Vinnana II (Bewusstsein)

Viññāna  wird normalerweise als Bewusstsein oder Wahrnehmung übersetzt. Aber es ist viel mehr und kann verschiedene Arten umfassen. Viññāna ist sehr komplex und der Schlüssel zu Nibbāna.

Sechs Arten von Viññāna

1. Es gibt sechs Arten von Viññāna mit Entsprechungen zu den sechs Sinneseingängen (Sehen, Hören, Schmecken, Riechen, Fühlen, Geist): Cakkhu, Sota, Jivha, Gandha, Kāya und Mano Viññāna.

  • Wenn wir einen Sinneseindruck erleben (z.B. ein Objekt sehen), erfahren wir unmittelbar auch glückliche, unglückliche oder neutrale Gefühle (Vedana), erkennen das Objekt (Sanna) und generieren automatisch Mano Sankhara.
  • Viññāna bietet die gesamte Sinneserfahrung, die Vedanā, Sanna und Sankhara beinhalten. Diese drei werden kombiniert auch Nāma genannt, denn sie sind rein geistiger Natur.
  • Zusätzlich zu dieser „Sinneserfahrung“, kann Viññāna auch als Brücke zwischen Nāma und Rūpa agieren und Nāmarūpa erschaffen. Diese Nāmarūpa sind die Samen für die Kreation von Materie (Rūpa). Das ist die eine Art von Viññāna – genannt Kamma Viññāna.

Zwei Arten von Viññāna – Vipaka Viññāna und Kamma  Viññāna

2.  Vipaka Viññāna  ist die Wahrnehmung: Wenn man etwas sieht, ist das Cakkhu Viññāna; wenn man etwas riecht, ist das Ghana Viññāna, usw.. Es gibt 6 Arten von Vipāka Viññāna, welche durch die 6 Sinnestüren hereinkommen (Augen, Ohren, Nase, Zunge, Körperkontakt und Geist). Dies sind die sechs Arten von oben (Nr. 1).

  • Der zweite Haupttyp ist Kamma Viññāna bzw. verunreinigtes Viññāna. Diese Kamma Viññāna sind im Grunde Kamma Beeja, die verantwortlich für zukünftiges Vipāka Viññāna  sind (über Kamma Vipāka ) und sogar zukünftige Geburten.
  • Kamma Viññāna gehören in die Kategorie der Mano Viññāna,  d.h.  Kamma Viññāna  entstehen im Geist, ohne Beteiligung der fünf physischen Sinneseingänge. Daher kann  Mano Viññāna entweder Vipāka Viññāna oder Kamma Viññāna sein.

3. Kamma Viññāna entstehen über unsere verunreinigten Gedanken (Sankhara): Mano, Vaci und Kāya Sankhara.

  • Wenn wir automatisch Gedanken aufgrund eines Sinneseindrucks erzeugen, sind das Mano Sankhara. Dann denken wir bewusst darüber nach und sprechen (Vaci Sankhara) und/oder handeln physisch (Kāya Sankhara).
  • Sprechen (mit dem Mund) und stilles Nachdenken sind beides Vaci Sankhara; siehe Bedeutung von Vaci Sankhara.

4. Wir können jetzt erkennen, dass „Bewusstsein“ oder „Wahrnehmung“ in Wirklichkeit Vipāka Viññāna ist, es ist die Erfahrung zu einem bestimmten Zeitpunkt.

  • Auf der anderen Seite ist Kamma Viññāna das „Unbewusste“. Es ist eine Hoffnung (oder Wunsch), die verborgen liegt und von Zeit zu Zeit wieder an die Oberfläche kommt. Wenn wir einen Autokauf planen, bleibt diese Idee im Unterbewusstsein. Wenn wir ein Auto sehen, was diesem Plan entspricht, wird das Viññāna dafür „geweckt“ und wir beginnen, darüber nachzudenken. Aber sobald wir das Auto kaufen, verschwindet das Viññāna, d.h. wir werden nicht mehr den Kauf bedenken.
  • Wir werden vor allem wiedergeboren, weil wir den Wunsch haben zu leben und das Leben zu genießen. Aber wir bekommen meist nicht exakt unseren Wunsch. Wenn wir mit den Dasa Akusala handeln, werden wir wahrscheinlich in den Apayas wiedergeboren, unabhängig davon, was wir wollen.

Mechanismen zur Erzeugung von Vipaka Viññāna  und Kamma Viññāna

5. Kamma Viññāna bzw. verunreinigtes Bewusstsein wird mit Paticca Samuppada Zyklen erzeugt, d.h. via Sankhara: Avijja paccayā Sankhara und Sankhara paccayā Viññāna.

  • Daher sammeln wir solche Kamma Viññāna an, indem wir (Abhi)Sankhara mit Unkenntnis über die Anicca-Natur tun, um Sinnesvergnügen zu erhalten und dauerhaftes Glück zu finden.

6. Vipaka Viññāna entstehen über die sechs Sinnesfähigkeiten: „cakkunca paticca rupeca uppaddati cakkhu viññānam“, „sotanca paticca saddeca uppaddati sota viññānam‚ …‘ mananca paticca dhammeca uppaddati mano viññānam“.

  • Wir sehen ein Objekt, wenn die Augen Licht von diesem Objekt einfangen, wir hören Töne, wenn die Ohren Schallwellen empfangen, … wir haben einen Gedanken, wenn der Geist  Dhamma empfängt.
  • Ein Beispiel für Mano Viññāna ist, wenn wir uns an etwas vom Tag vorher erinnern.

Basierend auf Vipaka Viññāna initiieren wir Kamma  Viññāna

7. Alle anfänglichen Sinneswahrnehmungen basieren auf Kamma Vipāka, d.h. es führt zu Vipāka Viññāna. Basierend auf diesen Sinneseindrücken können wir neues Kamma Viññāna initiieren,  wenn die Sinneseindrücke nach Abgleich mit dem Gathi als entweder attraktiv (führt zu Verlangen) oder abstoßend (führt zu Zorn/Ärger) eingeschätzt werden. Dies geschieht über Sankhara paccayā Viññāna.

8. Wenn wir bewusst Sankhara ausführen, erzeugen wir neues Kamma über den Schritt Sankhara paccayā Viññāna. Das führt zu neuem Kamma Viññāna. Wenn diese Abhisankhāra  stark genug sind, erzeugen sie Kamma Viññāna, die später zu einer besonderen Art von Vipāka Viññāna führen, genannt Patisandhi Viññāna (verantwortlich für Wiedergeburt in einem neuen Bhava).

  • Ein Patisandhi Viññāna erscheint am Ende einer Existenz und bestimmt die neue Existenz, wenn wir dieses Vinnana ergreifen. Wir haben in diesem Augenblick aber keine Kontrolle darüber. Patisandhi Viññāna ist das Ergebnis aus früherem Kamma. 

9. Dieser Teufelskreis von Vipāka, was zu neuem Kamma führt, was wiederum zu mehr Vipāka führt, ist der Prozess, der uns an Sansara  bindet, den endlosen Kreislauf der Wiedergeburten.

  • Der Buddha beschrieb dies als „“kammā vipākā vaddanti, vipākō kamma sambhavō, tasmā punabbhavō hōti, evan lokō pavattati„.
  • Das heißt, „Kamma  führt zu Vipāka, Vipāka wiederum zu Kamma und damit zu Wiedergeburt (punabbhavō), und so wird diese Welt (Existenz) aufrechterhalten“.
  • Dort heißt es „sambhava“ = san + bhava oder ‚hinzufügen von mehr Existenzen‘. „Loka“ = „Welt“ und „pavatta“ = „aufrechthalten“.

10. Das Durchbrechen dieses Teufelskreises ist der Schlüssel zu Nibbāna.

Yam kinci dukkham sambhoti, sabbam viññānapaccayā“ („Welches Leiden auch immer entsteht, es entsteht durch Viññāna“)

11. Es gibt viele Sutta, die deutlich machen, dass  Nibbāna  durch Verhindern des Entstehens von verunreinigtem Viññāna erreicht wird, d.h. mit Viññāna Nirodha. Eine klare Aussage findet sich hier: Dvayatānupassanāsutta (Sutta Nipata 3.12):

Yam kinci dukkham sambhoti,
Sabbaṃ viññāṇapaccayā;
Viññāṇassa nirodhena,
Natthi dukkhassa sambhavo.

Übersetzt:  „Welches Leiden auch immer entsteht, es entsteht durch Viññāṇa. Mit dem Nicht-Entstehen von Viññāṇa gibt es keine leidvolle Existenz“.

  • Das Viññāṇa hier ist Kamma Vinnana bzw. verunreinigtes Bewusstsein.

12. Kamma Viññāna verhindert man, indem man Abhisankhāra stoppt, d.h. kein Kamma Viññāna im Schritt Sankhara paccayā Viññāna entstehen lässt:

  • Zuerst muss man Panna kultivieren, um Avijja zu reduzieren, sodass der Schritt Avijja paccayā Sankhara vermieden wird. Dazu muss man die Tilakkhana erfassen.
  • Zweitens muss man moralisch achtsam handeln (Sati) und so Abhisankhāra verhindern, was wiederum (schlechte) Wiedergeburt stoppt bzw. schlechtes Kamma Vipāka verhindert. Das tut man mit der Cattārō  Satipattana.
  • Diese beiden Schritte sind wichtig, sie nähren sich gegenseitig. Je mehr man die Anicca-Natur versteht, umso leichter stoppt man Abhisankhāra und je mehr man Abhisankhāra verhindert, umso mehr versteht man die Anicca-Natur.

Die wichtigsten Punkte

13. Kamma Viññāna sind Sankata, die wir selbst erschaffen. Sie werden auch Kamma Beeja genannt. Wir erschaffen sie mit Mano, Vaci und Kāya Sankhara aufgrund unserer Ignoranz. Dieser Prozess wird mit Paticca Samuppada beschrieben.

  • Wir können die Erzeugung von Kamma Viññāna stoppen, indem wir achtsam handeln und Abhisankhāra vermeiden, insbesondere Apunnaabhisankhāra bzw. unmoralische Taten.

14. Die Art der Wiedergeburt (bzw. Kamma  Vipāka) wird durch die Abhisankhāra bestimmt und mit Paticca Samuppada beschrieben: die Wiedergeburten entsprechen den vorausgegangenen Abhisankhāra, siehe Paticca Samuppada – „pati+ichcha“ + “sama+uppāda“.

  • Die Abhisankhara bringen Vipāka bzw. Ergebnisse in der Zukunft über Vipāka Viññāna. Solange man lebt, wird man Vipāka Viññāna erleben, selbst als Arahant.
  • Jedoch erfasst ein Arahant kein neues Bhava im Moment des Todes (am Cuti-Patisandhi), weil der PS-Schritt upadana paccayā bhava bei einem Arahant nicht mehr funktioniert: Er/sie wird kein Bhava ergreifen.

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