1. Wir haben eigentlich vier Körper (kaya): aharaja, utuja, kammaja, cittaja. Der aharaja Kaya ist der physische Körper (auch karaja Kaya genannt). Die anderen drei sind Teil des „geistigen Körpers“ (Gandhabba/Manomaya Kaya).
- Man kann sich also eine „Person “ als zwei überlappende Körper vorstellen: der physische Körper, den wir sehen, und die Gandhabba mit einem sehr feinstofflichen Körper, der den physischen Körper umschließt bzw. durchdringt.
- Gandhabba wird in der Tirokudda Sutta des Khuddaka Nikaya beschrieben, wo es Tirokudda oder Tirokuddaya statt Gandhabba heißt.
- Der physische Körper (Karaja Kaya) wird vor allem aus aharaja Rupa geschaffen, beginnend mit einer einzigen Zelle (Zygote) in der Gebärmutter, die Nahrung über die Mutter aufnimmt. Nach der Geburt wächst das Wesen weiter durch Nahrungsaufnahme.
- Gandhabba besteht aus drei weiteren Kaya: kammaja, cittaja, utuja.
- Unter starkem Stress (oder mit abhinna Kräften) kann die Gandhabba aus dem physischen Körper herauskommen. Der physische Körper steht dann nicht mehr unter der Kontrolle der Gandhabba, wird aber mit Jivitindriya am Leben erhalten. Nur beim Tod verlässt die Gandhabba inklusive Jivitindriya den Körper, der dann leblos wie ein Stück Holz ist.
- Schauen wir auf die zeitliche Abfolge des Entstehens von Gandhabba und physischem Körper in einem neuen Bhava. Dazu nennt der Tipitaka mehrere Schritte: jati, sanjati, okkanthi, abhinibbanthi, khandhānan pātilabho, ayatanan pātilabho.
2. Die Grundlage aller vier Kaya ist kammaja Kaya, der sich aus dem Kamma-Samen ergibt, der am Cuti-Patisandhi ergriffen wurde. Er beinhaltet das Vatthu Dasaka (Hadaya Vatthu bzw. den Sitz des Geistes), Kaya Dasaka (Entwurf für den Menschen-Körper) und Bhava Dasaka (grob als Mann/Frau-Natur übersetzt, umfasst aber weitere Funktionen im Zusammenhang mit Gati und Bhava).
- Die Bildung des kammaja Kaya wird Jati (Geburt) genannt. Unmittelbar danach startet der Gedankenstrom (cittaja Kaya).
- Kammaja und cittaja Kaya beginnen sofort feine Rupa zu bilden, die den feinstofflichen utuja Kaya bilden. In diesem Stadium werden auch Cakkhu, Sota, Ghana und Jivha Dasaka gebildet. Das ist sanjati.
- Dieser feine Körper bestehend aus drei Kaya (kammaja, cittaja, utuja) ist die Gandhabba. Da alle drei ihren Ursprung im Geist haben, nennt man es auch Manomaya Kaya. Gandhabba kann durch „Einatmen“ bzw. Absorbieren feiner Aromen (gandha + abbha) einen größeren feinstofflichen Körper erwerben, daher der Name Gandhabba. Dieser zusätzliche feinstoffliche Körper zählt zum karaja Kaya.
- Die fünf Dasaka (kaya, cakkhu, sota, ghana, jivha) formieren sich um die Hadaya Vatthu (Vatthu Dasaka) im feinen Körper der Gandhabba. Die Gandhabba muss in diesem Zustand ggf. für lange Zeit auf eine geeignete Gebärmutter warten.
3. Wenn eine geeignete Gebärmutter verfügbar wird, kollabiert die Gandhabba auf die Größe kleiner als eine Einzelzelle, tritt in die Gebärmutter ein und verschmilzt mit der vorhandenen Zygote, die durch Vereinigung von Vater und Mutter gebildet wurde. Der Moment des Eindringens in die Gebärmutter heißt okkanti.
- Der physische Körper (karaja Kaya) wächst aus dieser Zygote, die zuerst Nahrung über die Mutter aufnimmt. Nach der Geburt lernt das Baby selbständig Nahrung zu essen.
- Der karaja Kaya wächst gemäß dem Bauplan der Gandhabba. Dabei umklammert und durchdringt die Gandhabba den Körper. Die anfängliche Wachstumsphase des Fötus in der Gebärmutter wird abhinibbanti genannt.
4. Dann formt der Fötus in der Gebärmutter die physischen Sinne und das Gehirn über viele Wochen. Während dieser Zeit entwickelt sich das physische sensorische System der Augen, Ohren, Nase, Zunge, sowie das Nervensystem. Zudem entwickelt sich das Gehirn mit Verarbeitungseinheiten für Signale von den fünf physischen Sinnen und die Mana Indriya.
- Cakkhu Indriya sind nicht nur die Augen, sondern auch die zugehörigen Verarbeitungszentren im Gehirn. Gleiches gilt für die anderen vier Indriya: Sota, Gandha, Jivha, Kaya.
- Signale von diesen fünf Indriya werden zu den fünf Pasada Rupa nah an der Hadaya Vatthu (Sitz des Geistes) gesendet. Sobald alle sechs Indriya gebildet sind, ist khandhānan pātilabho abgeschlossen.
- Wenn das Baby geboren wird, sind alle sechs Ayatana einsatzbereit (Augen, Ohren, Nase, Zunge, Körper, Geist) mit der Außenwelt zu interagieren. Das ist die letzte Stufe der Geburt: äyatanan pätilabho.
5. Diese Ereignis-Sequenz wurde von Sariputta besprochen, als er den Bhikkhus die Dhammacakka Pavattana Sutta im Detail erklärte, Sacca Vibhanga Sutta (Majjhima Nikaya 141): „Katamā cāvuso, jāti? Yā tesaṃ tesaṃ sattānaṃ tamhi tamhi sattanikāye jāti sañjāti okkanti abhinibbatti khandhānaṃ pātubhāvo āyatanānaṃ paṭilābho, ayaṃ vuccatāvuso: ‘jāti‚.
- Sollte man die Gültigkeit des Gandhabba-Zustands leugnen, muss man hierüber nachdenken. Die Sequenz gilt nur für Sattanikāye Jati bzw. nur für Geburten im Menschen und Tier-Reich.
- In anderen Reichen können andere Mechanismen ablaufen (Opapatika-Geburt).
6. Im Text Was reinkarniert? – Konzept eines Lebensstroms wird vor allem der Cittaja Kaya betrachtet, der Gedankenstrom.
- Der physische Körper im Tierreich ist sehr verschieden von dem eines Menschen. Der cittaja Kaya von einem Tier unterscheidet sich auch stark von dem eines Menschen. Das wird durch den PS-Schritt Bhava paccaya Jati bewirkt: die Geburt erfolgt gemäß dem Bhava, d.h. was im Todesmoment ergriffen wird (Upadana paccaya Bhavo).
7. Somit wird deutlich, dass der physische Körper als auch der Manomaya Kaya einen Quantensprung machen (momentane große Veränderung), wenn ein Wechsel von einer Existenz zur nächsten ansteht.
- Der kammaja Kaya enthält alle kammischen Möglichkeiten (Kamma-Samen), die bis zum Zeitpunkt von Patisandhi erworben wurden. Siehe Sankhara, Kamma, Kamma Beeja, Kamma Vipaka. Aber nur ein Samen wird wirksam für das neue Bhava und wird zum Bhavanga für dieses Bhava. Die restlichen Kamma-Samen werden ins neue Bhava mitgenommen und einer davon wird vielleicht der Samen für die nächste Existenz. Das Gati ist mit allen Samen verbunden. Deshalb zeigen sich in der neuen Existenz ähnliche Gewohnheiten (Gati) und Verlangen (Asava).
- Das Konzept von „Nicht-Selbst“ wurde daher vom Buddha weder bestätigt noch abgelehnt. Das neue Bhava ist nicht gleich dem alten, aber es ist auch nicht ganz anders. Die Gati und Asava werden weitergetragen und ändern sich ständig. Daher ist auch die Vorstellung eines „Selbst“ oder einer Seele nicht korrekt.
- Ein Lebewesen ist ein „Lebensstrom“, der sich von Moment zu Moment verändert. Alles basiert auf dem Prinzip von Ursache und Wirkung bzw. Paticca Samuppada. Auch wenn es keine „unveränderliche Einheit“ wie eine „Seele“ gibt, so behält der Lebensstrom spezifische Eigenschaften in Form von Gati und Asava bei, die sich aber auch ändern.
8. Zur Feinheit des Manomaya Kaya schauen wir auf folgenden Vergleich. Ein durchschnittlicher Mensch wiegt etwa 70 kg (70,000g) und hat ein Körpervolumen von grob 70 l. Die Dichte von Nebel (den wir kaum sehen können) beträgt etwa 0,1 g pro Kubikmeter. Damit ergibt sich das Gewicht eines „Manomaya-Nebels“ im Vergleich zum physischen Körper zu etwa 0,01 g.
- Ein menschlicher Körper in Form von Nebel wiegt nur einen winzigen Bruchteil des normalen physischen Körpers.
- Zum Vergleich wiegt ein Senfkorn etwa 0,002 g.
- Eine Gandhabba hat einen „nebligen Körper“, aber mit noch viel weniger Masse. Es ist unermesslich wenig. Eine Gandhabba kollabiert auf die Größe der Zygote (eine menschliche Zelle), die bei der Empfängnis gebildet wird.
- Der verstorbene Waharaka Thero sah, wie die Gandhabba in eine Gebärmutter eintritt. Wenn sich die Gandhabba der Mutter nähert, dreht sie sich schnell und verliert alles absorbierte Material bzw. den feinen karaja Kaya. Es bleibt nur cittaja, kammaja, utuja Kaya. Damit schrumpft die Gandhabba auf eine Größer viel kleiner als ein Atom, d.h. auf Suddhashtaka-Ebene. Dieser winzige Körper wird durch den Körper in die Gebärmutter gezogen und haftet sich an die Zygote.
- Ein menschlicher Körper startet also mit je einer Zelle der Mutter und des Vaters (was die Zygote bildet) und zusätzlich mit der Gandhabba. Praktisch wird das gesamte Gewicht eines Menschen aus der Nahrung gewonnen, zuerst über den Körper der Mutter, und später nach der Geburt durch eigene Nahrungsaufnahme.
9. Wir können die Aufgabe des Manomaya Kaya leicht erkennen, indem wir die beiden geistigen Komponenten betrachten:
- Cittaja Kaya ist das Erleben von Moment zu Moment. Wir sehen, hören, riechen, schmecken, berühren und denken: cakkhu, sota, gandha, rasa, pottabba, mano Vinnana.
- Diese Gedanken sind abhängig von den Gewohnheiten (Gati), Asava (Verlangen) und Kamma Vipaka: alle im Kammaja Kaya.
- Wenn Gedanken nur auf früherem Kamma, Gewohnheiten und Verlangen beruhen würden, dann wäre Kamma deterministisch und wir wären wie Roboter (was auf viele Wesen zutrifft). Glücklicherweise haben wir aber die Möglichkeit, die Gedanken zu beeinflussen (im Gegensatz zu vielen Tieren) und unsere Entscheidungen zu ändern.
10. Der letzte Satz enthält die Botschaft des Buddha: Verpassen wir nicht diese Gelegenheit, aus Sansara zu entfliehen, solange wir ein kostbares Menschenleben haben. Auch wenn wir als Mensch wiedergeboren werden, gibt es keine Garantie, dass wir nochmal auf Buddha Dhamma stoßen.
11. Ein Lebensstrom enthält Gati und Asavas und überträgt sie von Existenz zu Existenz, wobei sich aber alles fortwährend verändert. Wenn wir nicht mit Achtsamkeit agieren und den Geist einfach „mit dem Strom schwimmen“ lassen, dann wird unser Handeln von sansarischen Gewohnheiten bestimmt. Das stärkt diese Gewohnheiten. Jedoch müssen wir schlechte Gewohnheiten erkennen und aussortieren. Siehe Schlüssel zu Anapanasati.