14.12.2022
Die Begriffe jhāna, jhāya, jhāyi sind miteinander verbunden und können je nach Kontext verschiedene Bedeutungen haben. Insbesondere können sie sich auf Kontemplation oder Meditation im Allgemeinen beziehen, oder auf spezifische meditative Zustände, die den sinnlichen Bereich überschreiten, d.h. jhānische Zustände.
Jhāya – Kontemplieren oder Meditieren
1. Zur Erläuterung des Unterschieds zwischen ariya– (buddhistischen) und anariya– (nicht-buddhistischen) Meditationen gab der Buddha in der Sandha Sutta (AN 11.9) eine Analogie. (Man beachte, dass in der Überschrift der Pāli-Version „Sandha“ fälschlicherweise durch „Saddha“ ersetzt wird).
- In den Tagen des Buddha waren speziell ausgebildete Pferde ein wichtiger Teil des Heeres. Solche Pferde waren „Vollblüter“ (assājānīyo). Dort steht „assā“ für Pferde, und „ajānīyo“ bedeutet „Vollblüter/spezielle Rasse“. Sie denken nicht viel über das Essen nach und verbringen die Zeit mit dem Training und dem Nachdenken darüber. Zu Beginn der Sutta sagt der Buddha zu Sandha: „Ājānīyajhāyitaṁ kho, sandha, jhāya“ bzw. „Sandha, meditiere wie ein Vollblut.“
- Im Gegensatz dazu verbringt ein minderwertiges Pferd (assakhaḷuṅko) den ganzen Tag damit, ans Fressen zu denken: „Assakhaḷuṅko hi, saddha, doṇiyā baddho’ yavasaṁ yavasan’ti jhāyati“ bzw. „Ein minderwertiges Pferd, angebunden am Futtertrog, denkt die ganze Zeit ans Fressen: ‚Futter, Futter!“ („yava“ bedeutet „Futter“ oder „getrocknetes Heu“.)
- Diese Sutta offenbart eine gewöhnliche Bedeutung des Wortes „jhāya“ als „kontemplieren“, denn auch ein Pferd kann das tun.
2. Der Buddha ermahnt also Bhikkhu Sandha, dass er wie ein „Vollblutpferd“ meditieren soll und nicht wie ein minderwertiges Pferd.
- So bezieht sich das Wort jhāyi in derselben Sutta auf Meditation (und nicht auf das bloße Denken zufälliger Gedanken). Das ist die häufigste Verwendung in den Suttas.
- Dann weist der Buddha darauf hin, dass ein anariya Yogi meditiert, indem er ein weltliches Objekt (Erde, Wasser, Feuer, Luft usw.) UND auch mit verborgenen Verunreinigungen im Geist fokussiert. Im Gegensatz dazu meditieren Ariyas (edle Personen) „nicht abhängig von Erde, Wasser, Feuer und Luft. Sie meditieren nicht abhängig von der Dimension des unendlichen Raums, des unendlichen Bewusstseins, des Nichts oder weder der Wahrnehmung noch der Nicht-Wahrnehmung. Sie meditieren nicht abhängig von dieser Welt oder der anderen Welt. Sie meditieren nicht abhängig von dem, was der Geist sieht, hört, denkt, weiß, erlangt, sucht oder erforscht“, um aus der Übersetzung im obigen Link zu zitieren.
- Man beachte, dass jhāya „meditieren“ bedeutet, jhāyi bedeutet „Meditierender“ und jhāna bezieht sich auf einen bestimmten meditativen Zustand. Samādhi ist das allgemeine Ergebnis der Meditation, aber wie wir sehen werden, gibt es „unmoralischen“ bzw. micchā Samādhi, aber die führen niemals zu Jhāna. Sowohl Ariya– als auch Anariya-Meditationen führen zu Jhāna, aber sie haben unterschiedliche Qualitäten. Es ist möglich, Nibbāna zu erreichen, mit oder ohne jhanische Zustände zu durchlaufen.
Arten von Meditierenden (jhāyī)
3. Adhiṭṭhānahāravibhaṅga im Tipitaka-Kommentar Nettipararana erklärt die Arten von Meditierenden: „Jhāyī”ti ekattatā. Tattha katamo jhāyī? Atthi sekkho jhāyī, atthi asekkho jhāyī, nevasekkhanāsekkho jhāyī, ājāniyo jhāyī, assakhaluṅko jhāyī, diṭṭhuttaro jhāyī, taṇhuttaro jhāyī, paññuttaro jhāyī. Ayaṁ vemattatā.“
Übersetzt: „Jhāyī“ bedeutet „Meditierender“. Was sind die verschiedenen Arten? Das können edle Personen in der Ausbildung sein (sekkho), edle Personen, die die Ausbildung abgeschlossen haben (Arahants bzw. asekkho), und andere Personen (Durchschnittsmenschen, weder sekkho noch asekkho). Dann meditieren Einige wie ein „Vollblutpferd“ (ājāniyo), und andere wie ein „minderwertiges Pferd“ (assakhaluṅko). Wir können auch nach dem Ziel kategorisieren: die Reinigung von Sichtweisen (diṭṭhuttaro), das Auflösen von Anhaftungen (taṇhuttaro) und die Kultivierung von Paññā (paññuttaro).
- Der nächste Absatz beschreibt verschiedene Arten von Samādhi, die von den Meditierenden erreicht werden (jhāyī): „Samādhī”ti ekattatā. Tattha katamo samādhi? Saraṇo samādhi, araṇo samādhi, savero samādhi, avero samādhi, sabyāpajjo samādhi, abyāpajjo samādhi, sappītiko samādhi, nippītiko samādhi, sāmiso samādhi, nirāmiso samādhi, sasaṅkhāro samādhi, asaṅkhāro samādhi, ekaṁsabhāvito samādhi, ubhayaṁsabhāvito samādhi, ubhayato bhāvitabhāvano samādhi, savitakkasavicāro samādhi, avitakkavicāramatto samādhi, avitakkaavicāro samādhi, hānabhāgiyo samādhi, ṭhitibhāgiyo samādhi, visesabhāgiyo samādhi, nibbedhabhāgiyo samādhi, lokiyo samādhi, lokuttaro samādhi, micchāsamādhi, sammāsamādhi. Ayaṁ vemattatā.“
- Es würde den ganzen Text in Anspruch nehmen, diese zu erklären. Aber oben sind die hervorgehoben, die wir besprechen werden. Lokiya Samādhi wird durch jede Meditation erreicht, die nichts mit lokuttara Samādhi zu tun hat (auf dem edlen Pfad). Micchā Samādhi wird durch unmoralische Überlegungen erreicht, zum Beispiel durch einen Meisterdieb, der einen Raub plant. Sammā Samādhi ist zweiteilig, wobei die lokuttara-Kategorie zu Nibbāna führt. Man beachte, dass Jhāna hier nicht ausdrücklich genannt wird, aber es ist eine besondere Art von Samādhi, die lokiya (anariya) oder lokuttara (ariya) sein kann.
Ariya und Anariya Meditationen
4. In zwei verwandten Sutta, Saññā Sutta (AN 11.7) und Manasikāra Sutta (AN 11.8), erklärt der Buddha den Unterschied zwischen Ariya und Anariya Meditationen deutlicher.
- In der ersten Sutta stellt Ananda die folgende Frage. Siehe Referenz 1 für das Pāli-Zitat, was ich übersetzen werde (ich habe die englische Übersetzung aus dem Link geändert). Beginnen wir mit dem ersten Teil des Zitats.
„Wäre es möglich, Bhante, dass ein Bhikkhu zu Samādhi (samādhipaṭilābho) gelangt OHNE pathavisaññā über pathavi aufzunehmen (neva pathaviyaṁ pathavisaññī assa)? (Hier steht „assa“ für „in sich aufnehmen“.)
- Hier bezieht sich Ananda auf die Verwendung eines Kasina-Objekts aus Ton (pathavi). Wenn ein Yogi sich auf eine Tonkugel konzentriert, hört der Geist auf, zu verirrten Gedanken mit Gier, Ärger oder Unwissenheit zu springen. Das beruhigt den Geist und führt je nach Person sogar zu anariya Jhāna.
- Dann stellt Ananda die gleiche Frage über die Verwendung anderer Arten von Kasina-Objekten: „na āpasmiṁ āposaññī assa, na tejasmiṁ tejosaññī assa, na vāyasmiṁ vāyosaññī assa.“ Yogis benutzen typischerweise eine Schale mit Wasser und Feuer, um āpo saññā und tejo saññā aufzunehmen.
- „Einnehmen von vāyo saññā“ bezieht sich auf Atemmeditation. Es sollte also klar sein, dass Ānāpānasati NICHT Atemmeditation ist.
5. Mit diesen Techniken kann man das vierte anariya Jhāna erreichen. Dort angekommen, kann ein anariya Yogi zum ersten arupavacara Samāpatti gelangen, indem er sich auf den „unendlichen Raum“ konzentriert. Nachdem er dorthin gelangt ist, kann er zum nächsten Samāpatti übergehen, indem er sich auf das „unendliche Viññāṇa“ konzentriert. Auf diese Weise kann er zum nevasañññānāsaññāyatana Samāpatti fortfahren. Während dieses Prozesses wird sich der Yogi auf ein lokiya-Objekt (das zu dieser Welt gehört) konzentrieren; daher sind all diese Dinge lokiya Samādhi.
- Schließlich fragt Ananda, ob ein Samādhi möglich ist, OHNE sich auf irgendetwas in dieser Welt (was wir als Menschen wahrnehmen: idhalokasañña) oder sogar in Paraloka zu fokussieren (als Gandhabba oder Wesen in anderen Reichen).
- Ananda fragt: „Ist es möglich, in Samādhi zu gelangen, OHNE einen solchen Prozess zu durchlaufen?“
Fokus der Ariya- Meditationen
6. Der Buddha sagt, dass es eine solche Meditation gibt, ohne Saññā über einer „lokiya-Entität“ einzunehmen (Referenz 2) . Aber das ist nur für eine edle Person möglich (Ariya), die „Nibbāna gesehen“ hat, d.h. die zu Sammā Samādhi gelangt ist. Man kann sich soweit auf Nibbāna konzentrieren, wie man es je nach Stufe GESEHEN hat. Natürlich kann nur ein Arahant die „ultimative Befreiung“ kontemplieren.
- Das tut man mit: „etaṁ santaṁ etaṁ paṇītaṁ, yadidaṁ sabbasaṅkhārasamatho sabbūpadhipaṭinissaggo taṇhākkhayo virāgo nirodho nibbānan’ti“ bzw. „Das ist friedlich; das ist ausgezeichnet – das ist das Ende aller Saṅkhāra, das Lösen aller Bindungen, das Ende des Verlangens, das Ende der Wiedergeburt, das Ende der Welt, Nibbāna.„ Ich habe die Abweichungen von der deutschen Übersetzung im Link hervorgehoben.
- Das ist der Vers, den ein Ariya rezitiert/durchdenkt, um Samādhi zu erreichen. Einige Anāgāmi können auf diese Weise zu Ariya Jhānā gelangen. Unterhalb der Anāgāmi-Stufe kann man so zu anariya Jhānā gelangen. Ariya Jhānā sind erst ab Anāgāmi-Stufe möglich.
- Die zweite Sutta in Nr. 4, Manasikāra Sutta (AN 11.8), hat die gleiche Erklärung. Sie konzentriert sich auf Mansikāra anstelle von Saññā.
- Arahants kultivieren auch Samādhi, wie in Nr. 3 oben erwähnt. Insbesondere paññāvimutti Arahants mögen das tun, um Ariya Jhānā zu erreichen, so dass sie dem leidvollen Erleben entkommen und eine glückselige Erfahrung im gegenwärtigen Leben haben können.
Vier Verwendungen von Ariya Samādhi – Samādhibhāvanā Sutta
7. Die Samādhibhāvanā Sutta (AN 4.41) erklärt, dass Samādhi Bhāvanā vierfacher Art ist:
(i) für eine glückselige Erfahrung im gegenwärtigen Leben (diṭṭhadhammasukhavihārāya oder diṭṭhadhamma sukha vihārāya, mit diṭṭhadhamma = „in diesem Leben“)
(ii) um Wissen und Vision zu erlangen (ñāṇadassanappaṭilābhāya),
(iii) um Achtsamkeit und Bewusstsein zu erlangen, um Satipaṭṭhāna/Ānāpānasati zu kultivieren (satisampajaññāya),
(iv) um Arahantschaft durch Entfernen von Verunreinigungen zu erlangen (āsavānaṁ khayāya).
- Die Verwendung von Samādhi Bhāvanā erfolgt in dieser Reihenfolge. Gelegentlich erreichen jedoch einige Schüler die Arahantschaft innerhalb kurzer Zeit, wie der ehrwürdige Culapanthaka oder Minister Santati. In einem solchen Fall kommt (i) zuletzt, da (ii), (iii), (iv) schnell durchlaufen werden.
- Man beachte auch, dass (i) mit oder ohne Jhāna sein kann. Es kann nur Samādhi ohne Jhāna sein.
- In (ii) bis (iv) muss man Vipassanā Bhāvana tun, um Einsicht zu kultivieren, sobald man Samatha erreicht.
Entscheidend für das Verständnis von Nibbāna
8. Schauen wir nochmal auf Grundlegendes zu Nibbāna.
- Auch wenn sich in den höheren Reichen relativ wenig Leiden manifestiert, verbringt ein „Lebewesen“ den größten Teil der samsārischen Reise in den untersten vier Reichen (apāyā). Das Leiden ist trotzdem in allen 31 Reichen vorhanden.
- „Volles Nibbāna“ (Parinibbāna) wird beim Tod eines Arahants erreicht. Der Arahant wird in keinem der 31 Reiche wiedergeboren.
Vipassanā kultivieren
9. Daher kann jede Meditation, bei der sich der Geist auf ein „weltliches Objekt“ richtet (eine Tonkugel, eine Schale mit Wasser, der Atem usw.), KEINE buddhistische Meditation sein.
- Anstatt über weltliche Dinge zu kontemplieren, MUSS man über ihre unfruchtbare Natur nachdenken. Das ist Vipassanā-Meditation, wie in der Ānāpānasati Sutta (MN 118) und noch ausführlicher in der Satipaṭṭhāna Sutta (MN 10) erklärt.
- Angenommen, jemand mit Magga Phala möchte Jhāna (mit Samatha-Meditation) kultivieren. In diesem Fall sollte die Person sich auf Nibbāna fokussieren, wie es für sie erfahrbar ist: „‚etaṁ santaṁ etaṁ paṇītaṁ yadidaṁ sabbasaṅkhārasamatho sabbūpadhipaṭinissaggo taṇhākkhayo virāgo nirodho nibbānan’ti.“
- Während anariya Yogis mit der traditionellen Kasina– und Atemmeditation (ausführlich im Visuddhimagga) zu Samatha (und anariya Jhāna) gelangen, kommen Ariyas mit dem obigen Vers zu ariya Jhāna.
- Sotapanna Anugami können Samatha Samādhi erreichen, indem sie ein moralisches Leben führen und Dhamma-Konzepte hören/lesen/durchdenken. Das wird den Geist beruhigen, um Vipassanā (Einsichtsmeditation) über die vier edlen Wahrheiten/Paṭicca Samuppāda/Tilakkhana zu kultivieren. Es besteht keine Notwendigkeit, Kasina-/Atemmeditationen auszuüben.
„Jhāyi“ kann „brennen“ bedeuten
10. Schließlich gibt es noch eine weitere Bedeutung von jhāyi. Das können wir aus dem folgenden Vers in der Saṁyojana Sutta (SN 12.53) ersehen: „Seyyathāpi, bhikkhave, telañca paṭicca vaṭṭiñca paṭicca telappadīpo jhāyeyya.“
Übersetzt: „So wie eine Öllampe auf Öl und Docht angewiesen ist, um zu brennen.“
- Diese Öllampe brennt nur, wenn genug Öl vorhanden ist. Geht das Öl aus, wird der Docht schnell runterbrennen und verlöschen.
- In gleicher Weise gibt es, wenn Taṇhā endet (taṇhā nirujjhati), keinen Brennstoff mehr für die saṁsārische Reise: „taṇhānirodhā upādānanirodho“ führt zu bhava und jāti nirodha im Paṭiloma Paṭicca Samuppāda. Das ist das Ende aller Wiedergeburt und damit Nibbāna!
Referenz
1. “Siyā nu kho, bhante, bhikkhuno tathārūpo samādhipaṭilābho yathā neva pathaviyaṁ pathavisaññī assa, na āpasmiṁ āposaññī assa, na tejasmiṁ tejosaññī assa, na vāyasmiṁ vāyosaññī assa, na ākāsānañcāyatane ākāsānañcāyatanasaññī assa, na viññāṇañcāyatane viññāṇañcāyatanasaññī assa, na ākiñcaññāyatane ākiñcaññāyatanasaññī assa, na nevasaññānāsaññāyatane nevasaññānāsaññāyatanasaññī assa, na idhaloke idhalokasaññī assa, na paraloke paralokasaññī assa, yampidaṁ diṭṭhaṁ sutaṁ mutaṁ viññātaṁ pattaṁ pariyesitaṁ anuvicaritaṁ manasā, tatrāpi na saññī assa; saññī ca pana assā”ti?“
2. “Siyā, ānanda, bhikkhuno tathārūpo samādhipaṭilābho yathā neva pathaviyaṁ pathavisaññī assa, na āpasmiṁ āposaññī assa, ..
Nach diesem Vers erklärt der Buddha im nächsten Vers, worauf ein edler Mensch seinen Geist konzentriert: „Idhānanda, bhikkhu evaṁsaññī hoti: ‘etaṁ santaṁ etaṁ paṇītaṁ, yadidaṁ sabbasaṅkhārasamatho sabbūpadhipaṭinissaggo taṇhākkhayo virāgo nirodho nibbānan’ti.“