Paticca Samuppāda – “pati+ichcha” + ”sama+uppāda”

überarbeitet am 28.3.2021

„Yo Paticcasamuppādam passati,
so Dhammam passati.
Yo Dhammam passati,
so Paticcasamuppādam passati“
 (1)

Wer Paticcasamuppāda sieht,
sieht das Dhamma.
Wer das Dhamma sieht,
sieht Paticcasamuppāda.

(1. Majjhima-Nikaya I, Nal. 241, PTS 191)

Der Vers oben zeigt die Bedeutung von Paticca Samuppada. Es erläutert, wie Ursachen zu Wirkungen führen. Nichts in dieser Welt geschieht ohne Ursache.

Paticca Samuppada wird in vielen Fällen als „Bedingtes Entstehen“ übersetzt. Dies vermittelt nicht die wahre, vollständige Bedeutung des Ausdrucks. Es ist besser, nur den Pali-Ausdruck zu verwenden und zu verstehen, was er bedeutet.

1. Paticca = pati + icca, wobei „pati“ verbinden meint und „icca“ ist Vorliebe/mögen.

  • So ist paticca die „bereitwillige Bindung an etwas“ oder „sich durch Vorliebe an etwas binden“.
  • Diese Bindung ist abhängig vom jeweiligen Gathi (Gewohnheiten/ Charakter), was wiederum von tief verwurzelten Verlangen (asava) kommt.

2. Samuppada = sama (gleich/ähnlich) + uppāda (entstehen), d.h. Existenz (bhava) von ähnlicher Qualität/Art.

  • So bedeutet samuppada das Entstehen einer Existenz oder Erfahrung mit ähnlichen Verunreinigungen, die schon zuvor diese Bindung bewirkten.
  • Alles in dieser Welt entsteht aus sechs Ursachen:  lōbha, dōsa, mōha und alobha, adosa, amoha. Verschiedene Typen von PS-Zyklen werden gestartet basierend auf den beteiligten Ursachen. Im Abhidhamma Vibhanga (Buch der Analyse) findet sich eine tiefgehende Erklärung dieser Zyklen: Vb 6

3. Wenn wir bspw. starke hasserfüllte Gedanken über eine Person erzeugen, könnten wir in der Geisteshaltung eines wilden Tieres sein. Wenn die Dinge außer Kontrolle geraten, können wir sogar wie ein Tier handeln: auf die Person einschlagen, kratzen, beißen etc. Selbst wenn wir nicht physisch handeln, werden wir diese Geisteshaltung haben. Somit erzeugen wir in diesem Moment „bhava“ bzw. Existenz ähnlich einem Tier in unserem Geist, was wiederum zum Ergreifen eines entsprechenden Bhava führt. Das wiederum führt im Schritt bhava paccayā jāti zu einer entsprechenden Geburt (jati).

  • Weil wir an diese Situation über verhasste Gedanken „gebunden“ wurden, erzeugten wir entsprechendes Bhava im Geist. Was erzeugt wurde, ist ähnlich dem, was es verursacht hat: Ursache und Wirkung. Wenn wir gleiche Arten von Bhava weiterhin erzeugen, führt das zur Bildung von gathi bzw. Gewohnheiten/Charakter. All das ist miteinander verbunden.

4. Wenn wir nun häufig solche Situationen entstehen lassen, d.h. mit dieser Person oder anderen in Streit geraten, bauen wir damit Bhava auf und das kann zur Bildung sehr potenter Kamma-Samen führen (Sankhara, Kamma, Kamma Beeja, Kamma Vipaka). Es führt auch zur Bildung von Gathi (siehe Sansarische Gewohnheiten, Charakter (Gathi), und Verlangen (Asavas)). Dann ist es leichter, in solche Situationen zu kommen und ein Teufelskreis beginnt.

5. Nun kombinieren wir die beiden Begriffe:paticca samuppada“ bedeutet Erzeugung eines ähnlichen Bhava (und damit gathi), das zuvor schon zur Bindung/Anhaftung führte, was wiederum zur entsprechenden Geburt (jati) führt (für eine kurze Zeit oder für ein ganzes Leben, siehe unten)

  • Hier ist die Aussprache von Paticca Samuppada (gesprochen von Lal Ariyaratna Pinnaduwage):
  • Vereinfacht gesagt: „Wenn man anhaftet, entsteht die Wahrscheinlicheit einer neuen Geburt mit ähnlichen Eigenschaften“. Wenn jemand z.B. aus Gewohnheit mit Gier handelt, ist diese Person anfällig auf diese Weise während der Lebenszeit zu handeln, und das kann sich in stärkerer Weise in einer zukünftigen Geburt manifestieren, indem die Person als Peta (oder Pretha oder hungriger Geist) geboren wird.

So kann Existenz (bhava) auf zwei Arten sein:

  • Während eines Lebens, wenn man einer ähnlichen Situation ausgesetzt ist: Das oben erwähnte „Hass-Gathi“, was durch viel Streit gebildet wurde, führt zu ähnlichen Ergebnissen. Selbst bei der geringsten Provokation fängt man Streit an. Dies ist pavutthi bhava (und jati), was für eine kurze Zeit während eines laufenden Lebens andauert.
  • Wenn dieses „Hass-Gathi“ tief verwurzelt wird, entsteht ein potenter Kamma-Samen, was im Moment des Todes im Geist erscheinen kann und zum hasserfüllten uppatti bhava in der nächsten Existenz führen kann. Das kann eine Existenz als Tier oder sogar in der Niraya (Hölle) sein.
  • Hier sollte man auch den Unterschied zwischen bhava und jathi kennen. Zum Beispiel kann das Potential eines uppatti Bhava zu vielen Geburten führen, bis die kammische Energie dieses Kamma-Samens verbraucht ist. Siehe Bhava und Jathi – Existenz und Geburten.
  • Auch wenn das menschliche Bhava selten vorkommt, kann ein Mensch viele Male hintereinander wiedergeboren werden (jeweils mit zeitlicher Lücke dazwischen). Nur diejenigen, die in den Leben zuvor als Mensch geboren wurden, können sich an diese Leben erinnern; siehe Hinweise auf Wiedergeburt.

Die beste deutsche Übersetzung von Paticca Samuppada ist vielleicht diese: „Die bereitwillige Bindung erzeugt ein Ergebnis ähnlicher Art“.

6. Durch die Wahrnehmung eines illusorischen Glücks, binden wir uns freiwillig an angenehme Dinge. Wir binden uns auch über Hass an Dinge/Personen, und die Ursache dafür ist eine Anhaftung an etwas Verwandtes. Wenn jemand unseren Zugang zu etwas blockiert, was wir gern besitzen würden, binden wir uns mit Hass/Abneigung an diese Person. Wir denken darüber nach, wie schlecht er/sie ist usw.

  • So kann man mit Gier oder Hass anhaften. Das ist tanha.
  • Tanha ist tha + ha (kommt von “thāna” und bedeutet Ort +  “”, d.h. „verschmolzen/verbunden“). In Sinhala: තැනට හාවීම.
  • So bedeutet Tanha: an jemanden oder etwas durch Gier oder Hass gebunden sein.
  • Man erzeugt Gier oder Hass aus Unwissenheit über die vier edlen Wahrheiten. So entsteht Tanha aus Avijja (Unwissenheit) der drei Merkmale dieser Welt. Siehe Anicca, Dukkha, Anatta .

7. Avijja bedeutet: Unkenntnis der unfruchtbaren Natur „dieser Welt“ mit 31 Reichen, d.h. Anicca, Dukkha, Anatta; dass es unvorstellbares Leid in den unteren vier Reichen gibt (siehe  Wie der Buddha die Chance der Wiedergeburt im Menschen-Reich beschrieb); dass es ein besseres Glück genannt Niramisa Sukha im Vergleich zu Sinnesvergnügen gibt. Siehe Drei Arten von Glück – Was ist Niramisa Sukha?.

8. Da ist niemand und es gibt keine äußere Kraft, die uns an „diese Welt“ mit 31 Reiche gebunden hält. Siehe Die große vereinheitlichte Theorie. Wir sind in „dieser Welt“, weil wir an Dingen, Ideen und Lebewesen anhaften, wie eine Krake, die ihre Beute mit allen acht Armen ergreift.

  • Solange wir nicht die wahre unfruchtbare und sogar schreckliche Natur „dieser Welt“ durch Verstehen der Tilakkhana (anicca, dukkha, anatta) sehen, werden wir nicht loslassen.
  •  Es gibt viel mehr zu diskutieren. Dies ist nur eine Einführung.

9. Dies ist ein gutes Beispiel für die Verwirrung, die durch die Übersetzung von Pali zu Sanskrit verursacht wird und dann zu Englisch/Deutsch oder Singhalesisch zurück: Siehe die Erklärung von  Pratittyasamutpada  (das Sankrit-Wort für Patticca Samuppada) auf Wikipedia:

Pratittyasamutpada

  • Sie stimmen vielleicht zu, dass es bestenfalls verwirrend ist, mit mehreren möglichen Bedeutungen. Auf der anderen Seite ist es für jemanden mit Kenntnissen in Singhalesischer Sprache sehr klar, wenn die Aufteilung in pati + ichcha sama + uppada gezeigt wird.

10. Man sollte auch die eigenen Lebenserfahrungen analysieren, um zu sehen, ob sie mit dieser Erklärung vereinbar sind. Dies ist Teil der Vipassanā bzw. Anapana Mediation. Es ist wichtig Paticca Samuppada zu verstehen, wenn man wirklich an Buddha Dhamma interessiert ist.

  • Um Buddha Dhamma zu verstehen, muss man zwingend Paticca Samuppada verstehen.
  • Auch wenn das Konzept zunächst simpel erscheint, man kann damit sehr tiefgründig analysieren. Der Buddha wies Ananda an, es nicht zu leicht zu nehmen. Siehe  Mahā­nidāna Sutta (DN 15).

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