Vinaya – Die Natur ist gern im Gleichgewicht

Unser Leben und die Existenz basieren auf ständiger Verschuldung und Rückzahlung der Schulden. Um die Rückzahlung kümmert sich die Natur, ob wir wollen oder nicht. Wenn wir stehlen, töten, lügen oder irgendein Akusala tun, verschulden wir uns und die Natur speichert das als kammische Energie.

  • Wir werden wiedergeboren, um Schulden zurückzuzahlen. So kann man den Kreislauf der Wiedergeburt auch verstehen. Die Natur stellt automatisch sicher, dass die größten Schulden zuerst bezahlt werden. So wird die nächste Existenz (Bhava) festgelegt.
  • Während einer bestimmten Lebensdauer werden Schulden bezahlt, wenn geeignete Bedingungen vorliegen. Siehe Annantara Samanantara Paccaya.
  • Die Natur ist der ultimative Schlichter. Ein Verbrecher mag mit einem guten Anwalt der Strafe entkommen, doch die Natur wird ihn richten. Ebenso erhalten wir die Belohnungen, wenn wir etwas Gutes tun, ob wir wollen oder nicht. Die meisten Menschen erkennen dies nicht wegen der Zeitverzögerung zwischen Handlung (Kamma) und Folgen (Kamma Vipaka oder nur Vipaka).

1. Wenn wir entweder moralisch oder unmoralisch handeln, ist das mit einer Absicht verbunden und eine kammische Energie wird deshalb „aufgezeichnet“. Diese Energie liegt gespeichert im Universum, bis sie verbraucht wird, oder sonst irgendwie abgebaut ist. Das ist mit Quantenverschränkung verknüpft: Quantenverschränkung – Wir sind alle miteinander verbunden. Physikalisch ist es das Prinzip der Energieerhaltung.

  • Wir können einem Lebewesen gegenüber oder der „Welt als Ganzem“ verschuldet werden.
  • In den ersten 20 Jahren nach der Erleuchtung des Buddha gab es keine Vinaya-Regeln. Als Buddha Dhamma aufblühte, begannen skrupellose Menschen als Mönche ein bequemes Leben zu führen, indem sie die Güte der Spender ausnutzten. Der Buddha ermahnte sie wegen der Folgen solcher Verschuldung und begann mit der Einführung von Vinaya-Regeln für Mönche (vi + naya = „entschulden“, naya = Schulden/Binden).

2. Wenn es ein (Energie-)Ungleichgewicht gibt, versucht die Natur den Ausgleich herbeizuführen. Für ein bestimmtes Lebewesen (im herkömmlichen Sinne) bzw. für einen Lebensstrom (im absoluten Sinn) werden die größten Ungleichgewichte zuerst ausgeglichen.

  • So kommt beim Patisandhi am Ende der Existenz der größte Kamma-Samen mit dem höchsten Ungleichgewicht ins Spiel und gibt die Energie für das nächste Bhava frei. Siehe Bhava und Jathi – Existenz und Geburt.
  • Während einer Lebenszeit (Pavutti Vipaka) kommen zusätzlich die aktuell vorherrschenden Bedingungen ins Spiel und erzeugen Kamma Vipaka. Wir können viele schlechte Kamma Vipaka verhindern, wenn wir mit Yoniso Manasikara bzw. „moralischer Achtsamkeit“ handeln. Siehe Was ist Kamma? – Wird alles durch Kamma bestimmt?.
  • In beiden Fällen (Patisandhi und Pavutti Vipaka) spielen passende Bedingungen eine große Rolle (Paccaya). Zum Beispiel kann ein Samen nicht keimen, wenn er an einem trockenen Ort liegt.

3. Ein Stein ist im Gleichgewicht, wenn er auf dem Boden liegt. Wenn wir den Stein aufheben und in die Luft werfen, ist er nicht mehr im Gleichgewicht, denn wir haben ihm etwas Energie gegeben. Der Stein wird auf den Boden zurückfallen und damit zum Gleichgewichtszustand zurückkehren. Der einzige Unterschied zu kammischer Energie ist die mögliche extrem große Zeitspanne bis zum Ausgleich der Energien, denn es müssen geeignete Bedingungen vorliegen, damit diese Energie wieder freigesetzt wird. Siehe Sankhara, Kamma, Kamma Beeja, Kamma Vipaka. Somit ähnelt die Freisetzung kammischer Energie eher dem Prozess der Keimung eines Samens, wo auch eine Zeitverzögerung besteht, bis geeignete Bedingungen vorliegen.

  • Ein Samen keimt und wächst zum Baum. Wenn die Energie für die Existenz als Baum ausläuft, stirbt der Baum. Falls der Baum selbst keine Samen während seiner Lebensdauer produziert hat, ist der Baum das einzige „Ergebnis“ des ursprünglichen Samens.

4. Durch zahlreiche Leben in der Vergangenheit haben wir unzählige gute und schlechte kammische Energiepakete oder Kamma Beeja akkumuliert. Und wir machen auch in diesem Leben nicht Halt. Einige davon sind groß und viele sind klein. Sind die Kamma-Samen älter als 91 Maha Kalpas, geht ihre Energie verloren. Wie alles andere in dieser Welt ist auch Kamma nicht dauerhaft. Die kleinen Kamma-Samen bringen Ergebnisse (Vipaka) während der Lebenszeit. Die ganz großen Samen (Kamma patha) bestimmen Bhava für ein neues Leben im Cuti-Patisandhi-Moment.

  • Heißt das jetzt, wir müssen alle Kamma-Samen entfernen, um Wiedergeburt zu stoppen bzw. Nibbana zu erreichen? Nein. Ein neues Bhava wird mit Upadana paccaya Bhavo erfasst. Siehe Akusala-Mula Paticca Samuppada. Wenn man Ignoranz (Avijja) entfernt und die wahre Natur der Welt verstanden hat, dann gibt es kein Tanha mehr und damit auch kein Upadana (Tanha paccaya Upadana).
  • Um jedoch Unwissenheit (Avijja) zu entfernen, müssen wir den Geist reinigen. Dafür müssen wir die wahre Natur „dieser Welt“ verstehen (anicca, dukkha, anatta). Die fünf Hindernisse (Pancanivarana) bedecken jedoch den Geist und verhindern dieses Verstehen. Hier werden gute Taten und moralische Denkweise wichtig, um den Geist auf das Verstehen vorzubereiten.

5. Jedes Mal wenn wir moralisch oder unmoralisch handeln, erzeugen wir Kamma-Samen, welche die Javana (Kraft) des Gedankens enthält, der zur Handlung führte. Siehe Javana eines Citta – Die Wurzel der geistigen Kraft. Die kammische Energie einer moralischen Tat kann man mit einem Plus auf dem „Konto“ vergleichen. Damit kann man sich was leisten bzw. Sinnesvergnügen genießen. Unmoralische Handlungen führen zu Schulden, die auf Rückzahlung warten. Siehe Kamma, Schulden und Meditation.

6. Die Natur hält die Dinge im Gleichgewicht: gutes Kamma bringt gute Ergebnisse und schlechtes Kamma bringt schlechte Ergebnisse. In beiden Fällen können wir etwas tun. Wir schaffen Bedingungen für gutes Kamma Vipaka und verhindern Bedingungen für schlechtes Kamma Vipaka. Siehe Was ist Kamma? – Wird alles durch Kamma bestimmt?. Die Entwicklung von guten Gewohnheiten und das Unterbinden schlechter Gewohnheiten gehört zu diesem Prozess. Siehe Sansarische Gewohnheiten, Charakter (Gathi) und Verlangen (Asava).

7. Wir sind an Sansara gebunden, weil wir Dinge tun, die zu „Ungleichgewichten“ führen (entweder moralisch oder unmoralisch). Beides verlängert die sansarische Reise. Allerdings ist es wichtig, sich moralisch zu verhalten, um Geburten in den Apayas zu vermeiden. So muss man moralische Taten tun, bis man Nibbana erreicht.

  • Moralische Taten haben Folgen, ob man will oder nicht. Wenn man jedoch eine moralische Tat tut und sich etwas Weltliches im Gegenzug wünscht, ist das mit Gier getan und damit auch eine unmoralische Tat.
  • Nur ein Arahant tut keine moralischen oder unmoralischen Taten mit kammischen Folgen. Ein Arahant tut nur Kriya-Sankhara (wie Gehen, Atmen und Sprechen) und das steht im Gleichgewicht mit der Natur.

8. Wenn man „aus dem Gleichgewicht“ kommt, intensivieren sich Gier und Hass, was wiederrum unmoralische Taten wahrscheinlich macht und zu Schulden führt. Ist man hingegen in einem moralischen Samadhi, ist der Geist nahe dem Gleichgewicht und Gier und Hass sind unter Kontrolle. Wenn man Rupavacara  und dann Arupavacara Jhanas erreicht, kommt der Geist dem Gleichgewicht noch näher. Samadhi erreicht Vollkommenheit, wenn man zum Arahant wird.

  • Aus diesem Grund muss man sich von unmoralischen Handlungen fernhalten, um Ergebnisse in der Meditation zu erhalten. Ein gereinigter Geist erreicht leicht Samadhi. Siehe Was ist Samadhi?.

Hinterlasse einen Kommentar