Verborgende Welt der Gandhabba: Unterwelt (Para Loka)

1. Wenn ein Lebewesen ein Menschen-Bhava erlangt, bedeutet das nicht, dass es während der ganzen Zeit einen Menschen-Körper hat. Siehe Bhava und Jati – Existenz und Geburt.

  • Beim Tod verlässt die Gandhabba den groben physischen Körper und wartet in diesem Zustand, bis eine geeignete Gebärmutter verfügbar wird. Es gibt wahrscheinlich eine sehr große Anzahl solcher Menschen-Gandhabbas im Wartezustand. Dies ist ein Grund, warum man Mutter und Vater so sehr ehren sollte. Egal wie gut oder schlecht sich die eigenen Eltern manchmal verhalten mögen, sie haben uns die Geburt als Mensch ermöglicht. Das macht die Eltern zu einem unschätzbaren Gut.

2. Wesen werden als Mensch geboren, weil sie die Sinnesfreuden im Zusammenhang mit dem menschlichen Körper ersehnen. Eine Gandhabba hat einen sehr feinen Körper, den wir nicht sehen können, viel weniger als 0,01 g. Siehe Manomaya Kaya (Gandhabba) und physischer Körper. Eine Gandhabba entsteht am Cuti-Patisandhi und ist viel kleiner als ein Atom. Einige atmen/absorbieren Aroma und das macht sie etwas dichter. Daher kommt der Name Gandhabba (gandha + abba).

  • Eine Gandhabba ist nicht in der Lage, feste Nahrung oder körperliche Berührung zu erleben. Aber sie können sehr gut sehen und hören. Deshalb fristen sie ihr Dasein eher unglücklich, da sie die „angenehmen Aktivitäten“ normaler Menschen nicht erleben können.
  • Wenn eine Zygote in einer Gebärmutter als Folge von Geschlechtsverkehr geschaffen wird, steht eine riesige Zahl von Gandhabbas bereit, in diese Zygote „einzuziehen“. Aber natürlich haben sie keine Wahl. Nur die Gandhabba mit passendem Gati abgestimmt auf die Eltern kann in die Gebärmutter gezogen werden.

3. Selbst wenn ein Menschen-Bhava Tausende Jahre andauert, kann die tatsächliche Zeit des Lebens mit einem Menschen-Körper nur ein Bruchteil davon sein. Das ist ein weiterer Grund für die Kostbarkeit einer Geburt als Mensch. Es gibt auch eine Unzahl von Tier-Gandhabbas, die auf eine geeignete Gebärmutter warten.

4. Sowohl Menschen- als auch Tier-Gandhabbas leben in Para Loka (Paralowa in Singhalesisch). Diese „Unterwelt“ kann ein normaler Mensch nicht sehen, auch wenn die Gandhabbas uns sehen. Es gibt kein passendes deutsches Wort dafür, aber „Unterwelt“ oder „verborgene Welt“ wäre eine Idee.

  • Die Wesen mit Menschen oder Tier-Bhava verbringen ihre Zeit entweder in „dieser Welt, die wir sehen“ oder in Para Loka.
  • Viele Menschen sind sich der Existenz von Para Loka nicht bewusst. Das Konzept der Gandhabba wird auch nicht im Visuddhimagga genannt. Es ist bedauerlich, dass der aktuelle Theravada weitgehend auf dem Visuddhimagga beruht anstatt auf dem Tipitaka.
  • Gandhabba wird in der Tirokudda Sutta im Khuddaka Nikaya im Detail beschrieben, wo es Tirokudda bzw. Tirokuddaya genannt wird, statt Gandhabba.

5. Die Tradition, den Bhikkus eine besondere Gabe (Dāna) zu schenken, wenn jemand stirbt, dient in erster Linie dem Wohl der Gandhabba (und den Pretas). Dies ist eine gängige Praxis in buddhistischen Ländern. Normalerweise wird es sieben Tage nach dem Tod durchgeführt, dann nach drei Monaten usw.

  • Nicht alle Wesen können Verdienste erhalten. Vor allem die Wesen in der Niraya sind nicht in der Lage, weil sie nicht die richtige Geisteshaltung haben, um Verdienste entgegenzunehmen (samanantara paccaya). Am meisten profitieren Gandhabbas und Pretas vom Dana.
  • Gandhabba sind völlig verschieden von Pretas oder von Höllenwesen in der Niraya. Nur Gandhabbas leben in Para Loka. Pretas und Höllenwesen haben sofortige Geburten (Opapatika), wie auch Devas und Brahmas.

6. Der Buddha beschrieb, wie er Menschen von Leben zu Leben wandern sah, als er zum ersten Mal Cutūpapāda Nāna in der Nacht seiner Erleuchtung erlangte. Cutūpapāda kommt von cuti = sterben/Tod und upapāda = Geburt.

7. Diese Beschreibung des Buddhas beinhaltete nicht das allgemeine Wandern innerhalb der 31 Reiche, sondern es ging um Tod und Sterben innerhalb eines Menschen-Bhavas mit den „Wartezeiten“ der Gandhabba dazwischen.

  • Das Gleichnis lautet wie folgt: Wenn man in der oberen Etage eines Gebäudes an einer Straßenkreuzung sitzt, kann man die Straßen unten sehen. Man kann viele Menschen auf der Straße gehen sehen (Gandhabbas). Manchmal geht eine von ihnen in ein Haus und bleibt dort für lange Zeit. Dies ist der Vergleich zum Eintritt in eine Gebärmutter und Bau des physischen Körpers. Das Haus ist analog dem physischen Körper.
  • Dann kommt die Gandhabba beim Tod des physischen Körpers heraus und wandert wieder auf der Straße herum. Die Gandhabba kann lange Zeit durch die Straßen ziehen, bevor „ein anderes Haus“ erscheint, wo sie reingelassen wird (d.h. Eintritt in eine passende Gebärmutter).
  • Manchmal betritt die Gandhabba ein Haus und kommt direkt danach wieder raus. Dies gleicht einem Schwangerschaftsabbruch. Eine Gandhabba erreicht zwar eine Zygote, kann aber aus irgend einem Grund nicht bleiben.
  • Ein Mensch wandert also hin und her zwischen „dieser Welt“ und der „anderen Welt“ bzw. der „Unterwelt“ (Para Loka). Sobald die kammische Energie des Menschen-Bhava erschöpft ist, wird ein neues Bhava ergriffen (meist in einem unteren Reich).
  • Ist das neue Bhava nicht im Menschen- oder Tierreich, wird man sofort in einem anderen Reich geboren (Brahma, Deva , Asura, Preta, Niraya). Dort gibt es keine Gandhabbas.
  • Bhava und Jati bedeutet in diesen anderen Reichen das gleiche. In diesen Reichen,  führt Bhava automatisch zu Jati.

8. Wenn man Fälle von Wiedergeburt untersucht (meist Kinder), gibt es immer „Lücken“ zwischen den Geburten. Siehe Hinweise auf Wiedergeburt.

  • Diese „Lücken“ zwischen aufeinanderfolgenden menschlichen Geburten sind die Zeiten in Para Loka.
  • Wenn man in jungem Alter bei einem Unfall stirbt, ist es wahrscheinlich, dass die kammische Energie für das Bhava nicht ausgeschöpft ist. So müssen die Wesen als Gandhabba auf eine geeignete Gebärmutter warten.
  • In vielen Wiedergeburtsfällen endete das frühere Leben durch einen unerwarteten Zwischenfall (Mord, Unfall, Naturkatastrophe, …).
  • Die „Erinnerung aus der Vergangenheit“ vergeht, wenn diese Kinder aufwachsen. Deshalb können meist nur Kinder zwischen 3 und 8 Jahren davon berichten.

9.  Die Gandhabba ändert sich mit der Zeit (wie alles andere auch). Es ist sogar möglich, dass eine Gandhabba durch Gabe von passenden Verdiensten (Dāna/Pattidana) ein Deva oder Brahma Bhava erhält.

  • Auf der anderen Seite könnte ein Mensch sich so verhalten, wie es einem Tier entspricht (z.B. ein Hund). Er pflegt damit „Hund-Sankhara“ und wird sich ggf. als Gandhabba zu einer Hunde-Gandhabba verwandeln während er in Para Loka wartet.
  • Wenn wir über diese Möglichkeiten nachdenken, erkennen wir, wie komplex das Leben ist und warum wir die Folgen unseres Handelns beachten müssen. Wir müssen vermeiden, die Dinge mechanisch zu tun, aber gleichzeitig die guten Gründe für das Geben von Almosen verstehen (Dāna).

10. Eine weitere interessante Ableitung, die sich ergibt, ist der Begriff der Seele oder „Athma“, wie er von den frühen Hindu-Yogis etabliert wurde. Um höhere anariya Jhanas zu erreichen, muss man Gati für Jhanas ggf. über mehrere Menschenleben kultivieren. Dann kann man auch vergangene Leben sehen, zumindest Menschenleben. Daher muss so ein Yogi mit höheren abhinna Kräfte zuvor viele Menschenleben gehabt haben.

  • Somit ist es möglich, dass solch ein Yogi zigmal als Mensch geboren wurde (mit Gandhabba-Zustände dazwischen). Wenn er seine früheren Leben sah, trat jedesmal beim Tod die Gandhabba aus dem toten Körper und ergriff früher oder später einen anderen Körper. Diese Gandhabba wirkte auf den Yogi wie eine unzerstörbare „Seele“. Er konnte immer nur auf Menschenleben zurückblicken.
  • In der Hindu-Schrift Bhagavadgita wird das mit dem Abstreifen eines alten Anzugs und Anziehen eines neuen Anzugs verglichen. Soweit diese Yogis sehen konnten, war es die gleiche Gandhabba, die in anderer physischer Erscheinung zurückkam! Für sie schien es eine unveränderliche Einheit zu geben, die da in anderer Gestalt zurückkam, daher der Name „Reinkarnation“.

11. Unsere Welt ist viel komplexer, als wir uns jemals vorstellen können. Der Buddha sagte, dass nur ein Buddha wirklich die Komplexität dieser Welt begreifen kann: „lōka visaya acinteyya“, d.h. ein normaler Mensch kann von sich aus nicht die wahre Natur in vollem Umfang erfassen.

  • Auch wenn wir nicht alles verstehen müssen (und auch nicht können), ist es vorteilhaft, diese Konzepte zumindest zum Teil zu lernen.
  • Gerade heute sind viele Menschen nicht fähig, die Anicca-Natur einfach zu begreifen. Deshalb hilft einem das Lernen von Buddha Dhamma, das unvergleichliche Wissen eines Buddha zu schätzen und das erzeugt Vertrauen und Beharrlichkeit.

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