoch starkem Einfluss durch schlechte Freunde, können sich diese Gati zum Schlechten wenden. Im Abschnitt zu Paticca Samuppāda hatten wir als Beispiel einen Teenager, der sich zu einem gewalttätigen Bandenmitglied entwickelt. Siehe Phassa paccayā Vēdanā… bis Bhava.
  • In gleicher Weise könnte dieser Teenager in die richtige Richtung gehen, wenn zum Beispiel die Eltern selbst dem edlen Pfad folgen und den Teenager ermutigt, dasselbe zu tun.
  • Daher kann die Umgebung, mit der man verbunden ist, einen großen Einfluss auf das Gati haben. Das gilt insbesondere für Kinder. Deshalb MUSS man Bindung zu Menschen mit „gutem und moralischem Gati“ aufbauen.

5. In der Mangala Sutta (Snp 2.4) kommt ein Deva zum Buddha und fragt: „Was sind die höchsten verheißungsvollen Taten, die zu kultivieren sind (brūhi maṅgalamuttamaṃ)? Hier besteht „maṅgalamuttamaṃ“ aus mangalam + uttamam, mit mangala = „verheißungsvoll“ und uttama = „am höchsten“).

  • Die erste verheißungsvolle Tat, die der Buddha nennt, lautet: „Asevanā ca bālānaṃ, paṇḍitānañca sevanā ..“ bzw. „sich nicht mit unwissenden Menschen verbinden (bāla), sondern sich mit den Weisen (paṇḍita) verbinden“.
  • Hier ist „sēvana“ als „verbinden“ und „asēvana“ als „nicht verbinden“ übersetzt. Eine bessere Beschreibung wäre „sich Rat holen und befolgen“ und „sich keinen Rat holen und nicht befolgen“. Manchmal kann man eine bestimmte Gruppe von Menschen nicht vermeiden, selbst wenn diese schlechte Charaktereigenschaften haben. Zum Beispiel kann man nicht die Kommunikation zu allen Personen am Arbeitsplatz abbrechen. Man muss jedoch nicht deren Meinungen/ Sichtweisen übernehmen und befolgen.
  • In gleicher Weise gilt die bloße Bekanntschaft mit einem Ariya nicht als „paṇḍitānañca sevanā“. Es gab auch Menschen, die eng mit dem Buddha selbst verbunden waren (zum Beispiel Devadatta und der König von Kosala), die aber nicht von dieser Verbindung profitierten: Devadatta wurde in den Apayas geboren und der König von Kosala wurde nicht zum Sōtapanna.

6. Natürlich ist es ratsam, die Interaktion mit Menschen, die Micchā Ditthi haben, so gering wie möglich zu halten. Dies hängt jedoch wiederum am Kontext.

  • Zum Beispiel haben viele Wissenschaftler Ucchēda Ditthi. Siehe Sakkāya Ditthi – tiefere falsche Sichtweisen loswerden. Es ist in Ordnung, diesen Wissenschaftlern zuzuhören und sogar weltliche Wahrheiten von ihnen zu erlernen. Obwohl die meisten das wahre Buddha Dhamma nicht kennen, sind fast alle moralische Menschen.

7. Unter den vier Bedingungen für das Erreichen der Sōtapanna-Stufe ist Sappurisasaṃsevo bzw. „Assoziation mit einem Sappurisa“ (sath + purisa = edler Freund/Ariya). Siehe Vier Bedingungen für Sotapanna Magga Phala.

  • Da Buddhas Lehre einzigartig ist, muss die wahre Botschaft von einem Buddha oder von jemandem kommen, „der auf den Buddha zurückgeführt werden kann“. Die Lehre kann nur von einem Ariya erklärt werden, der die einzigartige Botschaft des Buddha erfasst hat, die der Welt zuvor nicht bekannt war: „pubbe ananussutesu dhammesu ..“.
  • Es ist jedoch nicht notwendig, mit einem Ariya „rumzuhängen“. Man muss sich nur von solchen Edlen beraten lassen und ihnen folgen. Dies kann durch Hören einer Desana (mündlicher Diskurs) und/oder durch Lesen ihrer Schriften geschehen.

8. Nun können wir den Begriff Sappurisa genauer betrachten, um ein besseres Bild der Gesamtsituation zu erhalten. Es gibt viele Lehrreden, die Sappurisa / Asappurisa auf verschiedene Arten beschreiben und alle sind miteinander verwandt.

  • Für unsere Diskussion hier ist die Beschreibung in Aṭṭhaṅ­gika Sutta (AN 4.205) relevanter: „Katamo ca, bhikkhave, asappuriso? Idha, bhikkhave, ekacco micchādiṭṭhiko hoti, micchāsaṅkappo hoti, micchāvāco hoti, micchākammanto hoti, micchāājīvo hoti, micchāvāyāmo hoti, micchāsati hoti, micchāsamādhi hoti. Ayaṃ vuccati, bhikkhave, asappuriso“.
  • Übersetzt: „Ein Asappurisa ist eine Person, die micchā diṭṭhi, micchā saṅkappa, micchā vācā, micchā kammanta, micchā ājīva, micchā vāyāma, micchā sati und micchā samādhi folgt“.
  • Mit anderen Worten, wenn man falsche Sichtweisen hat, denkt man falsch, spricht falsch, handelt falsch, verfolgt einen falschen Lebensunterhalt, bemüht sich um falsche (oder nutzlose) Ziele, unternimmt falsche Anstrengungen und endet somit in einem verwirrten Zustand auf dem Pfad nach unten.

9. Umgekehrt ist ein Sappurisa eine Person, die mit sammā diṭṭhi, sammā saṅkappa, sammā vācā, sammā kammanta, sammā ajīva, sammā vāyāma, sammā sati und sammā samādhi auf dem richtigen Weg ist.

  • Darüber hinaus erklärt die Sutta, dass es noch schlechtere Asappurisa gibt, die andere auch noch ermutigen, den falschen Pfad zu gehen.
  • Ebenso gibt es bessere Sappurisa, die andere ermutigen, den richtigen Pfad zu gehen.

10. Eine weitere Definition von Asappurisa findet sich in der Paṭipadā Sutta (SN 22.44): „Sakkā­ya­sa­muda­ya­gā­miniñca vo, bhikkhave, paṭipadaṃ desessāmi, sakkā­ya­nirodha­gā­miniñca paṭipadaṃ.

Taṃ suṇātha. Katamā ca, bhikkhave, sakkā­ya­sa­muda­ya­gāminī paṭipadā? Idha, bhikkhave, assutavā puthujjano ariyānaṃ adassāvī ariyadhammassa akovido ariyadhamme avinīto, sappurisānaṃ adassāvī sap­purisa­dhammassa akovido sap­purisa­dhamme avinīto, rūpaṃ attato samanupassati, rūpavantaṃ vā attānaṃ; attani vā rūpaṃ, rūpasmiṃ vā attānaṃ. Vedanaṃ attato … saññaṃ … saṅkhāre … viññāṇaṃ attato samanupassati, viññāṇavantaṃ vā attānaṃ; attani vā viññāṇaṃ, viññāṇasmiṃ vā attānaṃ“..

Übersetzt: „Bhikkhus, ich werde euch den Weg lehren, der zur Entstehung von Sakkāya (Ditthi) und zum Ende von Sakkāya (Ditthi) führt.“ Die Beschreibung in Blau entspricht genau der Beschreibung im Text Sakkāya Ditthi und Tilakkhana.

  • Der nächste Vers in der Sutta besagt, dass ein Sappurisa eine Person ist, die Sakkāya Ditthi entfernt hat.

11. Zwei weitere relevante Begriffe sind sutavā ariyasāvako (eine edle Person, die Buddha Dhamma verstanden hat) und assutavā puthujjano (eine Person, die Buddha Dhamma nicht gehört/verstanden hat).

  • Die Ānandat­thera Sutta (SN 55.13) beschreibt Sutavā Ariyasāvako als eine Person mit buddhe aveccap­pasā­dena samannāgato, dhamme aveccap­pasā­dena samannāgato, sanghe aveccap­pasā­dena samannāgato, ariyakantehi sīlehi samannāgato. Das bedeutet eine Person mit „unzerbrechlichem Vertrauen/Glauben in den Buddha, Dhamma, Sangha und mit unzerbrechlicher moralischer Denkweise“.
  • Das sind die vier Eigenschaften eines Sōtapanna. Siehe Sotapatti Anga – vier Qualitäten eines Sōtapanna.
  • Auch hier gibt es diverse Sutta, die diese vier Begriffe auf verschiedene (aber verwandte) Arten beschreiben, z.B. beschreibt die Dutiya­ari­yasāva­ka Sutta (SN 12.50) einen Sutavā Ariyasāvaka als jemanden, der Paticca Samuppāda verstanden hat. Daher ist ein Sutavā Ariyasāvako eine edle Person bzw. ein Ariya.

12. Selbst eine Person, die nach weltlichen Maßstäben als hochmoralisch angesehen wird, ist wahrscheinlich ein Asappurisa bzw. Assutavā Puthujjano (kurz: Weltling). Denn normalerweise haben die Menschen Micchā Ditthi, einschließlich Sakkāya Ditthi. Wie bereits gesagt, ist Sakkāya Ditthi entweder Ucchēda Ditthi oder Sāssata Ditthi oder eine Kombination aus beiden.

  • Um Fortschritte auf dem edlen Pfad zu machen, sollte man in Verbindung mit einem/einer Pandita (weise Person) sein, d.h. ein Sappurisa bzw. Sutavā Ariyasāvaka. Ein/e Pandita hat Sakkāya Ditthi entfernt.

13. Hinweis. Wichtig ist, dass sich das Wort āsēvana von asēvana unterscheidet.

  • Sēvana ist „Verbindung“. Āsēvana (ā + sēvana) bedeutet „in Verbindung kommen“ oder „in den Schatten kommen“. Siehe Āsēvana und Aññamañña Paccayā.
  • Asēvana (a + sēvana) bedeutet „nicht verbinden“, also die Negation von Verbindung wie oben in Nr. 5 beschrieben.
  • Pāli-Wörter sind oft kombiniert (sandhi), um andere Wörter mit z.T. sehr unterschiedlichen Bedeutungen zu erzeugen.

Hinterlasse einen Kommentar