1. Ein Gedanke (citta) bezieht sich auf ein Gedankenobjekt, bspw. auf den Kauf eines Autos oder auf einen Spaziergang. Es gibt jeweils nur ein Citta und jedes dauert weniger als eine Nanosekunde an. Wir erleben Vinnanakkhandha, was viele Citta umfasst. Man kann kein einzelnes Citta erleben. Ein „Gedanke“ ist also das Ergebnis vieler Citta oder genauer, vieler Citta Vithi, die als Vinnanakkhandha gebündelt sind.
- Jedes Citta enthält Cetasika (geistige Faktoren), einschließlich Sanna, Phassa und Manasikara Cetasika. Dann gibt es noch „gute“ und „schlechte“ Cetasika in einem Citta, welche die „Stimmung“ eines Citta beschreiben.
- Wenn jemand zornig ist, enthalten die meisten Citta zu diesem Zeitpunkt Hass (patigha bzw. dosa cetasika). Wenn dieselbe Person aber einem hungrigen Bettler Essen gibt, enthalten die Citta zu diesem Zeitpunkt Güte bzw. metta cetasika. Gute und schlechte Cetasika vermischen sich nicht, d.h. man hat entweder gute oder schlechte Gedanken (natürlich auch neutrale).
2. Manasikara und Sanna Cetasika sind in jedem Citta enthalten. Sie bringen Erinnerungen, Gewohnheiten (gathi) und Verlangen (asava) ein. Gathi und Asava werden nicht in jedem Citta „verbaut“. Vielmehr ruhen sie und warten auf „Auslöser“. Gathi und Asava werden von Citta zu Citta transportiert (bis sie entfernt werden). Neue Gewohnheiten und Verlangen können jederzeit hinzugefügt werden.
3. Vinnana ist kein Gedanke, aber es gehört zu Gedanken. Vinnana repräsentiert die Gesamterfahrung der Citta und wird weitgehend durch Cetasika bestimmt. Natürlich erlebt niemand Vinnana aufgrund eines einzigen Citta. Vielmehr erlebt man den Durchschnitt von Millionen oder Milliarden Citta. Ein „Haufen“ wird in Pali „khandha“ genannt. Wir erleben Vinnanakkhandha bzw. den Durchschnittswert vieler Citta.
- Vinnana ist komplex und facettenreich. Wir können gleichzeitig Vinnana verschiedener Typen haben. Obwohl wir zu einem bestimmten Zeitpunkt nur direkt über eine Art von Vinnana informiert sind, können sich unter der Oberfläche viele Arten verstecken. Das nannte Sigmund Freud das „Unterbewusstsein“.
4. Ein Gedanke beschäftigt den Geist in einem bestimmten Moment. Zahlt man seine Lebensmittel an der Kasse, konzentrieren sich die Gedanken auf diese Transaktion. Es kann jedoch viele Vinnana „im Hintergrund“ geben. Vielleicht plant man ein Haus, lernt für eine Prüfung, denkt an einen Urlaub usw. Diese Vinnana arbeiten im Hintergrund, obwohl man gerade seine Einkäufe bezahlt.
- Aber es gibt kein separates „Unterbewusstsein“ als solches. All diese verschiedenen Vinnana sind nicht in einem einzigen Gedanken (citta) enthalten und es existiert für einen Lebensstrom jeweils nur ein Citta zu einem Zeitpunkt. Siehe Was ist ein Gedanke?. Wie ist es dann möglich, dass viele Vinnana im Hintergrund lauern?
5. Geistige Faktoren (cetasika) ermöglichen das. Mehrere wichtige Cetasika spielen die Hauptrollen, einschließlich Erinnerung (manasikara), Kontakt (phassa) und Wahrnehmung (sanna). Diese universellen Cetasika sind in jedem Citta enthalten und verkörpern unsere Wünsche sowie alles, was schon passiert ist. Natürlich liegen die Dinge aus jüngster Zeit „weiter vorne“ als weit entfernte Ereignisse. Es kommt auch darauf an, wie wichtig ein bestimmtes Ereignis war. Besondere Ereignisse, auch wenn sie weit zurück liegen, sind sehr präsent in der Erinnerung.
- Erinnerungen sind fixiert, obwohl wir uns vielleicht nicht an alles erinnern. Aber alle Erinnerungen sind als Namagotta in der Geistebene intakt. Woran wir uns erinnern können, ist durch diverse Faktoren begrenzt. Mit zunehmendem Alter wird die Fähigkeit zu Erinnern abnehmen. Das Gehirn arbeitet dann ineffizienter.
6. Vinnana ist eine Art „Endergebnis“ aus Erinnerungen, Gathi und Asava.
- Je öfter man etwas wiederholt, desto mehr baut sich Vinnana für dieses Ereignis bzw. Verhalten auf. Wenn man zum Beispiel anfängt zu rauchen, wird Vinnana dazu entwickelt. Je mehr man raucht, desto stärker wird das Vinnana. Das nennt man auch „Füttern des Vinnana“. Gewohnheiten bilden sich also durch wiederholtes Füttern von Vinnana. Es erhält damit Energie.
- Wenn dem Geist ein bestimmtes Vinnana gefällt, wird dieses Vinnana häufig gefüttert. Wenn jemand also die Angewohnheit zum Rauchen hat, wird die Aufmerksamkeit bei jeder Gelegenheit auf das Rauchen gelenkt.
7. Es funktioniert genauso für Vinnana, was mit Abneigung initiiert wurde. Wurde man z.B. in der Vergangenheit von einer Person geschlagen, wird schon das Hören des Namens dieser Person das zugehörige Vinnana aufrufen. Darum haften wir an Dingen, die wir mögen und die wir nicht mögen. Siehe Tanha – wie wir via Gier, Hass und Unwissenheit anhaften.
8. Nicht alle Vinnana sammeln sich im Hintergrund an. Die schwachen Vinnana nehmen ab und verschwinden, wenn sie nicht weiter gefüttert werden. Für eine Reise trifft man Vorbereitungen und macht sich Gedanken. Das ist Futter für dieses Vinnana. Findet die Reise dann statt, wird das „Vinnana für die Vorbereitung der Reise“ nicht mehr gefüttert, nach kurzer Zeit verschwindet es.
- Wir müssen nicht einmal physisch die Aktivität ausführen, um Vinnana zu füttern oder Gewohnheiten zu stärken. Studien zeigen z.B., dass man sein Basketballspiel verbessern kann, indem man sich nur das Üben vorstellt und den Ball mental wirft (durch mano sancetana). Die Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Aufgabe zu lenken, kann sehr mächtig sein.
9. Deshalb sind Chanda, Citta, Viriya, Vimansa (Cattārō Iddhipada bzw. die vier Grundlagen der geistigen Kraft) entscheidend für das Erreichen von Zielen. Wenn man eine starke Vorliebe (chanda) für ein Ziel hat, denkt man oft darüber nach (citta), strengt sich an (viriya) und analysiert die Situation (vimansa), um das Ziel sicher zu erreichen.
10. Der Geist ist komplex und mächtig. Verwandte Konzepte kann man auf verschiedene Weise analysieren. Das trifft auch auf Buddha Dhamma zu. Am Ende kommt man aber zum selben Ergebnis, denn es ist selbstkonsistent.
11. Vinnana sind ständig in Bewegung, während wir von einer Aufgabe zur nächsten wechseln. Mehrere Vinnana warten vielleicht im Hintergrund, um auf die bewusste Ebene zu gelangen. Sie können auch durch ähnliche Wahrnehmungen „ausgelöst“ werden.
12. Ein Vinnana kann zur Gewohnheit werden. Eine starke Gewohnheit kann auf zwei Arten auf das nächste Leben übertragen werden: als Patisandhi Vinnana und als Pavutti Vinnana. Eine wirklich starke Gewohnheit kann im Todesmoment des Bhava zum Patisandhi Vinnana und damit zum neuen Bhava führen (als Tier, Deva…). Eine faule Person wird z.B. eine Existenz als Asura ergreifen.
- Hat dieselbe Person jedoch noch Energie für das Menschen-Bhava übrig, wird sie Pavutti Vinnana füttern und weiter danach streben, auf Kosten anderer zu leben. So wächst „Vinnana für faule Lebensweise“.
13. Vinnana ist also mehr als nur „Bewusstsein“. Es enthält auch Hoffnungen und Träume sowie Vorlieben, Abneigungen und Gewohnheiten. All das kommt durch die komplexe Kombination der 52 Cetasika. Natürlich sind nicht alle Cetasika in jedem Citta verbaut.