1. Selbst einige Buddhisten sind skeptisch, ob man Verdienste auf andere Wesen „übertragen“ kann. Es erscheint nicht „wissenschaftlich“ genug. Allerdings ist Buddha Dhamma der Wissenschaft weit voraus. Auch wenn sich das Vokabular unterscheidet, der Mechanismus der „Übertragung“ geistiger Energie wird im Dhamma beschrieben.
- Nicht nur die Verdienste guter Taten können übertragen werden, sondern auch viele andere Versionen von „geistiger Energie“.
- Die Grundidee ist das: Wenn man eine Öllampe hat, die leuchtet, und andere Menschen auch Öllampen haben, die aber nicht leuchten, dann hat man die Möglichkeit, die anderen Lampen zum Leuchten zu bringen, indem man das Feuer teilt.
- Zwar ist es nicht möglich aus einer Öllampe tausend weitere Lampen herzustellen, aber es ist möglich, tausend andere Lampen nutzbar zu machen, indem man das Licht teilt. In gleicher Weise muss die empfangende Person grundlegende Eigenschaften haben, um die Vorteile der Verdienstübertragung zu nutzen. Da alle Öllampen ohne Möglichkeit zum Entzünden nutzlos sind, erweist die Person mit der schon leuchtenden Lampe den anderen Menschen einen großen Dienst.
- Jemand, der Verdienste schenkt, tut Pattidana bzw. schenkt Bedingungen für gutes Kamma Vipaka. Der Empfänger muss gute Kamma-Samen bzw. Hetu (Ursachen) haben und Pattidana annehmen. Dieses Annehmen nennt man Punna Anumodana.
2. Anumodana bedeutet, der empfangende Geist wird freudig mit den empfangenen Verdiensten (anu + modana). Der Geber schenkt Paccaya bzw. die „Hilfsursachen“ oder Bedingungen (gemeinhin wird das verfälschende Sanskrit-Wort pratyaya verwendet, aber korrekt ist das Pali-Wort paccaya). Paccaya repräsentiert patti in Pattidana (paccaya + dana = „schenken/übertragen/geben der passenden Bedingungen“). Der Geber steuert selbst Hetu (Ursachen) aus dem eigenen guten Kamma bei. Damit hat er Ursachen (Kamma) und Bedingungen (in dem Fall aus Pattidana) für gutes Kamma Vipaka.
- Anders als beim direkten Schenken kann der Geber dem Empfänger nicht das geben, was der erhalten soll, außer der Empänger ist auf „Empfangen“ eingestellt.
- Der Empfänger tut Punna Anumodana, d.h. Pattidana vom Geber entgegennehmen und freudvoll mit den Verdiensten sein. Dies wird auch Pattanumodana genannt.
3. Geben und Empfangen kann auf vielfältige Weise geschehen:
- Der direkte Weg des Gebens/Empfangens ist, wenn man Geld oder etwas Materielles schenkt. Es wird vom Konto des Gebers abgezogen und dem Konto des Empfängers hinzugefügt und damit vollständig übertragen.
- Wenn ein Lehrer eine volle Klasse Kinder unterrichtet, lehrt der Lehrer allen Kindern auf gleiche Weise. Aber wieviel jedes Kind „empfängt“ oder begreift, hängt von den Fähigkeiten des Kindes ab.
- Ein Radio-Sender überträgt ein Programm. Aber der Empfang des Programms hängt von der Qualität des Empfängers (Radio) ab. Es muss auch auf die korrekte Frequenz eingestellt sein und eine Stromversorgung haben.
- Übertragung von Verdiensten kann sofort oder mit Zeitverzögerung geschehen, denn die geistige Energie bzw. der „Verdienst“ wird in Nama Loka gespeichert und ist jederzeit zugänglich. Siehe Erinnerung, Gehirn, Geist, Nama Loka, Kamma Bhava, Kamma Vipaka, Was sind Dhamma? – Eine tiefere Analyse und Unsere zwei Welten: Materie und Geist.
4. Daher ist nur beim direkten Geben die übertragene Menge gleich der empfangenen Menge. Die empfangene Menge beim indirekten Geben hängt vom Empfänger ab. Ähnlich läuft der Mechanismus beim Übertragen von Verdiensten an andere Wesen, die weit weg oder in anderen Ebenen der Existenz sein können.
- Alle Absichten haben kammische Energie (Cetana ham bhikkave kamman vadami oder „Bhikkhus, ich sage, Absicht ist Kamma“). Kamma ist die grundlegende potentielle Energie für alles in dieser Welt.
- Die Menschen unterschätzen sehr die Macht des menschlichen Geistes. Diejenigen, die zumindest Anariya Jhana erlebt haben, erfassen ein bisschen diese Macht. Siehe Macht des menschlichen Geistes – Einführung.
- Direktes Geben ist Dana, indirektes Geben ist Pattidana. Dies sind zwei der zehn verdienstvollen Taten (Punna Kamma). Siehe Zehn moralische Taten (Dasa Kusala).
5. Ein solcher Mechanismus ist annantara-samanantara Paccaya, siehe Annantara und Samanantara Paccaya. Dies ist ein allgemeines Gesetz in Buddha Dhamma, nämlich Kamma Niyama (das universelle Prinzip von Kamma).
6. Wenn man Verdienste überträgt oder Metta Bhavana ausübt, überträgt man seine Absichten. Zum Übertragen von Verdiensten könnte man z.B. im Stillen sagen: „Mögen meine Verdienste mit allen Wesen in allen Reichen der Existenz geteilt werden.“ Das kann man weiter ausbauen und auch ganz präzise ein bestimmtes hilfsbedürftiges Wesen „beschenken“.
- Aber nur weil man gibt, muss der Empfänger nicht empfangen. Er braucht auch eine passende Einstellung. Wie beim Radio muss das „Empfangsgerät“ (Geist) auf die „richtige Frequenz“ (Geisteshaltung) eingestellt sein, um Signale zu empfangen.
7. Übertragung von Verdiensten funktioniert effizient, wenn der Geber und der Empfänger zusammen sind und jeder sich der Absicht des anderen bewusst ist. In asiatischen Ländern ist es üblich, Verdienste auf verstorbene Verwandte zu übertragen. Almosen für den Sangha oder ähnliche verdienstvolle Taten werden auch getan. Ist der/die Verstorbene in einem Zustand, wo er/sie Verdienste empfangen kann (z.B. Gandhabba), wird das Wesen auch dankbar für das Geben sein.
8. Es ist auch möglich, „Dhamma zu geben“ oder „Kusala zu geben“. Der Buddha sagte, „sabba danan Dhamma danan jinati“ oder „von allen Arten des Gebens ist das Geschenk des Dhammas am verdienstvollsten“.
- Wenn der Buddha einen Diskurs abhielt, empfingen die Zuhörer Dhamma oder Kusala in unterschiedlichem Ausmaß. Einige wurden Arahants, andere erreichten die Sotapanna-Stufe, usw. Wieder Andere erreichten keinen Magga Phala, häuften aber Kusala an. Kusala (ku oder kunu oder „Schmutz“ + sala = „entfernen von Schmutz bzw. unreinen Dingen aus dem Geist“) bedeutet also das Absorbieren von Weisheit, Nicht-Gier (Alobha), Nicht-Hass (Adosa) und Verwerfen von Gier, Hass und Ignoranz.
- Während eines solchen Diskurses wird vor allem die Ignoranz beseitigt (und Weisheit gewonnen), was wiederum Gier und Hass in gleichem Maß entfernt.
9. Wieviel eine bestimmte Person bei einer solchen Gelegenheit empfängt, hängt von der Verständnisebene dieser Person ab. Buchwissen oder Ausbildungsstand zählen hier nicht.
- Ananda war sehr belesen, ein ehemaliger Prinz, und hatte eine erstaunliche Gedächtnisleistung. Er hatte den ganzen Suttapitaka im Gedächtnis und lebte für viele Jahre beim Buddha, aber er erreichte die Arahantschaft erst nach dem Parinibbana (Tod) des Buddha.
- Suneetha entstammte der niederen Kaste und trug Eimer voller Kot, als er den Buddha traf. Der Buddha mit seinen übernatürlichen Fähigkeiten sah, dass Suneetha in der Lage war, Dhamma zu verstehen. Er forderte Suneetha auf, sich ihm anzuschließen. Suneetha wurde innerhalb von sieben Tagen zum Arahant.
10. Eine Person kann für Dhamma empfänglich sein, wenn der Geist in einem ruhigen Zustand ist. Sie versteht aber nichts, wenn der Geist erregt oder abgelenkt ist. Dies ist gleichbedeutend mit dem Vorhandensein der fünf Hindernisse. Siehe Schlüssel zur Beruhigung des Geistes – Die fünf Hindernisse. Daher ist die Geisteshaltung wichtig für das Lernen von Buddha Dhamma.
- In asiatischen Ländern ist dies ein wichtiger Grund, in den Tempel zu gehen und an einer Buddha-Statue Blumengeschenke abzulegen. Solche Aktivitäten bringen den Geist in einen ruhigen, friedlichen Zustand und sind geeignet für die Aufnahme von Dhamma-Diskursen.
11. Annantara und Samananatara sollten optimal sein, um all diese Aktivitäten effizient zu gestalten.
- Wenn man nicht das korrekte Dhamma lernt, ist Annantara nicht gut und man verschwendet seine Zeit. Doch selbst wenn das Dhamma gut ist, aber Samanantara nicht (d.h. der Empfänger ist nicht aufnahmefähig), dann ist das auch Zeitverschwendung.
- Dieses Konzept lässt sich leicht verstehen: Ein Kamma-Samen ist das Anantara. Der Geisteszustand des Empfängers ist wie das Feld, in das die Samen gepflanzt werden (Samanantara). Ist das Feld nicht bewässert, keine Nährstoffe vorhanden oder kein Sonnenlicht verfügbar, dann kann der Samen nicht keimen und wachsen. Der Geisteszustand des Empfängers muss empfangsbereit sein (zum Empfang von Verdiensten oder Lernen von Dhamma). Der Empfänger muss in unserem Fall jedoch die Hilfsbedingungen (Samanantara) bzw. Pattidana vom Sender annehmen, um seinen eigenen guten Kamma-Samen zur Wirkung zu bringen (Vipaka).
- Nur wenn Ananatara und Samanatara optimiert und aufeinander abgestimmt sind, kommen alle Vorteile hervor, d.h. die Übertragung wird optimal.
12. Es gibt da eine Art von Anumodana, die im täglichen Leben geschieht. X startet ein Projekt zur Speisung der Armen. Viele arme Menschen profitieren davon. Y sieht das mit Freude und dankt X dafür. Diese Freude im Herzen gilt als Verdienst, auch wenn Y nicht dazu beigetragen hat. Es wird gutes Kamma Vipaka für Y. Andererseits wird X keine Verdienste verlieren.
- Nichts geschieht einfach so. Also woher kommt der Verdienst? Er kommt aus der geistigen Energie von Y (Kamma), als er/sie die gute Tat mit Freude erblickt. Dies ist Teil der geistigen Energie (Javana), die ein Mensch besitzt.
- Es ist auch möglich, die Auswirkungen von unmoralischen Handlungen zu übertragen. X verprügelt Y. Person Z ist froh darüber und ermutigt X weiterzumachen, sodass Y durch die Schläge stirbt. Jetzt erwerben X und Z schlechtes Kamma für diese unmoralische Tat.
- Rechtlich gesehen würde das Verhalten von Z auch bestraft (z.B. Mittäter, Beihilfe oder unterlassene Hilfeleistung).