Buddhismus ohne Wiedergeburt und Nibbāna?

Ich habe an mehreren Internetforen zum Thema „Buddhismus“ in den Jahren 2013/14 teilgenommen. Eine Sache, die deutlich hervorsticht, ist die Tatsache, dass es viele Menschen gibt, die den Buddhismus mögen, aber Wiedergeburt und Nibbāna nicht verstehen. Das Denken ist etwa so: Warum können wir den Buddhismus nicht ohne Wiedergeburt (weil ich nicht an Wiedergeburt glaube) und Nibbāna haben (weil das zu kompliziert scheint)?

Diese Menschen sind vom Konzept der Wiedergeburt abgeschreckt und durch den Begriff von Nibbāna mystifiziert.

  • Wiedergeburt. Die meisten großen Religionen basieren auf drei Ebenen der Existenz: Dieses Leben und eine von zwei ewigen Lebensstufen danach, entweder Himmel oder Hölle, je nach den persönlichen Taten in diesem Leben. Dieses Modell ist sehr einfach. Buddhas 31 Reiche der Existenz mit vielen „unsichtbaren Wesen“ scheint im Vergleich dazu weit hergeholt. Auch die Möglichkeit, als Tier wiedergeboren zu werden, ist ein abscheulicher Gedanke ähnlich dem der Abstammung vom Affen (vor dem Bekanntwerden der Evolutionstheorie).
  • Nibbāna. Die zweite Frage ist vor allem wegen Mahayana-Lehren zu einem Problem geworden. Die Mahayana-Sekte entstand im Wesentlichen aus den philosophischen Analysen von Nibbāna durch Nagarjuna, Asanga und andere Mahayana-Vorväter. Sie konnten das Konzept von Nibbāna und was mit einem Arahant im Tod passiert, nicht verstehen. Sie entwickelten Konzepte wie Sunyata (Sunnata) bzw. Leere. Siehe Was ist Sunyata oder Sunnata (Leere)?.

1. Es gibt zwei existierende Facetten des Buddha Dhamma:

  • Der Buddha sagte: „Dieses Dhamma ist anders als alles, was die Welt je gesehen hat.“ Es braucht wirklich einen Paradigmenwechsel, um in die „neue Perspektive zur Weltanschauung des Buddha“ zu gelangen. Man muss in der Lage sein, alle vorgefassten Meinungen beiseite zu legen, um die Kernbotschaft zu verstehen.
  • Der Buddha sagte jedoch auch: „Mein Dhamma ist gut am Anfang, gut in der Mitte und gut am Ende.“ Es gibt etwas, was man von Buddha Dhamma gewinnen kann.
  • In Bhikkhu Bodhis Buch „In den Worten des Buddha“ gibt es ein Kapitel über „Das in diesem gegenwärtigen Leben sichtbare Glück“, in dem Buddhas Lehrreden für diejenigen beschrieben werden, die nicht nach Nibbāna streben, aber ein moralisches Leben führen möchten.
  • Die Konzepte Wiedergeburt und Nibbāna sind Paradigmen verändernde Konzepte. Aber während man das Dhamma lernt, werden diese Begriffe klar.

2. Für diejenigen, die nicht an Wiedergeburt glauben, gibt es einen einfachen Weg, um zu beginnen ohne an den Wiedergeburtsprozess glauben zu müssen. Ich empfehle den folgenden Beitrag: Auf dem Pfad ohne Glauben an Wiedergeburt.

3. Wenn man vollständig vom Buddha Dhamma profitieren will, muss man die Kernbotschaft verstehen. Und diese Kernbotschaft ist, dass dieses Leben nur eine unbedeutende Zeit im Kreislauf der Wiedergeburten ist, in dem wir seit ewigen Zeiten leben und dass „unsere Welt“ viel komplexer ist, als wir es aktuell wahrnehmen. Noch bedeutsamer ist, dass das Leiden in den unteren Reichen der Existenz viel größer ist als das im Menschen-Reich.

  • Das ist eine Menge, was als Grundlage akzeptiert werden muss. Wir können froh sein, jetzt zu leben, denn es zeigen sich immer mehr BEWEISE für diese größere Weltanschauung des Buddha. Siehe Dhamma und Wissenschaft – Einführung.
  • Und sowohl die großen Mahayana-Sekten als auch der Theravada-Buddhismus glauben an Wiedergeburt und Nibbāna. Alle Buddhisten (mit Ausnahme des Typs von Stephen Batchelor, der einige populäre Bücher über den Buddhismus schrieb) glauben an Wiedergeburt und Nibbāna. Ich habe das Etikett „säkularer Buddhismus“ gesehen, um diejenigen zu beschreiben, die einige Aspekte des Buddhismus mögen (im Grunde moralisches Leben und Meditation), aber nicht notwendigerweise Wiedergeburt und/oder Nibbāna.
  • Ein Buddhist, der nicht an Wiedergeburt glaubt, ist ein Oxymoron. Das Pali- oder Sinhala-Wort für „Buddhist“ ist „Bhauddhaya“ und bedeutet „eine Person, die versucht, den Wiedergeburtsprozess zu stoppen“ (bhava + uddha). Eine Bedeutung von Buddha Dhamma ist, „der Pfad, Bhava zu entfernen und den Wiedergeburtsprozess zu stoppen“. Buddha bedeutet, „jemand, der Bhava entfernt hat (und Nibbāna erlangt hat)“.

4. Daher kann man ein „weltlicher Buddhist“ sein. Das könnte ein Zwischenstadium sein, bevor man ein „echter Buddhist“ wird. Wir müssen nur die Konzepte klarstellen. Da es keinen formalen Weg gibt, sich als „Buddhist“ zu bezeichnen, ist es wirklich eine Entscheidung im eigenen Geist, ob man Buddhist ist oder nicht. Der Buddha erklärte, dass jede Person ihr eigenes Niveau des Verstehens hat. Und es gibt keinen Grund, nur so zu tun. Entscheidend ist, dass man richtig informiert ist.

  • Man wird kein Buddhist, indem man Gebote rezitiert. Man wird allmählich zu einem Buddhisten, da der Geist die Weltanschauung des Buddhas erfasst und erkennt, dass wahres Glück durch Verstehen der wahren Natur dieser Welt erreicht wird: anicca, dukkha, anatta, und schließlich indem der Wiedergeburtsprozess gestoppt wird.

5. In der Zwischenzeit ist es wichtig zu erkennen, dass gemäß Buddha Dhamma bestimmte falsche Sichtweisen negative Folgen haben. Die feststehende  Sichtweise, dass es keinen Wiedergeburtsprozess gibt, ist Teil von Micca Ditthi (falsche Sichtweisen), was ein starkes Dasa Akusala ist (zehn unmoralische Taten). Damit wird Wiedergeburt in den Apaya möglich. Es ist nicht notwendig, fest an Wiedergeburt zu glauben, man sollte dies aber zumindest als Möglichkeit zulassen. Wichtig ist nur, keine niyata (unverrückbare) Micca Ditthi zu haben.

  • Der Glaube (saddha) im Buddha Dhamma unterscheidet sich von dem in anderen Religionen. Glaube an Wiedergeburt oder Nibbāna sind keine Dogmen. Entweder glaubt man an sie oder nicht. Siehe Ist Buddha Dhamma (Buddhismus) eine Religion?. Man kann seine Sichtweise ändern, nachdem man die Fakten geprüft hat.

6. Schließlich braucht es eine echte Anstrengung, all die verschiedenen Versionen des „Buddhismus“ da draußen zu sortieren. Über 2500 Jahre haben die Menschen versucht, Buddha Dhamma in eine Form zu bringen, die ihnen gefällt. Deshalb haben wir so viele Versionen. Aber als das geschah, ging die Einzigartigkeit und die wirkliche Botschaft verloren. Wir müssen diese einzigartige Botschaft mit dem Wissen intakt halten, dass nicht jeder es sofort versteht.

  • Der Schlüssel besteht darin, alle Versionen oder Aspekte zu verwerfen, die kein einheitliches Bild liefern. Buddha Dhamma beschreibt die Gesetze der Natur. Es kann keine Inkonsistenzen geben. Das versuche ich mit dieser Webseite zu zeigen. Wenn Sie Unstimmigkeiten auf der Webseite sehen, lassen Sie es mich wissen.
  • Ich verwende den Tipitaka als Grundlage (Pali Canon). Der Tipitaka wurde vor über 2000 Jahren niedergeschrieben (von Arahants, die Nibbāna kannten) und es ist das älteste Dokument, was die drei Hauptlehren umfasst: Sutta, Vinaya, Abhidhamma.
  • Ich habe die Fehler sowohl im Mahayana-Buddhismus als auch (im geringeren Ausmaß) im aktuellen Theravada-Buddhismus dokumentiert, indem ich auf die Inkonsistenzen mit dem Tipitaka hinwies. Außerdem zeige ich, dass alles selbstkonsistent ist, was die wissenschaftliche Grundlage bildet, um die Gültigkeit einer Theorie zu veranschaulichen. Newtons Theorie der Gravitation musste modifiziert werden, weil sie nicht mit genaueren Messungen übereinstimmte.
  • Es ist egal, was wir persönlich glauben. Wir müssen die wahren Gesetze der Natur finden, die der Buddha entdeckte. Naturgesetze, wie Schwerkraft oder Bewegungsgesetze, kümmern sich nicht darum, was wir glauben. Siehe Warum ist es wichtig, das reine Buddha-Dhamma zu finden?.
  • Buddha Dhamma (in seiner reinen Form) hat bisher allen Tests standgehalten. Beide aktuellen Mahayana– und Theravada-Lehren müssen im Vergleich zum Original revidiert werden. Es kann bewiesen werden, dass es in beiden Versionen zusätzlich zu den Widersprüchen mit den Lehren des Buddha auch Widersprüche in sich gibt. Siehe Probleme mit Mahayana-Lehren.

Nachdem wir festgestellt haben, dass Wiedergeburt und Nibbāna das „Lebensblut“ von Buddha-Dhamma sind, können wir uns nun der nächsten Frage zuwenden: Wie lässt sich Wiedergeburt „beweisen“? Was steckt hinter Nibbāna, das so esoterisch klingt?

A. Wiedergeburt

Ich habe einige Hinweise auf Wiedergeburt zusammengetragen. Siehe Hinweise auf Wiedergeburt. Ich bin mir nicht sicher, was als „Beweis“ geeignet ist. Aber eins ist klar: Die Argumente sind stark. Es gibt Hinweise aus vielen verschiedenen Bereichen, die mit den anderen Lehren des Buddha übereinstimmen, z.B. die Existenz eines Manomaya Kaya. Siehe Manomaya Kaya and physischer Körper.

  • Wenn jemand auch nur einen EINZIGEN Hinweis als wahr ansieht, der dort präsentiert wird, dann muss auch die Verbindung zwischen zwei Leben als wahr betrachtet werden. Da es keine physische Verbindung zwischen den beiden Leben gibt (die oft viele Kilometer und/oder Jahre auseinander lagen), muss die Verbindung außerhalb des physischen Bereichs liegen, d.h. es muss geistiger Natur sein. Es gibt neue Beweise bzgl. der „Quanten-Verschränkung“, die mit der Annahme übereinstimmen, dass alles in dieser Welt miteinander verbunden ist. Siehe Quanten-Verschränkung – Wir sind alle miteinander verbunden.
  • Jedoch kann man Wiedergeburt tatsächlich über die Entwicklung von Abhinna-Kräften „sehen“ (Kultivierung des vierten Jhana ist nötig). Man kann dann eigene frühere Leben „sehen“. Siehe Macht des menschlichen Geistes – Einleitung und Jüngste Beweise für ununterbrochene Erinnerungen (HSAM).

B. Nibbāna:

1. „Bāna“ in Pali und Singhalesisch bedeutet „Knechtschaft“. Nibbāna bedeutet also, frei von Knechtschaft zu sein. Wir sind an den unendlichen Zyklus der Wiedergeburten mit zehn Fesseln gebunden, geannnt Sanyojana = san + yojana. Siehe Was ist „San“? Bedeutung von Sansara (oder Samsara). Yojana bedeutet Bindung. Sanyojana wird manchmal Samyojana geschrieben.

  • Die zehn Sanyojana (bzw. Samyojana) werden über die vier Stufen von Nibbāna entfernt: 3 auf der Sotapanna-Stufe, 2 auf der Sakadagami-Stufe reduziert und auf der Anagami-Stufe entfernt. Die restlichen 5 werden auf der Arahant-Stufe entfernt.
  • Die Entfernung der 10 Sanyojana entfernt auch Gier, Hass und Ignoranz aus dem Geist. Niramisa Sukha wächst stufenweise auf jeder der vier Stufen und die „Abkühlung“ bzw. Nivana wird vollständig Siehe Wie man Nibbana schmeckt. Es gibt viele Synonyme für Nibbāna. Nivana oder Niveema sind zwei. Der Sanskrit-Name „Nirvana“ vermittelt keine dieser Bedeutungen.

2. Wenn der Geist rein ist, wird ein Wesen in keinem der 31 Reiche wiedergeboren. Der Geist hat volle Befreiung und bedingungsloses Glück erreicht (Niramisa Sukha). Damit stoppt Nibbāna den Wiedergeburtsprozess, das Leiden endet. So einfach ist das. Dieser reine Geist kann nicht mal eine sehr feine Form eines physischen Körpers ergreifen. Der Geist wird frei vom Körper, der Krankheit, Verfall und Tod unterliegt. Das ist Nibbāna.

  • Die nibbanische Erfahrung kann nicht durch die Terminologie „dieser Welt“ beschrieben werden. Sie ist transzendent oder „lokottara„, jenseits „dieser Welt“. Siehe Nibbana „existiert“, aber nicht in dieser Welt.
  • Außerdem können wir nur sagen, was mit einem Arahant bei seinem Tod geschieht, nämlich dass er/sie nicht mehr wiedergeboren wird. Der Geist wird frei von Bindungen an den physischen Körper, der so viel Leid einbringt.
  • Viele Leute sagen: „Welches Leiden? Ich leide nicht.“ Aber das wirkliche Leiden wartet in den unteren vier Reichen. Deshalb ist das vollständige Bild von 31 Reichen wichtig. Darüberhinaus gibt es viel Leid, das maskiert ist, besonders wenn man jung ist. Wenn man alt wird, ist es unvermeidlich, dass man das Leiden in höherem Maße spürt und dann dem Tod gegenübersteht. 

3. Der Punkt ist jedoch, nicht wegen dieser Unausweichlichkeit zu verzweifeln. Manche Menschen werden deprimiert, wenn sie über das Alter nachdenken und versuchen alles aufzugeben, um dem Pfad des Buddha zu folgen.

  • Es ist nicht einmal möglich, dass jemand, der Buddha Dhamma nicht kennt, sofort die Arahant-Stufe erreichen kann. Das muss mit Verständnis getan werden. Wenn man dem Pfad folgt und Dhamma lernt, kann man anfängliche Phasen von Niramisa Sukha spüren und tiefer ins Dhamma einsteigen. Siehe Drei Arten von Glück – Was ist Niramisa Sukha? .
  • Haben Sie irgendwelche depressiven buddhistischen Mönche gesehen? Die Mönche haben die weltlichen Freuden freiwillig aufgegeben, NICHT mit der Einstellung einer depressiven Person. Depression führt zu Hass. Wahres „aufgeben“ geschieht mit Weisheit.

Der entscheidende Punkt ist, dass ALLES, was wir beobachten und ALLES, was wir erleben, mit der vollständigen „Weltsicht“ des Buddha erklärt werden kann, wobei Wiedergeburt und Nibbāna wesentliche Grundlagen sind.

Man muss das alles nicht wissen, wenn man nur Frieden im Geist sucht. Man kann die grundlegenden Regeln für moralisches Leben befolgen, die der Buddha nannte. Doch dieses kurze Menschen-Leben gleicht einem „Wassertropfen in einem riesigen Ozean“, dem Zyklus der Wiedergeburt, der voller Leiden ist. Daher sollte man zumindest kritisch prüfen, ob diese Botschaft ernst genommen werden muss.

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