1. Sankhāra paccayā Viññāna wird in der Regel so übersetzt: „mit geistigen Formationen als Bedingung entsteht Bewusstsein“. Eine genauere Übersetzung ist: „Unmoralische / unfruchtbare Handlungen und Gedanken als Grundbedingung für unreines Bewusstsein“.
- Ich will nur das Wort Viññāna benutzen, ohne die Übersetzung „unreines Bewusstsein“, weil das Wort „Bewusstsein“ nicht in vollem Umfang das Viññāna verkörpert.
- Vinnana ist ein Schritt im Paticca Samuppada. Viññāna ist NICHT neutral oder harmlos, wie das Wort „Bewusstsein“ oder „Gewahrsein“ erscheint. Es ist das Bewusstsein, verunreinigt mit unmoralischen geistigen Faktoren wie Gier und Hass.
- Im Gegensatz dazu hat ein Arahant ein reines Bewusstsein und erlebt die Welt ohne Verunreinigungen. Er/sie sieht, hört, schmeckt usw. ohne jede Art von Urteil, ohne Anhaftung oder Abneigung.
Wir müssen erkennen, dass Viññāna verschieden ist von „Wissen“ oder „sich bewusst sein“, was eigentlich das Wort „Bewusstsein“ impliziert. Dies ist sehr wichtig.
2. Zum Beispiel können zwei Personen A und B mit entgegen gesetzten politischen Ansichten auf der Straße einem Politiker C begegnen, der Ansichten kompatibel mit denen von A hat. Person A wird glücklich sein C zu treffen und seine Hand schütteln, mit C reden usw. Auf der anderen Seite wird Person B automatisch unangenehme Gedanken über C haben und ihn wahrscheinlich meiden. A und B erzeugen zwei sehr unterschiedliche Arten von Viññāna, obwohl sie die gleiche Person sehen.
- Eine vierte Person D ist ein Arahant und trifft auf den Politiker C. Nun wird Person D den Politiker C erkennen, aber keine Sympathie oder Abneigung gegenüber C wahrnehmen. Das ist reines Bewusstsein: nur erkennen wer oder was es ist, aber ohne Neigungen.
3. Ein anderer Punkt ist, dass Viññāna vielschichtig ist. Es hat in sich eingebettet Erinnerungen sowie Hoffnungen/Pläne für die Zukunft. Diese liegen unter der Oberfläche. Das meinte Sigmund Freud mit „Unterbewusstsein“. Aber es gibt kein separates „Unbewusstes“, es gibt nur jeweils ein Citta.
- Der Geist tut dies mit Hilfe von mehreren geistigen Faktoren (Cetasika) wie Erinnerung (Manasikàra) und Wahrnehmung (Sanna).
4. Wenn man ein Bild anschaut, heißt das cakkhu viññāna, d.h. „visuelles Bewusstsein“. Wenn man allerdings eine Reise nach Übersee plant, ist das noch im „Hinterkopf“. Wenn man später einen alten Freund anrufen will, ist das auch im „Hinterkopf“. Zu einem bestimmten Zeitpunkt können also mehrere oder sogar viele Viññāna darauf warten, an die Oberfläche zu kommen.
- Einige dieser „unterbewussten“ Viññāna können verschwinden, wenn der Grund dafür nicht mehr vorhanden ist. Wenn ein Bürgerkrieg im Land ausbricht, das man eigentlich plante zu besuchen, wird man dieses Reiseziel vielleicht aufgeben und das Viññāna dafür verschwindet. Wenn also ein bestimmtes Viññāna keine weitere „Nahrung“ erhält, wird es nach und nach vergehen.
5. Jetzt können wir sehen, wie Sankhara paccayā Viññāna funktioniert. Je mehr ich darüber nachdenke meinen alten Freund anzurufen, desto mehr Sankhàra erzeuge ich. Somit füttere ich das Viññāna und es wird stärker.
- Wie immer ist es am besten eigene Situation anzuschauen und die Funktion von Sankhara paccayā Viññāna zu verstehen. Man kann erkennen, dass viele Arten von Viññāna zugleich warten, auch wenn gerade nur eins im Vordergrund ist.
6. Es gibt eine andere Möglichkeit Viññāna in zwei Hauptkategorien zu unterteilen. Eine ist die „Basisebene“ von Viññāna für eine Existenz oder Bhava. Wenn bspw. ein Reh als Mensch wiedergeboren wird, dann hat dieser Lebensstrom jetzt ein „höheres Basisniveau von Viññāna“ (geeignet für einen Menschen). Während ein Reh nicht richtig von falsch unterscheiden kann, kann ein Mensch das schon. So kommt in dem Fall der Lebensstrom am Ende eines gegebenen Bhava (als Reh) zu einem höheren „Basisniveau“ von Viññāna (als Mensch).
- Die zweite Hauptkategorie von Viññāna sind die zahlreichen Arten, die innerhalb einer bestimmten Existenz entstehen (wie oben gezeigt). Was wir durch die sechs Sinne (Auge, Ohr, Nase, Zunge, Körper und Geist) wahrnehmen, lässt sechs Arten von Bewusstsein entstehen: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten und Konzepte. Auf Grundlage dieser sechs, können wir unendliche Arten von Viññāna erzeugen. Diese Arten von Viññāna stimmen nun mit der Art der Existenz überein. Zum Beispiel nimmt ein Reh nicht in gleicher Weise wahr, wie ein Mensch, auch wenn beide die gleiche Sache betrachten. Manchmal sind auch Unterschiede in den Sinnesfähigkeiten für unterschiedliche Wahrnehmung verantwortlich: eine Fledermaus kann nicht sehen, sondern nutzt Schallwellen zur Orientierung.
7. Auf Grundlage dieser beiden Kategorien gibt es zwei Haupt-PS-Zyklen, die das Leben „in dieser Welt mit 31 Reichen“ beschreibt:
- Einer beschreibt die Änderung des Basisniveaus von Viññāna am Ende eines Bhava (z.B. Tier zu Mensch). Hier kann ein bestimmter Lebensstrom einen Übergang von einem niedrigen Viññāna-Basisniveau zu einem höheren machen oder umgekehrt. Dies ist ein Patisandhi Paticca Samuppada Zyklus.
- Der zweite PS-Zyklus beschreibt, wie ein bestimmter Lebensstrom Bedingungen für Leiden während eines bestimmten Bhava ansammelt. Dies erleben wir durch verschiedene Viññāna während täglicher Aktivitäten. Dies ist ein Pavutti Paticca Samuppada Zyklus.
Lassen Sie uns zuerst den zweiten Zyklus besprechen.
1. Sankhàra Paccayā Pavutti Viññāna
Unser Bewusstsein verändert sich im Grunde jeden Moment an einem aktiven Tag. Wir werden bombardiert mit Bildern, Geräuschen, Gerüchen, Geschmack, Körperkontakt, und wir denken über alle möglichen Dinge im Laufe des Tages nach. In jedem einzelnen Fall erleben wir ein anderes Viññāna. Deshalb ist Viññāna sehr komplex und vielschichtig.
1. Wenn wir eine Person ansehen, gibt es mehrere Ereignisse, die im Geist ablaufen: das physische Auge erfasst ein Bild der Person, was vom Gehirn verarbeitet und an den Geist gesendet wird (Einzelheiten hierzu im Abschnitt Abhidhamma). Der Geist vergleicht sofort das Bild mit früheren Erfahrungen und erkennt, dass es ein enger Freund ist. Glückliche Gefühle entstehen. Hätten wir ihn für eine Weile nicht gesehen, würden alte Erinnerungen aufsteigen. Die Summe aller mit dem Seh-Ereignis verbundenen mentalen Faktoren (Gefühle, Wahrnehmung, Freude, etc.) ist das „Augen-Bewusstsein“ oder Cakkhu Viññāna in diesem Moment.
- Dies ist ein Beispiel für Vipāka Viññāna. Wir hatten nicht die Absicht den Freund zu sehen, sind aber „zufällig“ auf ihn gestoßen.
2. Aber basierend auf dem Vipāka Viññāna könnten wir einige Handlungen ausführen: den Freund umarmen, die Hand schütteln, lächeln, den Körper bewegen und mehr. Die meisten Handlungen werden harmlose Sankhara sein. Unsere Wahrnehmung, Erfahrung, Bewusstsein (Viññāna) ist meist harmlos.
- Wenn wir jedoch stattdessen eine Person getroffen hätten, mit der wir uns vor kurzem gestritten haben, kann das Vipāka Viññāna zu einer Reihe von „schlechten Sankhara“ führen und damit zu einem völlig anderen Viññāna. Wir könnten etwas Schlechtes zu dieser Person sagen. Jetzt tun wir Vaci und Kaya Sankhara mit nachteiligen Folgen. Jetzt ist unser Viññāna anders und wir fühlen anders als im obigen Fall. Wir haben einen abgelenkten Geisteszustand. Bei der geringsten Provokation könnten wir sogar noch schädlichere Dinge sagen oder tun.
3. Wenn ein Gedanke im Geist entsteht, ist er mit vielen mentalen Faktoren (cetasika) assoziiert, die den Charakter unserer Gefühle formen: Freude, Trauer, Gier, Großzügigkeit, Hass, Freundlichkeit usw. Vinnana umfasst alle relevanten mentalen Faktoren.
- Im vorherigen Beispiel des Zusammentreffens mit dem Politiker verkörpern die Gedanken der Person A glückliche Gefühle, während Person B Gedanken der Abneigung hat.
- Damit ein Viññāna entsteht, muss ein gewisses Interesse am Sinnesobjekt bestehen. Wir werden am Tag mit Millionen von Sinneseindrücken bombardiert, aber wir „beachten“ nur einen Bruchteil davon. Jeder Geist hat eine Reihe von „bevorzugten Objekten“ im Hintergrund bzw. „im Unterbewusstsein“, basierend auf Gewohnheiten und Verlangen des Wesens.
4. Je mehr wir ein Viññāna durch Denken, Sprechen, Handeln füttern, desto stärker wird es. Die Bildung von Gewohnheiten ist eng verbunden mit Sankhara. In gleicher Weise können wir Gewohnheiten entfernen, indem die Nahrung entzogen wird, d.h. das Denken, Sprechen, Handeln in Bezug auf die Gewohnheit verringern und schließlich stoppen.
- Man muss die Vorteile einer besseren guten Gewohnheit und negative Folgen der schlechten Gewohnheit realisieren. Ein wenig Überlegung sollte dies deutlich machen. Verstehen von Buddha Dhamma braucht Zeit um tief darüber nachzudenken, wie all diese Dinge zusammenpassen.
5. Ein einfaches Beispiel ist der „Aufbau eines Viññāna für Alkoholgenuss“: Ein Teeager mag den Geschmack seiner ersten alkoholischen Getränke nicht mögen. Aber wenn er aufgrund von „Gruppenzwang“ weitermacht, wird er wahrscheinlich ein neues Viññāna aufbauen. Während er dieses Viññāna aufbaut, akkumuliert er Sankhara und füttert damit das Viññāna. Er wird über den Alkoholgenuss nachdenken, sprechen und entsprechend handeln. Und selbst wenn er noch etwas anderes tut, wird das Viññāna lauern, um bei jeder Gelegenheit in den Vordergrund zu rücken und das Sinnesvergnügen auszulösen.
- Das funktioniert in gleicher Weise für jede Art von Aktivität. Ein Jugendlicher, der für eine Prüfung im Studium lernt, hat ein Viññāna dafür. Wenn er ernsthaft dabei ist, wird er darüber nachdenken, darüber sprechen und viel lernen. All dies sind Sankhara, in diesem Fall zu seinen Gunsten.
Die Idee ist keine Abhisankhāra zu tun (starke unmoralische Sankhara), die zur Geburt in den vier unteren Reichen führen können. Diese Art von Sankhara sind die unmoralischen Handlungen, Reden und Gedanken.